Cliff Korman Piano Solo - Bossas and Ballads
C
Tiger Turn
Nachdem Cliff Korman jahrelang zwischen den USA und Brasilien gependelt ist und seinem Herzen und musikalischen Instinkt gefolgt ist, hat sich der Pianist, Komponist und Arrangeur Cliff Korman in Rio de Janeiro niedergelassen. Die vorliegende Soloaufnahme spiegelt die Liebe zu Adagios und seinen interpretatorischen Ansatz der Re-Harmonisierung und Orchestrierung am Klavier wider. Die Darbietungen umfassen Arrangements und Interpretationen von "Montreux" (Hermeto Pascoal), "Encontros e Despedidas" (Milton Nascimento), "Some Other Time" (Bernstein, Comden und Greene), "Michelle" (Lennon und McCartney) und seine Komposition "Almonds and Roses".
Bereits das Eröffnungsstück „Ternura“ brilliert aufgrund der durchaus dramatisch und in Bassformen gestalteten Melodielinien. Zugleich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Vortrag sich an die Musik von Broadway- und Revueshows anlehnt. Hier und da durchziehen Kaskaden und perlende Strukturen das Spiel von Cliff Korman. Und auch an Filmmusik mit Ikonen der Schauspielkunst vergangener Jahrzehnte erinnern einige Passagen, die wir hören. Zurück in die späten 1970er Jahre entführt uns der Pianist mit „Montreux“. Zu verdanken ist das Stück dem brasilianischen Multiinstrumentalisten Hermeto Pascoal. Manche bezeichnen ihn auch als „Brasiliens Antwort auf Sun Ra“. Und ja, der Titel hat mit dem legendären Schweizer Jazzfestival in Montreux zu tun. Dort wurde das Stück 1979 vorgetragen und aufgenommen. Ein gewisser neoromantischer Ansatz ist bei diesem Stück nicht von der Hand zu weisen. Dabei wechseln sich stimmungsvolle Sequenzen ab, mal leise und mal voller Energie. Und irgendwie muss man beim Hören wohl an Smetana und Bartók sowie deren Arbeiten denken, oder? Nun gut, ohne Frage erleben wir einen steten Fluss der Klangs, gurgelndem und sprudelndem Wasser gleichend.
Nachfolgend hat sich der us-amerikanische Pianist Korman eines Beatles-Stücks angenommen. Textzeilen wie „Michelle, ma belle / These are words that go together well / My Michelle / Michelle, ma belle … „ sind nicht zu hören, sondern mitzudenken. Durchaus prägnant stimmt Korman das Thema an, paraphrasiert es dann im Weiteren und gibt dem Stück eine sehr lyrisch ausgeformte Passform. Im weiteren Verlauf wandelt sich der Charakter der Interpretation, und man meint, man erlebe hier und da auch einen Malstrom, ehe wieder zum Thema zurückgefunden wird. Mit „Fotografia“ folgt danach ein Bossa Nova mit typischer „Schrittfolge“ und aus dem Ende der 1950er Jahre datierend. Dabei zeigt sich, dass Korman ein Pianist ist, der sich auf akzentuierte Tastensetzungen versteht. Korman verzichtet bewusst auf gängigen „Ohrwürmer“ des brasilianischen Jazz jenes Genres. Er verneigt sich jedoch vor dem wohl berühmtesten Komponisten Brasiliens: Antônio Carlos Jobim.
Die einzige Eigenkomposition auf dem Album trägt den Titel „Almonds And Roses“. An Bossa lässt das Stück weniger denken als an Paso Doble, oder? Die tonalen Folgen gleichen ab und an rollenden Wellen und sich wälzendem Wasser, so ein etwaiger Höreindruck.
Aus dem Musical „On The Town“ stammt der Titel „Some Other Time“. Im Duktus gleicht das Stück durchaus der auf der Platte vorhandenen Eigenkomposition Kormans. Der Rezensent konnte nicht umhin beim Hören an Filme mit Fred Astaire und Ginger Rogers zu denken. Nun ja, vielleicht durchaus eine falsch geleitete Assoziation. Und am Ende der Einspielung hören wir „Encontros E Despedidas“ (Milton Nascimento). Damit wird einem Urgestein der brasilianischen Musikszene ein „Denkmal“ gesetzt. Nascimento gilt als die prägende Persönlichkeit der Música Popular Brasileira und hat unter anderem mit Pat Metheney, Flora Purim, Paul Simon, James Taylor, Peter Gabriel und Quincy Jones auf der Bühne gestanden. Übrigens, die Musik von Nascimento basiert auf Samba und Bossa. Das Arrangement von Korman kommt in einem eher getragenen Duktus daher. Es fehlt der Interpretation durch Korman an den Weichzeichnungen des Originals, nicht nur im Hinblick auf die im Original zu hörenden Querflötenpassagen, sondern auch bezüglich des Gesangs. Nun, der vom Original abweichende Ansatz ist auch gut so, denn Korman will ja keine Kopie oder ein Cover zum Besten geben.
© ferdinand dupuis-panther 2024
Info
www.cliffkorman.com
TRACK LISTING
1. Ternura (K-Ximbinho) Irmãos Vitale Editores Ltda. (BMI)
2. Montreux (Hermeto Pascoal), MONTREUX JAZZ FESTIVAL, JULY 1979, Tenyor Music (BMI)
3. Michelle (Lennon/McCartney) MPL Communications (ASCAP)
4. Fotografia (Antônio Carlos Jobim), Bossa Nova svon 1959, Corcovado Music Corp. (BMI)
5. Almonds And Roses (Cliff Korman) Almonds and Roses Music (BMI)
6. Beijo Partido (Toninho Horta), LP "Terra dos pássaros" (1979), Manulu Music (ASCAP)
7. Some Other Time (Bernstein/Comden/Green), Musical On the Town (1944). Leonard Bernstein
Music Publishing Company LLC (ASCAP), Warner Brothers, Inc.
(ASCAP)
8. Choro Para Zé (Guinga/Aldir Blanc) Sony Music Publishing (Brazil);
Edições Musicais Ltda (UBC); EMI Blackwood Music Inc. (BMI)
9. Encontros E Despedidas (Milton Nascimento/Fernando Brant)
Brant Fernando Rocha (UBC); Sony/ATV Discos Music Publishing LLC
(ASCAP); Universal Music - MGB Songs (ASCAP)