Udo Schindler / Ove Volquartz - Tales about exploding trees and other Absurdities

Udo Schindler / Ove Volquartz - Tales about exploding trees and other Absurdities

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FMR Records

Zwei Tieftöner, die sich auf Free Jazz und freie Improvisationen konzentrieren, treffen bei dieser Albumveröffentlichung aufeinander. Da ist zum einen Udo Schindler, der Bass- und Kontrabassklarinette spielt ,und da ist zum anderen Ove Volquartz, der die gleichen Instrumente ins Spiel einbringt. Udo Schindler spielt zudem Piccolo und tanzt damit aus der Reihe der tiefen Klangfärbungen.

Ove Volquartz ist seit den 1970er Jahren in der deutschen Free-Jazz- und Improvisationsszene unterwegs. Tieftönige Klarinetten, die sind das Markenzeichen von Volquartz, wenn man so will. Er hat mit nachstehend genannten Musikern zusammengearbeitet: u. a. Cecil Taylor, Roscoe Mitchell, Peter Kowald, Gunter Hampel, Barre Phillips, Sabu Toyozumi, Perry Robinson, Peeter Uuskyla, Gianni Mimmo und Gianni Lenoci. Außerdem kooperiert er mit dem Orgelspieler Peer Schlechta und Gegenwartskomponisten wie Daniel Ott. Bekannt ist er außerdem für grenzüberschreitende Projekte wie die Zusammenarbeit mit Tadashi Endo. In der Vergangenheit hat er Alben unter anderem mit Annexus Quam, Gunter Hampel, TAG Trio, Second Exit und Cecil Taylor aufgenommen.

Udo Schindlers musikalische Karriere verlief anders als die von Ove Volquartz: Zunächst war er als Rock- und Rockjazz-Musiker unterwegs, bevor er Flötenunterricht am Konservatorium Nürnberg nahm. Es folgte nun nicht etwa ein Studium der Musikwissenschaften oder eines Instruments an einer Musikhochschule, sondern ein Architekturstudium an der TU München. Im Anschluss daran arbeitete er im Hauptberuf als Architekt. In den 1990er-Jahren wandte er sich der Neuen Musik (Arch. Ensemble) und der improvisierten Musik (Schindler.Interferenz.3) zu. Neben Saxofonen und Klarinetten beschäftigte er sich mit dem Kornett. Bekannt wurde er mit Solo- und Duoprojekten auf Festivals Neuer Musik (musica viva, Klangaktionen, …), Jazz oder experimenteller Musik. Dabei kam es zu Kooperationen mit Musikern wie Hubert Bergmann, Gerry Hemingway, Eddie Prévost, Sebi Tramontana, Georg Wissel, John Russell, Blaise Siwula, Frank Gratkowski, Hans Koch, Urs Leimgruber, Elisabeth Harnik, Katharina Weber und Frank Paul Schubert.

Fünf Improvisationen unterschiedlicher Länge enthält das aktuelle Album, angefangen bei „Story Telling“ über „Klobstokian Lullaby“ und „About Exploding Trees“ bis hin zu „Pyrodase“. Sonores Bassgebrumme zieht bereits im Eröffnungsstück am Ohr des Hörers vorbei. Tiefe Töne schwellen an und vergehen, mischen sich, erscheinen  trotzdem als Kontraste in ihrer Tieftönigkeit, wenn die beiden Klarinettisten zu hören sind. Man vernimmt ein Hin und ein Her. Bewegungen sind mit im Spiel. Neinsager scheint auf Jasager zu treffen. Beharrungen verdichten sich im Klang. Bisweilen wird die Welt des tiefen Klangs verlassen. Es schnurrt allenthalben. Explosives wird hörbar. Aufgeregtheit greift um sich. Langwellige Linien werden gezogen. Darüber breiten sich kurze Strichzeichnungen des Klangs aus. Unisono ist Fehlanzeige, auch wenn gemeinschaftliche Tieftönigkeit gegenwärtig ist. Ab und an verliert sich einer der beiden Bassklarinettisten auch in tänzerische Klangeskapaden. Aufschreie treffen auf Explosivlaute. Es wird A gesagt und mit B geantwortet. Und das alles wird unter „Story telling“ subsumiert. Atem rauscht und wird von Bassvibrationen begleitet. Gelegentlich wird auch eine Melodielinie sichtbar. Sie wandert auf und ab, unterbrochen von spitzem Geschrei. Explosive Laute hören wir auch im Wechsel, dabei den Eindruck gewinnend, dass hier ein Wettstreit zwischen zwei Holzbläsern ausgetragen werde.

„Klobstokian Lullaby“ lautet das nächste Stück. Sollte man dabei an ein Kinderlied im Sinne des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock denken? Zunächst nur Atemzüge und dann in Klangfarben übergehend und sich mit Tinitusklängen verbindend – so kommt das Kinderlied daher. Hört man über längere Abschnitte zu, so denkt man an Hafenszenen und an Flüsse im Nebel, dabei Schiffssirenen hörend. Auch symbolistische Brügge-Ansichten von Fernand Khnopff mögen dem einen oder anderen Hörer in den Sinn kommen. Inferno und gespenstische Szenerie sind Begriffe, die beim Hören aufblitzen. Ein süßliches Kinderlied hört man gewiss nicht. Wie im Eingangsstück verbinden sich die beiden Protagonisten der Improvisation in einem Zopfmuster miteinander. Dies wird geknotet und dann wieder entknotet. Insgesamt überwiegt das Ungebundene. Das bedeutet nun nicht, dass die beiden Musiker bezugslos agieren. Im Gegenteil, es gibt dichte Interaktionen, wenn auch nicht immer in einem harmonischen Dialog. Eher ist Kontroverse angesagt.

Bei „About Exploding Trees“ vernimmt man „Klappenschnalzen“. Anschließend lässt der eine der beiden Beteiligten seine sonore Stimme ertönen und der andere erregt und echauffiert sich, dringt dabei in Tonsphären jenseits von Bass und Kontrabass vor. Der eine Musiker, so hat es den Anschein, köchelt seine Improvisation auf kleiner Flamme, der  andere spielt mit dem lodernden Feuer. Zwischendrin hat man den Eindruck, alles komme zur Ruhe, würde nicht die Entladung gesucht und angesteuert. Weiche Klangpassagen sind zu vernehmen, gelegentlich von einem Krächzen und Käckern fragmentiert. Klopflaute spielen auch eine Rolle. Gewisper vermischt sich mit unterdrücktem Röcheln und Röhren. Lautfragmente dringen ans Ohr des Zuhörers. Geschnatter kommt zeitweilig auch vor. Und was hat das alles mit explodierenden Bäumen zu tun? Zum Schluss heißt es dann: „Pyrodase“.

© ferdinand dupuis-panther


Infos

https://soundcloud.com/ove-volquartz
http://www.fmr-records.com
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/musik-allein-auf-weiter-flur-1.3843025


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