The Intercontinentals - Death of an alien species

The Intercontinentals - Death of an alien species

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self produced

Unter dem Bandnamen „The Intercontinentals“ treffen sich der aus Neuseeland stammende und nunmehr in Deutschland lebende Gitarrist Matthew Mitchell, der auf dem aktuellen Album auch am Synthesizer agiert, der us-amerikanische Tenorsaxofonist Zane Massey, der aus dem ungarischen Szeged stammende Kontrabassist Andor Horváth und der niederländische Drummer Wim Kegel – fürwahr eine international besetzte Band! Vorgelegt wird nun das zweite gemeinsame Albumprojekt der Viererbande. In der Vorankündigung zum Album heißt es: „Fusing elements of electronica, Free Jazz and modern contemporary music as well as paying homage to the deep roots of improvised music, this second offering is a powerful, high energy rollercoaster that will continue to engage and delight.“

Aufmacher ist das Stück „ Damage“, bevor es mit „Legions of larvae secreting insects march across the arid heart“ musikalisch in die Welt der Insekten geht. Ein „Lament“ wird angestimmt und die Söhne des Sonnengotts („Sons of Ra“) besungen. Martialisch hört sich der Titel „Weapons of war“ an. Mit der Sonne und der Kunst des Fliegens hat „Icarus the fly“ tun, ehe der Morgen im Koma anbricht: „Woke up this morning in a coma“.

Tiefes Saitengeschwirr und Saitenschnarren sind zu Beginn auszumachen. Sprunghaft gesetzt sind die Klangformen, über die sich ein säuselndes und quäkendes Saxofon erhebt. Dieses scheint nach und nach außer Rand und Band zu geraten. Zugleich fokussiert sich das Klangerlebnis auf den Holzbläser, derweil es scheinbar Sphärisches im Hintergrund ausbreitet. Bläserschnattern trifft im Folgenden auf weiche Gitarrenpassagen. Ohne Frage, der Saxofonist ist eine dominierende Kraft in „Damage“. Auch in eher zurückgenommenen Passagen trumpft er auf, ergeht sich in wilden Umspielungen. Zane Massey scheint in seinem Spiel einen brodelnden Vulkan zu beschwören, der kurz vor dem Lavaausstoß steht. Begleitet wird er obendrein von einem fulminantem Drumming von Wim Kegel, ehe dann Matthew Mitchell mit seinem Saiteninstrument das musikalische Geschehen mit aquarellierten Klangtönen färbt. Durch gekonnte elektronische Modulation klingt die Gitarre im letzten Teil des Stücks wie eine Mischung aus Syntheziser und Rhodes.

„Legions of larvae secreting insects march across the arid heart“ steht nachfolgend auf dem Programm. Der Drummer eröffnet dabei mit punktgenau gesetzten Fellschlägen das Stück. Ihm folgt ein eher marktschreierisch aufgelegtes Saxofon, das ab und an auch den Zugang zu kontemplativen Passagen öffnet. In Gänze betrachtet ist das Spiel jedoch aufgeregt, gegen den Strich gebürstet, angesäuert, zornig, unausgeglichen und wenig auf das Verbindende ausgerichtet. Es scheint, als würde Zane Massey innerhalb des Ensembles seinen eigenen Pfad beschreiten, ohne Rücksicht auf Verluste. Alle anderen Musiker stehen mehr oder minder im Schatten Masseys oder setzen wie Mitchell bewusst feine Weichzeichnungen und transparente Klänge dagegen. So ergibt sich ein purer Kontrast zwischen Massey und Mitchell. Und was hat das alles mit dem komplexen Titel des Stücks zu tun, das von einer Legion von Larven redet?

Dass Massey seinen Holzbläser auch anders als aggressiv und stimmgewaltig einsetzen kann, zeigt er in „Lament“, einem Klagelied, das voller Schwere daherkommt. Und diese Schwere bringt auch der Saxofonist zum Ausdruck, ohne den Gitarristen vollends an den Rand zu drängen. Nein, beide scheinen eine Klangsymbiose einzugehen. Kommt da nicht auch ein wenig Post-Bop zum Vorschein, wenn das Stück seinen Fortgang nimmt? Immer wieder gelingt es Matthew Mitchell seinem Instrument Raum zu geben, begleitet von einem feurigen Blechgeschwirr, dank Wim Kegel. Klanglauf um Klanglauf bringt uns Mitchell zu Gehör. Er scheint dabei musikalisch den Langstreckenläufer einzufangen, oder? Stets signalisiert er ein Vorwärtsstreben und eine Stetigkeit bis zum letzten Takt.

„Sons of Ra“ lässt vom Titel an den brillanten Sun Ra denken, oder? Ist dieses Stück vielleicht eine Hommage an den avantgardistischen aus Alabama stammenden Musiker, Pianisten und Synthesizerspieler Sun Ra? Man könnte es meinen, insbesondere in den eruptiven Saxofonsequenzen zu Beginn des Stücks. Und Matthew Mitchell ergeht sich in seinem Spiel in schraffierten Klangflächen, über die sich im Fortgang des Stücks hier und da der Saxofonist mit seinem explosivem Spiel legt. Dabei nähern sich die beiden Musiker nach und nach an, scheinen sich in ihren Äußerungen zu imitieren. Doch schlussendlich ist es der Saxofonist, der mit Röhren, Röcheln undSchnarren das Klangbild zeichnet. Derweil rollt Matthew Mitchell manchmal einen Klangteppich aus.

Martialisch hört sich der Titel „Weapons of war“ an, auch wenn das, was wir zu Beginn vernehmen, eher an die sphärische Klangmelange eines Joe Zawinul erinnert. Und auch Massey zeigt nichts von Feindlichkeit, sondern bemüht sich um eine sonore Stimme. Gerassel nehmen wir wahr, wenn Mitchell feine Klangtropfen zu Gehör bringt und auch Massey sich eher bedeckt hält. Bisweilen hat man den Eindruck von fließenden Klangströmen. Und der Titel, was sagt der uns im Vergleich zur Musik?

Mit der Sonne und der Kunst des Fliegens hat „Icarus the fly“ zu tun: Ist da zu Beginn nicht eine Kirchenorgel zu vernehmen, ehe der tiefe Bass angestimmt wird? Der Saxofonist scheint den Flug des Ikarus nachzuzeichnen, immer gen Sonne, nach oben, allerdings nicht im Steilflug, sondern auf und ab gleitend und steigend. Und Matthew Mitchell folgt dem Flug mit feiner melodischer Linie, hält dabei aber auch an einem Auf und einem Ab fest.

© ferdinand dupuis-panther


Informationen

https://www.matthewmitchell.de
https://www.allmusic.com/artist/zane-massey-mn0000692208/biography
https://andorbass.com/about.html
www.facebook.com/pg/wimkegeldrummer/about/
https://matthewgmitchell.bandcamp.com


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