Pierrick Pédron - Fifty-Fifty New York Sessions

Pierrick Pédron - Fifty-Fifty New York Sessions

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Gazebo

“50“ - eine „magische“ Zahl, ein halbes Jahrhundert oder einfach nur der Bezug zum 50. Geburtstags des Altsaxofonisten Pierrick Pédron, der aus Anlass seines runden Geburtstags eine CD eingespielt hat. In diesem Album manifestiert sich die Liebe des Saxofonisten zu New York City und natürlich auch seiner nicht enden wollenden Erkundung von Jazz in all seinen Facetten. Übrigens im Herbst wird ein weiteres Album namens  “Fifty/Fifty Paris Sessions“ erscheinen, das sich mit der unbändigen Energie der Stadt an der Seine befasst und eher den Grooves in der Musik gewidmet sein wird. Seit seinem Debütalbum “Cherokee“ (2001) ist viel Wasser die Seine hinuntergeflossen. Zwischenzeitlich hat Pédron mit Musikern wie Mulgrew Miller, Phil Woods, Roy Hargrove oder Ambrose Akinmusire zusammengearbeitet. Im sogenannten  straight-ahead Jazz ist der Saxofonist ebenso beheimatet wie im elektronischen Experiment. Er bezieht  seine Inspirationen nicht nur von Cannonball Adderley und dessen Phrasierungen, sondern auch von Ornette Coleman und Maceo Parker.

Nunmehr erleben wir Pédron mit dem jungen, in seinem Spiel reifen Pianisten Sullivan Fortner, dem Bassisten Larry Grenadier, der Teil des  Brad Mehldau Trios war, und dem jungen Drummer Marcus Gilmore, der in die Fußstapfen seines Großvaters Roy Haynes schlüpfte. Gemeinsam haben sie Kompositionen wie „Bullet T“, „Be Ready“, „Sakura“ und „Boom“ sowie „Unknown“, aber auch „Origami“ und das Schlussstück „Mizue“ eingespielt. Ein beinahe rasender Bass unterstützt von einem eilig gestimmten Schlagzeug trifft auf den Altsaxofonisten Pédron, der gleichsam kurz gefasst und von Eile getrieben scheint. Viel Blechgeschwirr breitet sich im Hintergrund aus. Über diesem brilliert solistisch der Pianist Sullivan Fortner. Das, was der Pianist spielt, gleicht einem mäandrierenden Flüsschen. Dieses Bild hat wohl auch der Saxofonist im Kopf, sobald er dann die Phrasierungen des Pianisten differenziert.

Zu vernehmen sind zudem im Verlauf trommelnde Verwischungen und stufig gesetzte Klangpassagen, die der Pianist verantwortet. Wie das erste Stück, so zeugt auch das weitere namens „Be Ready“ von einer Vorliebe für Bop, so jedenfalls muss man annehmen. Da flirrt auch ein gewisser Swing stets mit. Das Quartett erscheint nicht als monolithischer Block, sondern wird auf Solos, Duos und Trios heruntergebrochen. Kaskadierend ist der Pianist unterwegs, derweil der Drummer mit Verve an seinem Schlagwerk agiert. In Schleifen und mit Linienschwüngen macht der Saxofonist auf sich aufmerksam. Bisweilen schnurrt sein Holzbläser. Auch ein wenig „Wimmern“ ist zu vernehmen.

Ganz leise und lyrische Klänge erlebt der Hörer bei „Sakura“. Das ist dem äußert behutsamen Tastenspiel von Sullivan Fortner geschuldet. Abschied oder Liebesschmerz sind Assoziationen, die sich zum Solo des Pianisten einstellen. Samten ist der Ansatz des Saxofonisten Pierrick Pédron, dessen Klangbild uns auf eine Nacht in einem Jazzclub einlädt. Eng an eng sind einige Paare auf der Tanzfläche unterwegs. Ohne Frage ein wenig Neoromantik scheint dem Stück als feine Würze beigegeben worden zu sein. Ausladend ist das Bass-Solo, das wir ebenfalls zu Gehör bekommen und das nahtlos in das sanfte „Gebläse“ des Altsaxofonisten übergeht. Dabei scheinen im Geist nicht nur Cannonball Adderley, sondern auch Dexter Gordon zugegen zu sein, oder?

Sehr flott im Tempo ist „Boom“ angelegt. Auch dieses Stück lebt von dem facettenreichen Spiel des Saxofonisten und eines Pianisten, der auf Augenhöhe mit dem Bandleader an seinen Tasten agiert. Hier und da scheint auch ein wenig Monk durch, oder? „Springende Finger“, die über die Basssaiten hüpfen, sind Teil des Arrangements, das beinahe offen endet. „Origami“ eröffnet beinahe „orchestral“, ehe sich daraus ein strömender Klangfluss herausschält. Es gibt ein Hin und ein Her zu entdecken. Der Saxofonist lotet dabei auch die Höhen aus und bleibt doch mit Bodenhaftung ausgestattet. Rollende Tastensequenzen begleiten den Saxofonisten, teilweise dramatisch gestimmte Akkordsetzungen ebenso. Zeitweise lauschen wir perlenden Passagen. Und darüber breitet sich der Altsaxofonist mit seinen Phrasierungen aus. Ab und an scheint ein Wehklagen des Holzbläsers vorhanden. Zum Schluss hören wir „Mizue“. Dabei hat man fast den Eindruck, dass der Saxofonist stellenweise sein Altsaxofon wie eine Klarinette klingen lässt. Der Rezensent musste obendrein an den einen oder anderen Song (u. a. „Si tu bois ma mère“)  denken, den Sidney Bechet gespielt hat. Sehr getragen ist der Duktus des Stücks. Es wäre passend für eine Szene mit Sonnenuntergang und Vollmond am Nachthimmel, eine szenische Gestaltung, wie man sie bei den Malern der Romantik entdecken kann, vor allem bei Johann Christian Dahl.  Fürwahr dieses Album ist ein Ohrenschmaus, vergessen ist die urbane Hektik. Die Musik von Pédron gleicht einem seidenen Klangkokon.

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