Tobias Hoffmann Nonet - Retrospective

Tobias Hoffmann Nonet - Retrospective

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Alessa Records

„Dieses Projekt ist für mich persönlich ein ganz besonderes, da seitdem ich Musik mache zwei Herzen in meiner Brust schlagen, das des Saxophonisten und das des Komponisten und Arrangeurs. Für das Nonett habe ich es nicht nur geschafft, meine verschiedenen musikalischen Einflüsse der letzten Jahre einwirken zu lassen, sondern Musik zu schreiben, in der ich mich sowohl als Saxophonist als auch als Komponist und Arrangeur ausdrücken kann.“, so Tobias Hoffmann.

Folgende Musiker machen den durchaus stimmgewaltigen Klangkörper aus: Simon Plötzeneder (Trumpet & Flügelhorn), Stefan Gottfried (Alto Saxophone), Tobias Hoffmann (Tenor Saxophone & Soprano Saxophone), Daniel Holzleitner (Trombone), Fabian Rucker (Bass-Clarinet & Baritone Saxophone), Christopher Pawluk (Guitar), Philipp Nykrin (Piano), Andreas Waelti (Bass) und Michael Prowaznik (Drums). Mit dem Rückblick („Retrospective“) macht das Album auf. Wir hören zudem Kompositionen wie „Horns Alone“, „Frühlingserwachen“, „Who's to blame“, „Rememberance“ und schließlich „Am Ende des Tages“.

Zuletzt entstanden und doch als Aufmacher gewählt: „Retrospective“, geprägt von den vereinten Bläsern, angefangen beim Altsaxofon bis hin zum Baritonsaxofon. Dabei brechen einzelne Musiker solistisch aus dem Gesamtgeschehen heraus, erlebt man ein Saxofon solistisch, wahrscheinlich Tobias Hoffmann am Tenorsaxofon. Diese Annahme muss gemacht werden, da sich das Booklet zu den Solisten in den einzelnen Stücken ausschweigt.

Einer Abfolge von heranrollenden Meereswogen gleicht Philipp Nykrins Tastenspiel, der sich auch in kristalline Gefilde versteigt. Doch als Klangeindruck bleibt nachhaltig das von Tobias Hoffmann angeführte Gebläse im Gedächtnis, auch wenn es solistische Einschübe wie u. a. dasjenige von Michael Prowaznik gibt; irgendwie hat man einen orchestralen Gesamtklang im Ohr, der die solistischen Unterbrechungen weitgehend übertüncht. Diesen fulminanten Klang erleben wir auch in „Happenstances“, durchaus in der Nähe bekannter Big Band-Formationen aus der Vergangenheit, auch wenn hier keine Big Band, sondern ein Nonett zu hören ist. Es klingt nach amerikanischem Broadway, jedenfalls über weite Strecken – und das muss man fürwahr mögen. Daniel Holzleitner setzt sich mit seinem Posaunensolo vom Gesamtkörper ein wenig ab, wird aber hier und da von diesem auch eingefangen. Windbrausen gleicht Holzleitners Spiel, das an das Spiel des Herbstwindes mit dem verfärbten Blattlaub denken lässt.

Einem morgendlichen Kanon in getragenem Tempo gleicht der Anfang von „Horns Alone“. Fortgesetzt, dabei mit sakralen Anmutungen versehen, wird die Komposition mit Bläser-Unisono und tiefen Setzungen durch das Baritonsaxofon. Doch wo bleibt die Klimax des Stücks? Es ist am Pianisten des Ensembles das „Frühlingserwachen“ einzuläuten. Allerdings hätte man hier wohl auch eine distinguierte Verspieltheit im Diskant erwarten können, die allerdings ausbleibt. Die vereinigten Bläser sind nachfolgend am Werk, um den Frühling zu besingen. Dabei wird der eine oder andere auf den feinen Saitenklang des Gitarristen Christopher Pawluk warten, allerdings vergebens. Die Passagen, die uns der Pianist darbringt, scheinen hingegen das erste Knospen von Grün und den Aufbruch musikalisch einzufangen. Im Hintergrund hört man die steten erdigen Linien des Bassisten Andreas Waelti, derweil Simon Plötzeneder leichtfüßig daherkommt. Erst beinahe am Ende rückt dann Christopher Pawluk für Sekunden in den Fokus. Schade, von im hätte man mehr hören wollen. Doch der arrangierte Chorgesang der Bläser nimmt auch bei diesem Stück einen wesentlichen Raum ein.

Das geballte Jazzgebläse ist in „Who's to blame“ gleichfalls nicht zu überhören. Ist da nicht auch ein schnurrendes Saxofon mit tiefem Timbre zu hören? Tenor- oder Baritonsaxofon ist dabei die Frage? Auf eine rasante Gebläsephrasierung nimmt uns wohl Fabian Rucker mit, oder etwa nicht? In diesem Stück merkt man, dass Tobias Hoffmann sehr stark von den klassischen Arrangements für Big Bands geprägt ist, ob nun der von Duke Ellington oder von Tommy Dorsey. „Rememberance“ gleicht vom Duktus her einem Lamento. Requiem wäre als Charakterisierung überzogen. Zugleich strahlen die Harmonien des Stücks ein wenig Winterschwere aus. Schließlich sind wir „Am Ende des Tages“ angelangt. Die Dämmerung scheint Tobias Hoffmann mit seinen Mitmusikern zu beschwören. Dabei drängen sich entsprechende Sujets der romantischen Malerei eines Caspar David Friedrich oder Johan Christian Clausen Dahl auf.

Und am Ende fragt sich der Hörer, ob denn Tobias Hoffmann jenseits der solistischen Einschübe die Möglichkeiten des neunköpfigen Ensembles in Gänze ausgeschöpft hat. Hätte Tobias Hoffmann in seinen Arrangements das Nonett nicht in das Trio der Rhythmusgruppe und in deutlich strukturierten Dialogen zwischen Posaune und Baritonsaxofon auf der einen und Trompete bzw. Flügelhorn auf der anderen Seite gliedern können? Warum tat er es aber nicht?

Text © ferdinand dupuis-panther 2020


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