Philipp Stauber: Sugar

Philipp Stauber: Sugar

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GLM, EC 563-2

Eine eher ungewohnte Hörwelt eröffnet der Gitarrist Philipp Stauber seinen Zuhörern. Mit seinen Mitmusikern Henning Sieverts (bass), Bastian Jütte (drums), Till Martin (tenor-saxophone) und Jan Eschke (piano) stellt er eine Reihe von Standards vor, ob nun „Sugar and More“, „When I Fall In Love“ (Victor Young), „So What“ (Miles Davis), „Autum Leaves“ und schließlich zum Ausklang „Love Letters“ (Victor Young).

Philipp Stauber hat bei Joe Pass und Howard Roberts, aber auch den Wiener Gitarrenlegenden Kosta Lukacs und Karl Ratzer persönlich Unterricht genossen, die wohl ganz wesentlichen Einfluss auf seine Spielform genommen haben.  Seine Mitmusiker sind keine Unbekannten und alle auch höchst erfolgreiche Bandleader. Zu erwähnen ist, dass zwei Echopreisträger in der Band spielen: Henning Sieverts (b) und Bastian Jütte (dr). Seit Jahrzehnten existiert die aktuelle Besetzung, die für ihr drittes Album „Foolish Hearts“ (2011) im deutschsprachigen Raum und insbesondere international (USA/Australien) hervorragend rezensiert und mit der Auszeichnung „CD des Jahres 2011“ (Archtop/Germany) gekürt wurde. Das aktuelle Album entstand während einer Studiosession und eines Konzerts. „Swingender zeitloser Jazz, elegant und immer dem Blues verhaftet.“ So liest man es auf der Homepage des Labels GLM, bei dem „Sugar“ erschienen ist.

Ja, die Besinnung auf das Great American Songbook scheint im Trend zu liegen, betrachtet man die Veröffentlichung von Alben der letzten Monate. Der Gitarrist Franz Hellmüller und auch der Posaunist Nils Wogram gehören zum Kreis derer, die die Wurzeln des Jazz neu entdecken. Philipp Stauber reiht sich in diese Riege der Jazzmusiker ein, die dem Jazz der 40er bis 60er Jahre zu einem „Revival“ verhelfen.

Sehr groovy und auch ein wenig funky kommt „Sugar and More“ daher, wobei Tenorsaxofon und Gitarre die entscheidenden Klang bildenden Elemente sind. Auch wenn im Kontext von Staubers Werdegang der Name Joe Pass gefallen ist, so pflegt der Gitarrist doch seinen eigenen Stil. Gewiss Gitarrenläufe, wie sie uns Stauber zu Gehör bringt, kennen wir in ähnlicher Art von Joe Pass, Jim Hall oder Attila Zoller. Beim Zuhören musste ich streckenweise auch an Jimmy Smith und Ramsey Lewis denken. Eine Fehlschaltung in meinem Hörzentrum? Wenn dann Till Martin seinen Holzbläser so richtig in Schwung bringt, dann liegt da aber wirklich Funk in der Luft, oder?

Einen Liebessong komponierte Victor Young mit „When I Fall in Love“, anfänglich geprägt von Staubers virtuosem und virulentem Gitarrenspiel. Irgendwie hat man den Eindruck, Liebespaare würden sich eng aneinander geschmiegt in einer schummerigen Bar auf der Tanzfläche bewegen. Nein, ein wildes Tanzen ist das nicht, sondern es klingt eher nach der letzten Stunde eines Marathontanzwettbewerbs. Sobald das Saxofon einen flauschigen Klangteppich ausbreitet, scheint das Liebesgeflüster ganz nahe. Gewiss ein Hauch von Süßlichkeit ist bei diesem Song nicht von der Hand zu weisen. Mit „More Sugar“ ist auf dem Album nochmals ein Stück des Tenorsaxofonisten Stanley William Turrentine zu hören. Wer allerdings das Turrentine Album „Sugar“ von 1970 zur Hand nimmt, wird merken, dass Philipp Stauber „Sugar“ in einer kürzeren Version vorträgt. Man muss allerdings wissen, dass auf dem besagten Album auch ein Konzertschnitt von „Sugar“ zu finden ist. So erklärt sich vielleicht auch, warum das Quintett zweimal auf „Sugar“ zurückgreift.

Lassen wir nachfolgend ein wenig Nieselregen auf uns niedergehen, wenn wir „Here's That Rainy Day“, ein Song, der beinahe in einem Schunkelrhythmus daherkommt und von J. Van Heusen stammt. Doch das Schunkeln vergeht schnell und es bleibt ein wenig Wiegeschritt. Nachdrücklich im Ohr bleiben auch bei dieser Einspielung von Stauber und Co. die vielfachen Phrasierungen des Saxofons, während die Gitarre eher rhythmisch im Hintergrund agiert.

Anschließend steht dann ein Ohrwurm auf dem Programm: „Autumn Leaves“. Komponiert wurde dieses Stück von dem nach Frankreich emigrierten ungarischen Komponisten Joseph Kosma. Den Jazzstandard „Autumn Leaves“ hatte Kosma ursprünglich (1945) als Chanson auf den Text „Les feuilles mortes“ seines Freundes Jacques Prévert geschrieben. Wenn es bei Jazz erlaubt ist, von Kaffeehausmusik zu sprechen, dann gehörte „Autumn Leaves“ m. E. dazu. Die Melodie ist eingängig, auch wenn die Paraphrasierungen von Philipp Stauber das hier und da verschleiern. Ja, so hörte sich wohl easy music einst an? Irgendwie schmeichelt die Melodie der Seele. Auf dem vorliegenden Album ist das im Übrigen ein Titel, der live aufgenommen wurde.

Nun heißt es Vorhang auf für Miles Davis, und es erklingt „So What“. Das Thema liegt zu Beginn in der Hand des Bassisten Henning Sieverts. Er spielt bereits die bekannte Melodielinie „So What“ an, in die das Saxofon und die Gitarre einstimmen. Philipp Stauber „löst“ diese Melodielinie gekonnt auf, hintergründig von Bass und Schlagzeug unterstützt.

Zum Schluss vertiefen wir uns in den „Love Letter“. Wiederum präsentiert uns das Quintett eine angenehme Hörfarbe, wie ja auch das gesamte Album dem schmeichelnden Wohlklang verbunden ist.  

Text: © ferdinand dupuis-panther

Informationen

Label
GLM
http://www.glm.de/

Musiker
Philipp Stauber
http://www.philipp-stauber.com


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