Viola Hammer: Im Gespräch mit der österreichischen Pianistin

Beim 9. Steyrer Jazzfestival hatte ich die Gelegenheit mit Viola Hammer zu reden, die mit neuem Trio ihr Debütalbum „close up“ vorgestellte.

Banal ist die Frage: Wie kommt der Jazz zu Dir oder Du zum Jazz?

Das war, als ich 18/19 war. Ich habe schon immer gerne komponiert und hatte klassischen Klavierunterricht genossen. Ich wollte harmonisch dann mehr wissen und wollte ein bisschen freier werden. Ich habe gesehen, ich komme an meine Grenzen. Ich wollte improvisatorische Fähigkeiten entwickeln. Meine Klavierlehrerin hat mir Materialaufnahmen dazu besorgt. So bin ich dazu gekommen.

Waren das Aufnahmen, die sich auf Klavierjazz und Pianisten bezogen? Bill Evans? Thelonious Monk?

Ja, schon. Bill Evans, Brad Mehldau. Eigentlich bin ich über die moderne Schiene zum Traditionellen gekommen und dann wieder zurück.

Noch weitere Namen diesbezüglich?

Ja, Aaron Goldberg, Alan Parks, Taylor Eigsti oder der Bassist Alan Hampton, der viel mit Gretchen Parlato macht. Ja, was das Songwriting betrifft der Drummer wie Kendrick Scott.

Wie würdest denn du deine Musik, die du komponierst, charakterisieren?

Ich glaube, dass ich meine Wurzeln nicht verleugnen kann. Meine Wurzeln liegen halt doch irgendwie im Indie-Alternativ-Bereich. Das war die erste Musik, die mich wirklich emotional gepackt hat, unter anderem auch Radiohead. Ich glaube, dass diese Einflüsse nach wie vor zu hören sind. Es ist Jazz in moderner Richtung mit sehr viel Einschlag aus der Subkultur.

Würdest Du der Behauptung zustimmen, dass Du mit Deiner Musik Geschichten erzählst? Ist es also Storytelling, was Du spielst?

Ja, wobei es für mich jetzt nicht so Geschichten sind, die von vorne bis hinten durchgedacht sind. Es sind eher Bilder, innere Bilder, innere Farben, Eindrücke aus dem Moment heraus, Stimmungen eher. Ich denke nicht an ein bestimmtes Szenario von vorne bis hinten. Es ist eher eine Stimmung, die ich versuche wiederzugeben.

Nach meiner Einschätzung und meinen Hörerfahrungen von aktuellen klassischen Jazztrios scheint es so zu sein, dass es einen gemeinsamen Sound gibt und ein ähnliches Harmonieschema, und zwar völlig unabhängig voneinander. Bei Deinem ersten Stück, das ich bei Deinem Einspielen gehört habe, fühlte ich mich an „Gate 29“ von Maria Baptist erinnert. Gibt es für Dich also so etwas wie einen Soundtrend?

Ja, auf jeden Fall, gerade bei den Jazz-Newcomer aus New York merkt man, dass es ähnliche Klangschienen gibt. Für mich gibt es gerade zwei große Lager. Die einen sind die, die das Augenmerk mehr auf Melodie und Songwriting legen, wobei der Jazz sehr oft einen Einschlag von Singer/Songwriting bekommt. Die anderen sind im Lager derer, denen es mehr um Polyrhythmen geht. Zu den Harmonieschemen, von denen Du gesprochen hast: es gibt verschiedene Abfolgen von Harmonien, die zu eine Zeit lang sehr häufig im modernen Jazz verwendet werden. Im Endeffekt komponiert man aber so, wie es einem selber gefällt.

Kannst Du Dich irgendwie zuordnen?

Ja, doch. Bei mir ist auf jeden Fall der Fokus immer auf der Melodie sowie auf dem Zusammenspiel von Melodie und Harmonie.

Ist Deine Musik eigentlich stark notiert?

Ja.

Wie kommunizierst Du mit Deinem Publikum? Bist Du plaudrig oder eher weniger? Bist Du eher zurückhaltend?

Ja, schon eher. Ich muss ehrlich sagen, ich muss mich eigentlich jedes Mal dazu zwingen. Ich weiß, dass es ganz wichtig ist. Das Publikum möchte ja etwas erfahren über den Menschen, der da auf der Bühne sitzt. Es ist eine hauchdünne Gratwanderung zwischen dem, was zu persönlich und was zu distanziert ist.

Könntest Du mal anhand eines Songs Deiner Debütplatte erläutern, wie Dir die Idee dazu gekommen ist? Wie bist Du auf das Thema gekommen und wie auch auf den Titel der Komposition?

Das Stück „Erinnerungen“ ist eigentlich eine Hommage an die Musik, die mich in meiner Jugendzeit sehr geprägt hat. Es ist im Kern sehr symphonisch aufgebaut, aber man sieht im B-Teil den starken Rhythmus in der linken Hand und das, was mit der Rechten gespielt wird, erinnert an Gitarrenriffs. Gleichzeitig existiert der klassische Einschlag im Thema, was ein wenig an Inventionen von Bach erinnert. Das ist ein bisschen mutig gesagt, aber so vom Einfluss her. Das Stück ist also eine Zusammenführung der Musikrichtungen, die mich geprägt haben.

Warum sind eigentlich Björk und Radiohead für junge Jazzmusiker so wichtig?

Bei Björk ist es viel augenscheinlicher, weil die ja selbst viel Jazzgesang gemacht hat. Es gibt auch eine Reihe von Aufnahmen von Standards von ihr wie „Like Someone In Love“. Das Besondere an ihr ist der Umstand, dass sie eine ganz besondere Klangfarbe in der Stimme hat. Bei Radiohead ist es das Harmonieschema, das gut auch für ein Jazztrio passt. Radiohead waren auch die erste Band, die aus dem Schema des Alternative Rock ausgebrochen sind. Das war für einige Jazzmusiker sehr interessant. Es klingt ja auch am Klavier cool, diese Riff-Anlehnung. Außerdem haben sie für Rock und Pop Music sehr komplexe Rhythmen eingesetzt, so wie 7/8 oder 5/4.

Ist das Trio eigentlich die ideale Besetzung für Dich?

Sagen wir mal, es ist bis jetzt die Besetzung, bei der ich mich am meisten ausleben kann. Ich spiele auch in einer Band mit elf Mitgliedern. Da geht es dann für mich mehr um das Kompositorische.

Täuscht mein Eindruck oder hast Du auch musikalisch bei Deinem Trio den größten musikalischen Anteil?

Naja, ich komponiere die Stücke und bin quasi als einziges Harmonieinstrument und der Band Melodieträger.
Dennoch baut sich jeder der Jungs mit individuellen Ideen ein, was letztendlich das Gesamtbild ergibt.

Interview und Fotos: ferdinand dupuis-panther

Informationen

Viola Hammer Trio

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