Kerberbrothers Alpenfusion „RISING ALPS“

Kerberbrothers Alpenfusion „RISING ALPS“

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jawo records, Jawo014

Ist es Jazz, was Andreas Kerber (Gitarre, Hackbrett, Alphorn, Gesang), Markus Kerber (Flöten, Saxophone, Klarinette, Gesang), Martin Kerber (Zither, Scherrzither, Trompete, Akkordeon, Gesang ) und Tiny Schmauch (Kontrabass, Gesang) gemeinsam machen? Gibt es so etwas wie Alpenjazz, also eine Mischung von bayerischer Folklore und Jazz? Man muss die Frage wohl bejahen, wenn man das Album hört. Bisweilen ist jedoch die volkstümliche Note sehr aufdringlich. Kein Wunder, kommen doch die Gebrüder Kerber aus der Volksmusik. Das merkt man auch an den Instrumenten, die man gewöhnlicherweise auch im Jazz aus Europa nicht zu hören bekommt. Hackbrett, Alphorn, Scherrzither und Zither sind aus der Volksmusik, ob in Bayern oder in Österreich, nicht wegzudenken. Die Scherrzither, auch Kratzzither oder Schlagzither genannt, ist eine typische bäuerliche Zither mit diatonisch angeordneten Bünden und eine alpenländische Besonderheit.

 

Nicht nur bei Liveauftritten, so wie bei den vorliegenden Aufnahmen aus Kempten, führen die Kerberbrothers ihre Zuhörer auf den „Holzweg“, sondern auch „Den Bach hinunter“, ehe sie dann am Ende noch einen „Jodler Blues“ zum Besten geben.

Wie eine klassische Etüde für Gitarre beginnt die Komposition „Holzweg“, ehe sich die Bläser mit Macht in den Vordergrund drängen. Die angestimmte Melodie klingt ein wenig nach Zirkusmusik. Brillant ist dabei das Trompetensolo, das mit einem Hauch von Latinorhythmik daherkommt. Ist's Cha Cha Cha oder Rumba, die wir hören? Bei diesen Hörfarben fragt man sich außerdem ernsthaft, wie die Gebrüder Kerber, die alle ihre Wurzeln in der Volksmusik des Allgäus haben, eigentlich auf den Titel ihres Stücks gekommen sind.

Danach lassen sie uns auf ein „Ständchen“ für die „Alte Wally“ ein und genießen, was wir hören: Satt erschallt der Klang des Alphorns, das hier und da auch nach einer tieftönigen Posaune klingt. Zu dessen Klangform gesellen sich eine Zither und eine „ostasiatisch gestimmte“ Flöte, um eine getragene Weise anzustimmen. Dabei vereint sich gleichsam das „träge Alphorn“ mit der „lebenslustig erscheinenden Flöte“. Der Bass ist bei einem Solo auch mit von der Partie und wird hintergründig von der Zither begleitet. Schließlich meint man gar, Markus Gerber spiele im Geiste von Herbie Mann seine Flötenphrasierungen. Die Hörfarbe des Stücks ist überaus gefällig, wenn das Alphorn die alpine Bergwelt heraufbeschwört, in der die alte Wally zu Hause ist.

Was es wohl mit „Den Bach hinunter“ auf sich hat? Verspielte Flötentöne machen den Anfang, ehe wir eine Bachsche Fuge vernehmen, die uns nicht nur Markus Kerber an der Flöte, sondern auch Andreas Kerber an der Gitarre nahebringt. Bach ist also nicht der fließende Bach, sondern im vorliegenden Fall Johann Sebastian Bach, vor dem sich die Gebrüder Kerber verneigen. Klassik lässt also grüßen und nicht nur Allgäuer Folklore. Nur in Europa scheint eine derartige Einspielung möglich, ist doch hier die Klassik Teil der Musikgeschichte und tief im kollektiven Bewusstsein verwurzelt. Gleiches gilt für die Volksmusik auch jenseits vom Musikantenstadl. In den USA wären solche Aufnahmen wohl kaum denkbar. In diesem Kontext sei daran erinnert, dass Bach in der Geschichte der Rockmusik auch eine Rolle spielte. Man denke an die Band „Nice“, die sich an die Brandenburgischen Konzerte wagte. Kein Geringerer als Ian Anderson, besser bekannt unter dem Bandnamen Jethro Tull, hat mit seinem Flötenstück „Bourée“ gleichfalls dafür gesorgt, dass die Klassik mit dem Rock verschmilzt. Doch zurück nun zum Fusionjazz aus den Alpen.

Was verbirgt sich wohl hinter dem Stück „Zauberbrett“? Ein Arrangement für eine Solozither oder ein Hackbrett? Es ist das Hackbrett, das sich in ein Zauberbrett verwandelt und dabei von einem Akkordeon begleitet wird. Ein Klangteppich der Meditation breitet sich nach und nach aus, in den auch das Saxofon eingewoben wird, wenn es die Melodievorgabe des Hackbretts interpretiert. Beschwingt ist wohl die richtige Charakterisierung für die Musik, die wir hören, auch wenn von Swing im klassischen Sinn nicht die Rede ist.

Schon die Titelwahl für die Kompositionen verrät die Nähe der Gebrüder Kerber zur Volksmusik. Kämen sonst Titel wie „Die Wilderin“ oder „Das Alphorn roovt“ zustande? Wohl kaum! Würde man die Musik der Kerberbrothers mit dem Etikett „Ethno-Jazz“ versehen und somit ihre Art von „Jazz meets Volksmusik“ mit dem Jazz aus Nord- und Westafrika auf eine Stufe stellen – man denke zum Beispiel an die Musik von Majid Bekkas –, dann verlöre die Musik auch das Exotische. „Alpenfusion“ als Charakterisierung ist ja bereits der Versuch einer Imagekampagne, um die Biederkeit von bayrischer Volksmusik mit Humpdahumpda-Beats aufzubrechen.

Bei „Das Alphorn roovt“ müssen wir eigentlich an „Das Alphorn groovt“ denken, wenn sich ein sanfter Tieftöner mit einem zart gestimmten Hochtöner, in diesem Fall einer Querflöte, zum Duett einfindet. Was hören wir da eigentlich? Ist es ein Ländler? Zumindest ist es etwas Tanzbares, das wir vernehmen. Doch was folkloristisch beginnt, wandelt sich zu Jazz, wenn die Bläser schmettern, was das Zeug hergibt. Volksmusikalisch geht es auch bei „Rising Alps“ zu, jedenfalls zu Beginn, ehe danach eine kleine Big Band ihre Stunde hat. Schließlich vernehmen wir auch südländische Rhythmen, die den Hörer wohl kaum still sitzen lassen. Zum Schluss gönnen uns die Gebrüder Kerber noch einen „Jodel Blues“, und dann fällt der Vorhang für den alpenländischen Fusionjazz. Es ist ein Subgenre, dass sich auch bei anderen Musikern wie dem Pianisten David Helbrock einer gewissen Beliebtheit erfreut, denkt man an seine Zusammenarbeit bei Random/Control und mit Lorenz Raab.

© ferdinand dupuis-panther


Press release by jawo records
‚Transglobal alpine jazz‘ is the name of the game on the new Kerber Brothers Alpinefusion album! Brass instruments, guitar and crisp percussion will make you believe you are in the midst of a South American fi esta. Then, suddenly, you’ll be surprised by a septuple meter yodel, accompanied by zither and alphorn in an earthy, bluesy style. Now the archaic alpine Scherrzither joins in. The dulcimer transforms to a Persian santur. The ländler starts enigmatically with alphorn and Indian transverse flute, then picks up speed as the soloists switch to trumpet and saxophone. Even an accomplished organ piece by Bach is divided up among the quintet. Even though all pieces have been composed by Andreas Kerber, each musician adds his personal note during the improvisations. The roots of the three original Kerber Brothers are strong and deep: Together with their parents they were the Allgäu folk music family and performed together on stage from the moment they could walk. To combine that traditional heritage with today’s sound requires an almost acrobatic balancing act between front-line music and tradition. To hold this balance without drifting off into kitsch is a commendable achievement and not easily duplicated by others. Their individuality makes the Kerber Brothers extremely memorable. After all, there are none with whom these extraordinary musicians could be confused! If you’re looking for something different, something really off the wall instead of boring mainstream, then this is the album for you.

Informationen

Label
www.jawo-records.de

Musiker
www.kerberbrothers.de


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