Tassin / Hermia / Joris - Midnight Sun Live
T
IGLOO Records
Ein Live-Album lebt von der Resonanz des Publikums, vermittelt einen viel dichteren Eindruck von der Interaktion der Musiker und des Publikums. Auch wenn hier ein Studioalbum gleichsam eine Verdopplung erfahren hat, zeigt sich doch ein anderer Höreindruck. Das Dreigespann der Musiker hören wir als solches, aber auch in Saxofon-Gitarren-Duos. Zudem gewährt die Live-Aufnahme, entstanden während der Release-Tour des Studio-Albums, einzelnen Instrumenten wie Bansuri und Berimbau mehr Raum zur Entfaltung. Das Konzert steht im Fokus und nicht die begrenzte Studiozeit!
Gleich im ersten Stück des Albums hören wir ganz intensiv das Berimbau. Es ist ein einsaitiges Perkussionsinstrument aus Brasilien, das aus einem Holz- oder Bambusbogen mit einer Saite und einer Kürbis-Resonanzkammer besteht. Es ist ein zentrales Instrument der afro-brasilianischen Kampfkunst Capoeira und wird mit einem kleinen Stock angeschlagen. Bekannt gemacht hat das Instrument im Jazz Nana Vasconcelos aus Recife. Und nun hören wir Chris Joris an diesem Instrument, das irgendwie einen ins leicht Meditativ-Einsilbige abdriftenden Klang hat. Er wie auch seine Mitmusiker nehmen uns mit in Träumereien, so die Übersetzung des Tracktitels „Rêverie“. Wer sich in die Musik vertieft und dem Berimbau folgt, der mag durchaus in Meditation abgleiten und zudem unter Umständen auch in Trance verfallen.
Schwebend sanfte Saxofonklänge gesellen sich im weiteren Verlauf zum Berimbau und zudem auch Saitenklang, dank an Manu Hermia und Julien Tassin. Mit allen drei Musikern können wir uns dann auch Tagträumereien hingeben, werden wir von den sanften Klängen des Trios mitgenommen, schweben wir gleichsam auf einem Fliegenden Teppich dahin. „Firefly“ heißt es nachfolgend: Stetes Besengewische mischt sich mit feinen Saitenharmonien. Übersetzt bedeutet Firefly Glühwürmchen, die des nachts funkeln. Leichtigkeit strahlt der Song aus. Wenn man so will, könnte man beim Hören auch an eine Schar von bunten Schmetterlingen denken, die von Blüte zu Blüte fliegen. Die Flugbewegung inszeniert Julien Tassin vortrefflich, mal mit Langsamkeit, mal mit nervösem Fliegen. Sonores steuert Manu Hermia zum Stück bei. Manchmal glaubt man, das Saxofon mache klanglich einen Überschlag, um dann wieder in ruhige Fahrwasser einzutauchen.
Dem Elefanten („Elephant“) widmet sich das Trio nachfolgend. Zartes Schlagen an die Becken des Drumsets vereinen sich mit dem Linearen, das Julien Tassin seinem Saiteninstrument entlockt. Nichts von der Behäbigkeit eines Dickhäuters ist zu spüren, sondern Leichtfüßigkeit hören wir. Das trifft auch auf den Saxofonisten zu. Der Hauptstadt Estlands ist „Talinn“ gewidmet: Nimmt uns da etwa Manu Hermia mit auf einen Stadtbummel in der Dämmerung? Lässt er uns nicht eine Stadt erleben, die auch abends und nachts pulsiert? Man könnte es meinen, auch wenn man das Perkussive von Chris Joris wirken lässt. Nachtschwärmer scheinen unterwegs zu sein; Neonlichter scheinen zu flimmern. Bars öffnen ihre Türen; Clubs ziehen junges Volk an. Autos quälen sich durch die Straßen. Und fällt da nicht auch Regen Tropfen für Tropfen – dank an Julien Tassin? Die Unruhe der Stadt wird auf jeden Fall vom Saxofonisten treffend eingefangen. Wie mag wohl die Mitternachtssonne („Midnight Sun“) klingen, fragt man sich angesichts des entsprechenden Tracks: Weichzeichnungen des Klangs erleben wir. Beinah poetisch klingt die Umsetzung. Vorneweg agiert der Saxofonist, in dessen „Schatten“ sich der Gitarrist angesichts der Mitternachtssonne bewegt. „La danse des Larmes“ bildet das große Finale des Mitschnitts. Und damit endet ein klanglicher Hochgenuss, Merci.
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Interview Manu Hermia
Musicians
Julien Tassin guitare acoustique
Manuel Hermia saxophone
Chris Joris percussions, batterie
Tracks
1. Rêverie (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris
2. Firefly (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris
3. Elephant (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris
4. Blow (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris
5. Talinn (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris
6. Midnight Sun (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris
7. Twinkle (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris
8. La danse des Larmes (live) - Julien Tassin, Manuel Hermia















