Ansgar Specht: Im Gespräch mit … dem Gitarristen, „musikalischer Vater“ für das Projekt Woodpegg's Organ Lab, und dem Kölner Pianisten und Organisten Max Blumentrath

It is November and still autumn. Driving through the countryside to find the Farmhouse Jazzclub I enjoyed a mild Sunday noon including the colouration of the leaves - „Autum leaves“ pops up in my brain. What should I expect for the meeting with the members of Woodpegg's Organ lab? I listened to tunes the band members placed on their homepages. Therefore I got to know that Nat & Cannonball Adderley, Stanley Turrentine, Pat Martino or Jimmy Smith would get a facelift by Woodpegg's Organ Lab. By entering the Farmhouse Jazzclub I made a journey back in time. The interior inside a timbered farmhouse reminded me of the student clubs with bluk trash furniture during my university studies in Berlin.

You might wonder about the band name. Andreas Specht – his surname is Woodpecker in English – thought of a band name and mixed a persiflage of Woodpecker with one of the instruments of the Trio, i. e. the Hammond organ. Lab was the idea of the drummer Markus Strothmann. Sometimes it is that simple!

Von The Cat bis Mercy, Mercy, Mercy

Von „The Cat“ - einer Komposition des unvergessenen Organisten Jimmy Smith - bis hin zur „Mercy, Mercy, Mercy“, der „Kulthymne“ von Nat & Cannonball Adderley, reichte das sonntägliche Repertoire, bei dem Max Blumentrath und Ansgar Specht mittels ihrer klangreichen Instrumente oftmals in einen Dialog verfielen. Teilweise waren die ausgewählten Stücke durchaus getragen wie „Road Song“. Schloss man bei George Benson's „I remember Wes“ die Augen, so glaubte man, Wes persönlich stünde auf der Bühne, so nahe lagen die Gitarrenriffs von Ansgar Specht bei dem Spiel von Wes Montgomery, einem der „Heroen“ des Gitarren-Jazz vergangener Tage. Die Band verneigte sich vor Par Martino, als sie „Lean Years“ anstimmte. Auch Horace Silver schaute in Harsewinkel vorbei, als in einer eigenständigen Interpretation der bluesige Titel „The Jody Grind“ erklang. Markus Strothmann, der Schlagzeuger der Band, steuerte zum gelungenen Sonntagskonzert sein Stück „Abschied“ bei, passend zum Herbst und den fallenden Blättern. Nochmals erklang ein George Benson Titel, als „Affirmation“ die Zuhörer erfreute. Mit einem Bossa-Nova-Rhythmus unterlegte die Band „Sunny“ von José Feliciano, ehe sie dann am Ende des Konzerts „Erbarmen zeigte“ und das Publikum mit „Mercy, Mercy, Mercy“ in den herbstlichen Nachmittag entließ.

Hammond-Orgel als Teil eines Trios ist eher außergewöhnlich. Klassische Jazztrios arbeiten eher mit dem Piano. Wie also bist du auf die Idee für das Bandprojekt „Woodpegg's Organ Lab“ gekommen? Ihr spielt ja in der Besetzung E-Gitarre, Schlagzeug und Orgel.

Ansgar: Ich finde, dass Jazz mit Hammond-Orgel immer noch sehr angesagt ist. Es gab eine Phase, da gab es überall derartige Besetzungen, zum Beispiel um Joey DeFrancesco eher in der jüngeren Zeit und George Benson in der Vergangenheit. Für mich ist dieser Sound noch stets sehr hip. Ich finde, Gitarre und Orgel passen von der Klangfarbe sehr gut zusammen. Von den Frequenzen liegen die beiden Instrumente sehr dicht beieinander, aber daraus ergibt sich eine sehr schöne, warme Klangfarbe. Ich hatte zuvor schon ein anderes Hammond-Orgel-Trio, aber eher Blues lastig. Dieses Trio hat sich irgendwann aufgelöst. Markus, den Schlagzeuger, kannte ich schon lange und dann haben wir noch Max dazugeholt. Ich wusste, dass Max ein sehr versierter Organist ist und mit seinem Spiel auch sehr unterstützend agiert. Wir haben es einfach mal probiert. Nun haben wir schon 25 Gigs hinter uns. Es macht sehr viel Spaß, in der Tradition dieser großartigen Trios zu spielen. Ich nenne mal nur Namen wie Pat Martino, George Benson, Kenny Burrell und Jimmy Smith.

Es gab ja in der Popularmusik der 70er und 80er Jahre eine Tradition von „Hammond-Orgel-Formationen“ wie Brian Auger and the Trinity, Nice oder Emerson, Lake and Palmer. Sie waren alle eher Randfiguren der Popmusik und eigentlich im Kern Jazzmusiker, ohne dass sie das jemals öffentlich bekannt haben. Nach wie vor bleibt die Frage, warum du nicht an ein Piano in der Besetzung gedacht hast. Das Piano ermöglicht doch sowohl lyrisch-melodisches als auch stark rhythmisches Spiel. Ist das mit der Hammond-Orgel auch zu erreichen?

Max: Die Orgel ist superdynamisch. Man kann leise und sanfte Flächen spielen. Man kann aber auch sehr perkussiv und schreiend spielen. Man hat viele Klangmöglichkeiten, da man mit den Zugriegeln den Sound stets verändern kann. Ich würde daher sagen, dass die Orgel vom Klang her noch viel vielseitiger als das Klavier ist.

Wenn Du spielst, dann veränderst du die Orgel nicht durch elektronisches Equipment?

Max: Nee, ich spiele die Hammond-Orgel ganz klassisch auf alle Fälle. Es gibt Organisten, die nutzen Effektgeräte oder spielen auf mit Midis modulierten Orgeln. Ich hingegen nutze auch keine veränderten Basspedale.

Ansgar, spielst du denn eine „reine“ Gitarre?

Ansgar: Ich versuche, den Klang der Gitarre möglichst „natürlich“ zu belassen. Ich kann aber auch mal mit einer Art John-Scofield-Sound arbeiten oder ein bisschen Anzerrungen ins Spiel bringen. Ich bemühe mich schon um den traditionellen Gitarren-Sound, der minimal durch ein Delay aufgepeppt ist.

Ist eigentlich das Wort Lab, sprich Laboratorium, im Bandnamen bewusst gewählt?

Ansgar: Klar, wir haben überlegt, wie wir das Trio nennen. Markus hatte die Idee mit Organ Lab und das gab es auch noch nicht. „Organics“ und „Organised“ gab es alles schon und ist zudem auch abgegriffen. Ich wollte das Trio auch nicht unter meinem Namen laufen lassen, also Angar Specht Organ Lab, sodass es dann auf Woodpegg's Organ Lab hinauslief.

Mal zu eurer Musik. Du hast ja George Benson und andere erwähnt. Ist das eine Musik, die ihr thematisch aufnehmt und dann darüber phrasiert und paraphrasiert oder improvisiert? Oder spielt ihr eigene Komposition in der Tradition von Benson und Co?

Ansgar: Wir „covern“ schon. Wir haben uns Musik aus verschiedenen Bereichen ausgesucht, so „The Cat“ von Jimmy Smith oder „Affirmation“ von George Benson, also nicht Charly Parker. Wir sind dabei eher themenorientiert so, wie dies auch bei den Kompositionen von Wes Montgomery der Fall ist.

Max: Ich würde nicht sagen, wir covern die Musik, sondern wir interpretieren sie.

Ansgar: Ja, wir nehmen halt einen Titel wie „Road Song“ und bauen dann ein Schlagzeugsolo mit ein, zum Beispiel.

Als ich euch „entdeckt“ habe, fiel mir ebenso wie bei anderen aktuellen Jazz-Bands auf, dass es eine Art „Wiederbelebung“ von Dexter Gordon, Ornette Coleman, Duke Ellington, Lester Young, Charly Mingus und Thelonious Monk sowie ähnlich gelagertem Jazz gibt. Wie kommt ihr auf diese Musik?

Max: Ich glaube das ist eine Frage des eigenen Geschmacks. Ja, ich mache noch andere Musik mit anderen Musikern, aber diese Musik des Trios ist eine meiner Vorlieben.

Ansgar: Ja, die Musik, die wir spielen, ist auch von den eigenen Hörgewohnheiten bestimmt. Wenn man mit Jazz anfängt, dann findet man irgendeinen Jazzer gut und möchte den studieren, so in meinem Falle Wes Montgomery oder Pat Martino. Daraus entwickeln sich bestimmte Hörgewohnheiten und der Wunsch, dass man irgendwann in diese Richtung gehen möchte. Man sucht dann auch Leute, die genauso ticken wie man selbst. Pat Martino fand ich super, da war ich 18, und ich habe dessen Musik immer weiter verfolgt.

Es gab also nie den Wunsch, vom Bedroom-Gitarrist zum Rockstar aufzusteigen?

Ansgar: Rock und Blues waren nur kurze Phasen. Fusion war auch eine wichtige Musikrichtung. Ich habe eigentlich alles gespielt, außer Punk und Country. Ich habe auch Tanzmusik gespielt, denn mit Jazz kann man nicht überleben. Nur wenige können das, so Doldinger oder Pat Metheny. Ich spiele zum Beispiel vor britischen Offizieren in Kasernen. Die wollen Jazz hören. Das ist für mich wie eine Übungsstunde, denn man muss Jazz oft spielen.

Jazz: afroamerikanisch oder europäisch?

Max: Heutzutage ist Jazz global geprägt. Was wir machen ist amerikanisch geprägt. Es kam halt aus den USA und dann verteilte sich der Jazz über die ganze Welt. Jetzt bringen auch asiatische Jazzer neue Einflüsse in den Jazz. Na ja, die Hammond-Orgel ist ein uramerikanisches Instrument, sodass unsere Ausrichtung sicherlich als „amerikanisch“ zu bezeichnen ist.

Max, du spielst Ellington-Kompositionen, aber auf deiner CD „The Graduate“ sind ausschließlich Kompositionen der Mitglieder deines Quartetts zu hören. Woher nimmst du die Inspiration für deine Kompositionen?

Max: Ich bin ehrlich gesagt eigentlich gar kein Kompositionstyp. Es gibt andere, die haben das Bedürfnis, jeden Tag zu schreiben. Ich habe das gar nicht. Es gibt so viele schöne Sachen, die man spielen kann. Ich bin nicht festgelegt auf eigene Sachen oder American Songbook. Ich mag einfach Vielseitigkeit, auch bei den Stilen. Manches ist ein bisschen rockiger, manches eher bluesig. Stücke müssen mich einfach berühren und dann kann ich sie auch gut interpretieren.

Wie ist es zu dem Titel „Dr Schlappmann“ auf deiner CD gekommen?

Max: Das war eines meiner ersten eigenen Stücke, als ich noch in Holland studiert habe. Ich saß auf dem Sofa und dann sind mir die Hausschuhe runtergefallen. Meine Freundin meinte so etwas wie „Dr. Schlappmann“ bzw. ich habe es so verstanden. So ist der Titel zustande gekommen. Auf der anderen Seite: „The Graduate“ hat nichts mit dem gleichnamigen Film mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle zu tun. Es geht dabei mehr um den Abschluss meiner Masterarbeit bzw. die Feier zum bestandenen Abschluss, so sollte man es verstehen.

Ihr spielt beide jeweils auch in anderen Formationen. Was ist das Wichtige dabei?

Max: Man braucht das auch, die Vielseitigkeit. Es gibt milestones und in Köln noch weitere Bands.

Ist das Great American Songbook eigentlich deine Geschichte?

Max: Bei mir eigentlich nicht. Bei den milestones spielen wir schon Standards. Die Milestones sind eine Band, mit der ich auch viel bei Firmenfeiern und Hochzeiten spiele. Mit anderen Formationen spielen wir eigene Kompositionen oder auch mal Rockiges.

Ansgar: Ich entwickele mich immer mehr hin zum American Songbook. In den letzten zehn Jahren habe ich viel geschrieben und habe fünf CDs produziert. Mir ist das Spielen mittlerweile wichtiger als das ewige Schreiben. Das Auftreten liegt mir sehr am Herzen. Es ist alles Jazz, was ich spiele, bis auf ein Rhythm-and-Blues-Projekt mit Marvin-Gaye-Stücken. Die Läden sind dann voll, was beim Jazz viel schwieriger ist.

Danke für das Gespräch.

© Ferdinand Dupuis-Panther

Informationen

Homepages
www.maxblumentrath.com
http://www.gtownmusic.de/ansgar-specht/
www.markusstrothmann.com

Farmhouse Jazzclub Harsewinkel: www.farmhouse-jazzclub.de

 

Audio

Musik, die Woodpegg's Organ Lab thematisch aufgreift, phrasiert und paraphrasiert:
Sugar - by the Stanley Turrentine Sextet:

Lean Years by Pat Martino Quartet:

The Jody Grind by Horace Silver – performed by Grechischev & Kondrashov quartet "The Moscow Jazz Passengers", Jazz Art Club (Moscow) 28.07.2010:

Mercy, Mercy, Mercy by Cannonball Adderley Quintet – performed by Erich Kleinschuster Quartett:

 


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