Emma Rawicz – Inkyra

E
ACT
Über die Protagonistin des aktuellen Albums Emma Rawicz lesen wir unter anderem folgende Zeilen im Pressetext zur Album-Erscheinung: „Emma Rawicz is never one to seek out the easy paths, and her desire to challenge audiences is also something fundamental. And yet...she always does it with a smile. Confrontation doesn’t interest her, but rather the discovery and the experience of new music which has never previously been heard, and which can transcend everyday clichés. The album Inkyra, recorded with the sextet Gareth Lockrane (flute), David Preston (guitar), Scottie Thompson (keys), Kevin Glasgow (electric bass) and Jamie Murray (drums), breaks boundaries in many ways. It is completely alive with energy, ideas, colours and rhythmic and harmonic complexity. Rawicz herself impresses here, with a tone that is as weighty as it is agile, deep musical intellect paired with great sensuality and a feel for subtle nuances, and gradations of textures.“
Eine orchestrale Inszenierung steht am Beginn des Albums. Da vereinen sich Schlagwerkrausch und Saxofonverspieltheit. Zeitweilig hat man den Höreindruck von einer Filmmusik, die einen Sonnenaufgang in einer Bergwelt von Vulkanen begleitet. Nahtlos geht die Ouvertüre in das Stück „Particles of Change“ über: Nicht zu überhören ist das Tenorsaxofon, das sich aus einer Klangmelange erhebt. Zu dieser gehört auch ein Rhodes, ein ungestümes Schlagwerk, eine jubilierende Flöte, aber eben vor allem ein schnurrendes, „vollmundiges“ Saxofon, das sich auch solistisch zeigt. Dazu vernimmt man im weiteren Fortgang des Stücks einen Schlagwerknebel nebst einem ans Ohr dringendes Tick-Tick der Trommelstöcke. Immer ausgelassener und unbändiger agiert die Saxofonistin im Fortgang, setzt klangliche Teilchen an klangliche Teilchen. Scottie Thompson scheint am analogen Synth Klangbögen zu bauen und damit eine ganz eigene Klangarchitektur zu konstruieren. Im Weiteren vernehmen wir auch den feinen Flötenklang von Gareth Lockrane. Mehr und mehr entwickelt sich das Stück gegen Ende in der Tradition von Earth, Wind & Fire und den Brecker Brothers, oder? Ähnliche Klangverdichtungen finden wir auch in dem Stück „Time and Other Thieves“.
Wiederholter Klang des E-Pianos charakterisiert zu Beginn „A Portrait of Today“. Das Klangmuster wird im Folgenden verfeinert und dank der Saxofonistin weiter gesponnen. Dabei wird eine Melange präsentiert, in der der Holzbläser im Fokus steht, aber der Flötist und der Pianist zum melodischen Gespinst des Stücks beitragen. Schnurrend und gurrend agiert die britische Saxofonistin Emma Rawicz. Als versierter Gitarrist erweist sich David Preston, der in der Tradition klassischer Jazzgitarrenmusik und deren Erweiterung steht. Temporeich geht es im Fortgang des Stücks zu. An der rhythmischen Durchwebung beteiligt sich neben dem Drummer eben auch die Saxofonistin.
„Anima Rising“ ist ein weiteres Stück auf dem Album, dessen Klangfärbung allerdings über weite Strecken auch durch den E-Gitarristen bestimmt wird. Ohne Frage ist jedoch, dass die Saxofonistin auch bei diesem Stück Dreh- und Angelpunkt des Arrrangements. Die Räume zur Entfaltung der Mitmusiker sind eher als limitiert zu bezeichnen. Nun gut, genießen wir anschließend die Komposition von Emma Rawicz namens „Marshmallow Tree“: Beim Hören meint man, dass die Rezeptur aus ein wenig Pat Metheny, Alan Parson und John McLaughlin besteht, ohne der Komponistin und Saxofonistin Emma Rawicz nahezutreten. Hervorzuheben ist in diesem Stück das sehr mitreißende Flötensolo von Gareth Lockrane. Kurz ist der „Abgesang des Albums,“ auch wenn der Titel „A Long Goodbye“ etwas anderes suggeriert.
© fdp 2025
Musicians
Emma Rawicz tenor & soprano saxophones
Gareth Lockrane flute, alto flute, bass flute, piccolo
David Preston guitar
Scottie Thompson Rhodes, piano, Prophet
Kevin Glasgow electric bass
Jamie Murray drums
Tracks
01 Earthrise 01:22
02 Particles of Change 07:34
03 Time and Other Thieves 04:33
04 A Portrait of Today 06:25
05 Lunar 00:56
06 Moondrawn (dreaming) 04:18
07 Anima Rising 06:39
08 All My Yellow Afternoons 05:22
09 Marshmallow Tree 03:53
10 A Long Goodbye 01:00