David Friedman Weaving Through Motion

David Friedman Weaving Through Motion

D

Traumton Records, Traumton 4596

„Solo-Platten sind eine wunderbare Gelegenheit, eigene Texturen zu kreieren“, freut sich David Friedman über sein neues Album „Weaving Through Motion“. Es ist tatsächlich erst das zweite Solo-Album des in Berlin lebenden us-amerikanischen Vibrafonisten und gleichzeitig eine Art Jubiläum. Vor zwei Jahrzehnten erschien, ebenfalls bei Traumton, Friedmans erstes Solo namens Air Sculpture. „Normalerweise bekommt man vom Label und vom Studio nicht soviel Zeit, etwas in Ruhe zu entwickeln“, erklärt Friedman. Das war bei dieser Produktion ganz anders. Zu der Intention seiner Musik formulierte Friedman nachstehend: „Es ging mir darum, dass jedes Stück eine eigene Atmosphäre erzeugt.“ Das beginnt gleich bei „Turn Left“. Mischen sich da nicht die weicheren Klänge von hölzernen Klangstäben mit den eher schreiend-metallischen des Vibrafons? Lauscht man dem Spiel Friedmans aufmerksam, dann kann man sich vorstellen, man flaniere über den Kudamm und werde ständig von den Auslagen der Schaufenster magisch angezogen und es erfolge stets auch die Aufforderung „Turn left!“. Man hört Schritte, die sich rasch nähern und schneller werden. Manchmal verlangsamen sie sich auch. „Turn Left“ heißt auch vom Boulevard in die Seitenstraßen abzubiegen, um dem urbanen Mainstream zu entkommen, oder?

Also folgen wir David Friedman auf seinen verschlungenen musikalischen Pfaden. Dabei begegnen wir nicht nur Eigenkompositionen, sondern auch Arrangements und Bearbeitungen. Darunter ist auch ein sehr bekannter Titel von Thelonious Monk zu finden: „Round Midnight“. Überdies hat Friedman auch Michel Legrand die Ehre erwiesen, als er sich dessen sehr bekannten, beinahe schon als Evergreen anzusehenden Titel „The Windmills Of Your Mind“ angenommen hat. Schließlich steuerte der Komponist und Chef von Traumton Records Wolfgang Loos einen Titel zum Album bei: „Waltz For Hannah“.

Disharmonie und allzu freie Improvisationen kennt Friedman nicht und so können wir seine Musik auch ganz und gar genießen, uns Tagträumen hingeben und mit dem Klangzauber des Vibrafons den Tag ausklingen lassen. Harmonie pur verströmt der Vibrafonist mit „Two Minds, One Thought“ - also zwei Personen und ein Gedanke. Plonk, Plonk und Plonk – derartiger Klang wird bei „Round Midnight“gleichwohl verströmt, kein Wunder, denn es geht um Monk. Doch dann ergießen sich die Klänge wie akustisches Schmelzwasser. Nur ab und an entdeckt man noch das Monk'sche Plonk. Eigentlich müsste man vier Ohren haben, um das Original und Friedmans Version des Monk Stückes simultan hören zu können. Im Verlauf des Arrangements erkennt der, der mit Monk vertraut ist, trotz des Klangteppichs, den Friedman ausbreitet, die Charakteristika der Monk'schen Kompositionen: große Intervalle und auffällige Akzentuierung im Sinne von Plink, Plank und Plonk. Miles Davis hat im Übrigen im Juli 1955 auf dem legendären Newport Jazz Festival genau diesen Titel eingespielt und Jahre später nochmals mit Charlie Parker und Sony Rollins den grandiosen Monk wiederbelebt. Es ist also in der Jazzgeschichte keine Seltenheit, sich mit „Standards“ auseinanderzusetzen und daraus etwas musikalisch Neues zu erschaffen, so wie es Friedman auf glänzende Weise gelungen ist.

Triller, Triller und nochmals Triller sind kennzeichnend für den Beginn eines musikalischen Geständnisses, sprich bei Friedmans Komposition „Confession“. Dabei hat der Zuhörer angesichts der Klangfolgen den Eindruck, er sei Zeuge von Rede und Gegenrede, von Fragen und Antworten. Nach dem Stück „Ona“ erzählt Friedman von seinem Blau, das nur beinahe ein Blau ist und damit unverwechselbar ein Friedman-Blau. Nun gut, wer dennoch an Miles Davis und „A Kind of Blue“ denkt, der mag ruhig daran denken, wenn er Friedmans „tänzerische Einlagen“ auf den Klangstäben erlebt. Hören wir eigentlich stetig fallende Tropfen, wenn „Almost Blue“ angespielt wird? Kräuselt sich da gar die Wasseroberfläche unter einem verhangenen Himmel, weil es stetig von oben tröpfelt? Im Verlauf des Stücks meint man, das Zunehmen des Regens zu spüren, hört die Tropfen von dem Laub niederfallen. Plop-Plop-Plop, aber nicht Plonk-Plonk-Plonk, Monk!Kann man nicht auch Farbnuancen vor seinen Augen tanzen sehen, wenn man Friedmans lebendigem Spiel zuhört?

Schon mal von der Band Yes gehört? Nein, auch gut! Mit No (Changes) knüpft Friedman an einen Erfolgstitel der Band Yes an. In den 1970er Jahren galt diese Band als Vertreterin des Prog-Rock. Hört man sich deren sehr dynamisch gestalteten Titel „Changes“an, dann vernimmt man auch den Klang der Klangstäbe und obendrein verzerrte E-Gitarrenriffs. Nun hat sich Friedman des „Wechsels“ angenommen, ohne verspielte E-Gitarre und Schlagzeug, ohne Yes-Sound, der beinahe wie Fleetwood Mac vermischt mit Police klingt. Bei Friedman erhebt sich über dem Ostinato eine grazile Klangfolge, um „No (Changes)“ zu vermitteln. Er setzte dabei um, was Yes in Verszeilen ausdrückte: „I'm moving through some changes / I'll never be the same ... .
Mit anmutigen Lockrufen, die er dem Vibrafon abringt, werden wir von Friedman dazu verführt, seinen „goldenen Käfig“ zu betreten: „The Guilded Cage“. Fein gewebte Tonfolgen erwarten uns beim Evergreen „The Windmills Of Your Mind“. Dabei meint man, auch den Klang eines Marimbafons wahrzunehmen, das sich um die Basslinie kümmert, während das Vibrafon die Melodielinie erarbeitet. Bekannt sein dürfte den Älteren, dass sich auch Dusty Springfield und Sting dieses Legrand-Titels angenommen hatten.

Hören wir nochmals einen O-Ton von David Friedman, um dessen Motivation für seine Solo-Einspielung zu verstehen: „Es ging mir darum, dass jedes Stück eine eigene Atmosphäre erzeugt“ ... Und: „Was mich schon immer faszinierte ist Improvisation, die nicht atonal ist, sondern tonal und harmonisch klingt“. Für die Umsetzung dieses Konzepts kann man Friedman nur danken, denn so muss man sich nicht mit vertrackter kopflastiger Musik befassen, sondern kann schlicht bei Friedmans Spiel ausgiebig chillen.

© ferdinand dupuis-panther

Informatione

Label
www.traumton.de

Musiker
www.david-friedman.de

 


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