Florian Poser/Martin Flindt Duo - The Gaze

Florian Poser/Martin Flindt Duo - The Gaze

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Acoustic Music

Für das vorliegende Album haben sich der in Hamburg geborene Vibrafonist Florian Poser und der aus Oldenburg stammende Gitarrist Martin Flindt den Bassisten Peter Schwebs und den Drummer Bertram Lehmann als Begleiter mit ins musikalische Boot geholt.

Wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Vibrafon eigentlich ein Schlaginstrument ist, mit dem vibrierende, teil ein wenig metallisch-spitz klingende Töne mit kurzem Nachhall zu erzeugen sind, ist es gewiss eine Herausforderung, ein solches Instrument mit dem Klang eines Sechsaiteninstruments zu vereinen. Nun kommen bei der aktuellen Besetzung noch der Bass und ein Schlagzeug hinzu, Teil einer typischen Rhythmusgruppe. Wie wird das klingen? Welche Rollen werden die einzelnen Musiker einnehmen, welche ihnen zugeschrieben werden?

Das Vibrafon im Jazz ist selten geworden, kein Wunder bei der Sperrigkeit des Instruments, stets ein Hindernis auf jeder Konzertreise, von Flugreisen ganz zu schweigen. Gewiss, Gary Burton, Lionel Hampton und Dave Pike sind bekannte Vibrafonisten, die aber schon lange im Jazznirwana entschwunden sind oder wie Gary Burton ein Leben jenseits der Bühnenpräsenz lebt. So scheint es eine Rarität, einen Vibrafonisten auf einem Album zu erleben, zumal er sich auf südamerikanische Rhythmen und Harmonie konzentriert. Sowohl Poser als auch Flindt zeichnen jeweils für die Mehrzahl der eingespielten Stücke verantwortlich. Also, auf so bekannte Komponisten wie Antonio Carlos Jobim müssen die Hörer diesmal verzichten, allerdings nicht auf „Latin Fever“. Übrigens, dem Schlagzeuger Bertram Lehmann ist „Punctuated Equilibrimum“ zu verdanken.

Ausgemacht wird mit „As Melhoras“, gefolgt von „Inner Movement“, „The Gaze“ und „Choro“. Letzterer ist eine Musik aus Rio de Janeiro, die ursprünglich in den 1870er Jahren als Melange von populärer europäischer Musik wie Walzer und Polka und der Musik afrikanischer Sklaven entstand. „When She Danced“ ist ebenso zu hören wie am Ende „Sepals Waltz“ sowie „Calablues“. Was werden wir also außer Choro hören? Bossa, Samba und Rumba? Na dann, die Ohren gespitzt. Vereint sind Vibrafon und Gitarre in den ersten Takten von „As Melhoras“ zu vernehmen. Dabei ist der Klang des Vibrafons sehr weich gesponnen. Der Eindruck drängt sich auf, dass hier zu einem schwungvollen Tänzchen aufgefordert wird. Das ist auch der Fall, wenn Florian Poser mit seinen Schlägeln über die Klangstäbe tanzt. Nach dessen Solo ist es an Martin Flindt mit gekonnten Phrasierungen zu kurzen Trommelschlägen unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Was bringt er uns da? Samba oder Rumba? Die Musik, der wir lauschen, ist voller Lebensfreude und beinahe schon in einen explosiven Klangrausch eingesponnen.

Eher getragen, ohne gleich ins Elegische zu verfallen, ist „Inner Movement“. Hier ist es der Gitarrist, dem die ersten Takte gehören. Nach und nach überkommt den Hörer der Eindruck des Balladenhaften. Sehr gefühlvoll sind die Linien von Vibrafon und Gitarre angelegt. Zudem erleben wir bei diesem Stück auch ein ausgereiftes Basssolo, das sich mit dem Innenleben befasst. Nichts von Aufgeregtheit ist dabei wahrzunehmen. Eher denkt man beim Hören an Kontemplation, an das Verharren im Moment, an Entspannung und an Ruhe. Gleiches gilt dann auch für den weiteren Verlauf. Da fließen die Töne, die Poser seinem Instrument entlockt, wie Perlen, die sich aus einer Perlenkette gelöst haben und dahinrollen. Namensgebend fürs Album ist „The Gaze“, aufgemacht mit einem kurzen Schlagzeugwirbel und einem Gitarrenintro, ehe dann der Vibrafonist das Wort nimmt. Ein gewisser Swing wohnt dem Stück inne, das durch den Bass geerdet wird.

Hören wir da bei „Der Blick“ (so die Übersetzung von „The Gaze“) nicht ein Marimbafon? Der Klang, einschließlich der Triller, scheint weicher im Vergleich zum Vibrafon. Wie leicht vom Wind aufgewühltes Wasser klingt das, was Martin Flindt uns vorträgt, dabei verwurzelt in der Tradition der Jazzgitarre von Joe Pass bis …, oder? Wie in anderen Stücken ist auch in diesem die Vernetzung der Musiker untereinander deutlich herauszuhören. Sie knüpfen gemeinsam ein Klangnetz. Würde man das Bild eines Webstuhls als Vergleich heranziehen, dann wäre im Hinblick auf die Musik das Bild von der Abhängigkeit von Schuss- und Kettfaden zutreffend. Anschließend widmen wir uns dem „Choro“, von manchen als Ahne des Sambas angesehen. Gleich zu Beginn geht es sehr rhythmisch zu, nicht allein wenn der Perkussionist zu hören ist, sondern auch wenn Florian Poser und Martin Flindt den Melodiefaden spinnen. Unterschwellig nimmt man dann auch Anklänge an Samba und Bossa wahr. Sorgenfreie Musik dringt ans Ohr des Zuhörers, der kaum ruhig dasitzen kann. Der angestimmte Rhythmus geht durch und durch. Dazu trägt auch Florian Poser mit seiner schnellen Klangfolge bei.

Danach stimmt der Gitarrist das Hohelied brasilianischer Lebensfreude an. Hören wir bei „Punctuated Equilibrium“ nicht Timbales, ein eher typisches Instrument der kubanischen Musik? Dabei handelt es sich um eine „Doppeltrommel“ aus Metall ohne Resonanzfell. Man kann jedenfalls beim Zuhören an ein solches Schlagwerk denken. Doch alsbald wird man von dem feinen Melodiegewebe eingenommen, das Florian Poser und Martin Flindt entwerfen. Klack-Klack-Klack hören wir und flüchtig passierende Klangfolgen. Vibrafon oder Marimbafon ist dabei die Frage! Florian Poser scheint in diesem Stück das Instrument zu wechseln. Er spielt dabei Passagen, die einem Hufgetrappel und einem Galopp sehr nahekommen. Derweil leben sich der Bassist und der Gitarrist in langwelligen Passagen aus. Im Solo des Gitarristen scheint es so, als höre man eine Baritongitarre. Das ist eine Annahme für einige Hörmomente, da es im Line-up auf dem Album keinen entsprechenden Bezug gibt. Zum Schluss tanzen wir dann den „Calablues“, ein flotter Blues, ohne den „Lebensblues“ zu bekommen, im Gegenteil. Dieser Titel ist beschwingt, feurig und explosiv, funkelt in allerlei Klangfarben. Und auch ein bisschen Jive liefert uns dabei Florian Poser, wenn er die Klangstäbe zum Schwingen bringt. Martin Flindt stimmt übrigens in seinem Solo darin ohne Bruch ein. Schließlich ist es am Bassisten und Drummer den Blues abzurunden – wahrlich ein sehr gelungener Ausgang eines farbenfroh gestalteten Albums.

© ferdinand dupuis-panther


Infos

https://www.acoustic-music.de/
https://www.florianposer.de
http://www.flindtstones.de

Line-up

Florian Poser: vibraphone, marimba
Martin Flindt: guitar
Peter Schwebs: bass
Bertram Lehmann: drums, percussion


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