Earscratcher – Otoliths

E
Aerophonic Records
Kurz und knapp zur Einleitung: „Otoliths is the sophomore release by the transatlantic working quartet Earscratcher. This quartet was formed by pianist Elisabeth Harnik after repeated visits to Chicago beginning in 2008, where she initiated significant long-term musical relationships with her US-based colleagues. In 2020 she intended to celebrate a milestone birthday with the band's debut, but due to the pandemic it was pushed back to 2022. That European tour resulted in a fiery 2023 self-titled recording, also released by Aerophonic. The new album was recorded during the band’s next tour in the US in December 2024, marking some significant musical leaps.“
Schlagzeugverwirbelungen, Rascheln, Windgebläse, spitze Bläserschreie in Wiederholungen, Ratschenklang, Cello gestrichen, Tenorhaftes – all das ist Teil von „The Attic and the Atrium“. Klavierpräparationen und ein schwirrendes Saxofongebläse sowie ein Cello, das eher nach Geige oder Bratsche klingt – auch das erleben wir als Hörer des ersten Stücks. Zwischen Klangcollage und Klangmelange bewegen sich die vier Musiker. Von diesen stellt sich zeitweilig der Saxofonist Dave Rempis in den Vordergrund und skizziert musikalische Leitlinien. Dicht und verdichtet agiert der Drummer mit einem perkussiven Inferno, in das der Pianist und der Saxofonist zu versinken scheinen. Hier und da sind die entsprechenden Sequenzen auszumachen, die beide zum Stück beitragen. Im weiteren Verlauf entwickeln die Musiker eine Art musikalisches Gewebe mit Knoten und Verschnürungen. Federführend ist dabei Dave Rempis mit seinem Saxofon, derweil Elisabeth Harnik kurze Klangwellen auf ihrem Tasteninstrument erzeugt. Fred Lonberg-Holm sogt für Tonales, das atonal anmutet. Man hat den Eindruck, er stimme sein Cello und werde dabei durch Interventionen der Pianistin gestört. Die folgenden Pianosequenzen lassen an das Läuten verschiedener Kirchenglocken denken. Im weiteren Verlauf erleben wir Klangwellen, die sich überlagern und ein Cello, das sich in den tiefen Lagen des Instruments ergeht und beinahe an einen Bass erinnert. In einem „Zwischenspiel“ nimmt sich Dave Rempis das Wort. Alt- oder Tenorsaxofon – das ist die Frage. Hören wir da nicht zudem ein Windspiel als zeitweiligen Akzent? Fragiles vereint sich mit Sonorem. Perkussives kommt hinzu, nervös und kurz. Derweil verfolgt der Cellist seine eigenen Linien und kreist in seinem Orbit, während Dave Rempis sein Gebläse hören lässt. Und gegen Ende des Stücks meint man, man blicke in den feurigen Höllenschlund, oder?
In „Ossicles“ dominiert anfänglich das Saxofon, mal aufbrausend und mal zurückhaltend. Das gezupfte Cello ist als Antipode Teil des Geschehens. Schnurrend und flirrend vernehmen wir Dave Rempis und seinen Holzbläser. Intensives Gerassel steuert der Drummer Tim Daisy bei. Der Cellist lässt im Verlauf des Stücks seinen Bogen auf den Saiten tanzen. Aufgeregt klingt das, was der Saxofonist zur Inszenierung beiträgt. Fragmente scheinen von den vier Musikern aneinander gefügt zu werden. Verformen sich diese Fragmente nicht auch und überlagern sich? So jedenfalls ist der Eindruck beim Hören. Wild und ungestüm agieren die Musiker bei „Scapha“. Sie präsentieren eine Art musikalischen Zyklon, so eine mögliche Umschreibung. Schließlich endet das experimentell und auf freien Improvisationen basierende Album mit „Umbo“.
© ferdinand dupuis-panther
Musicians
Dave Rempis – soprano/alto/tenor saxophone
Elisabeth Harnik - piano
Fred Lonberg-Holm – cello
Tim Daisy – drums
Tracks
1. The Attic and the Atrium 20:31
2. Ossicles 09:20
3. Scapha 07:53
4. Umbo 08:51