Aki Rissanen - Divided Horizon

Aki Rissanen - Divided Horizon

A

Edition Records

Kein weiteres Trio-Album des finnischen Pianisten Aki Rissanen liegt nunmehr vor, sondern ein Soloalbum. Dabei ist der Pianist nicht nur am Flügel, sondern auch an dem einmaligen Omniwerk zu erleben. Wenn man das Konzept des Albums mit Schlagworten charakterisieren möchte, dann verschmelzen hier klassische Klanglinien aus der Barockzeit mit musikalischem Minimalismus. Übrigens. Omniwerk ist eine finnische Erfindung eines experimentellen Hybridtasteninstruments, dank an die Instrumentenbauer Jukka Ollikka und Jonte Knif. Vereint wird dabei der Klang eines Harpsichords (Cemballos) mit dem einer Violine.  Zu hören sind Kompositionen wie „Vallons“, „Stream Lines“, „Leisure“, „My Finnish Heart“„Omniwerk Interlude“ sowie „Prelude Oblique“, „Bonfire Ballet“, „Great Expectations“ und „One Goes In Straightforward Ways“. Sehr ausufernd sind die Stücke nicht, sondern eher verdichtet.

Zur Rolle des Omniwerks erläutert der Pianist: “I composed the main part of the songs for the grand piano and left the Omniwerk to be a ‘wild card’, something I add to the grand piano tracks. However I ended up recording a few free improvisations which I didn’t plan before and the tracks ‘Omniwerk Interlude’ and ‘Deciphered’ are the result. The Omniwerk eventually became an essential part of the album. ... You need to approach the instrument completely the opposite from the piano: you can alter the sound after the key is pressed, the touch is very different and you have to be familiar with how every key works – each of them have different personalities! ...“ Zum Prozess der Albumentstehung lesen wir in den Liner Notes: „The music in this album took shape during the pandemic in the summer of 2020. I felt a need to make the kind of music I found myself listening to. In the uncertain state of mind created by the pandemic, I sought more serenity to my music. I spent a long time with my family at our cottage in Eastern Finland where I found myself with an old piano and a view of the lake. As cliché as it might sound, the environment created its own atmosphere in my music.“

Zarte Klangpassagen dringen bei „Vallons“ ans Ohr des Zuhörers. Dabei mag der eine oder andere an das Geplätscher eines Baches denken, dessen Wasserlauf über Felsentreppen führt. Hier und da sind Strudel auszumachen, rinnt das Wasser ungehindert schnell, steigen aus Felslöchern Wasserfontänen auf, so ein Bild für das Gehörte. Mit schneller Basshand zeichnet Rissanen „Stream Lines“. Wiederkehrende Klangfolgen sind auszumachen. Gibt es nicht auch kontrapunktische Setzungen im weiteren Verlauf? Eine kontinuierliche Klanglinie fehlt. Stattdessen finden sich klangliche Segmente mit Abbrüchen, die uns der Pianist zu Gehör bringt. Panta Rei trifft nur bedingt auf „Stream Lines“ zu. „Leisure“ entführt uns in ruhige Fahrwasser des Klangs. Anlehnungen an sakrale Musik mag der eine oder andere erkennen. Geprägt von klassischer Musik ist das Stück ohne Frage. Das verwundert auch nicht, denn Rissanen ist auch in der Klassik ausgebildet worden. Und ist da nicht noch ein weiteres Instrument dem Flügel hinzugefügt worden?  Ist es das Omniwerk, dessen Klang uns ein wenig an ein Harmonium, eine Kirchenorgel oder eine Shruti Box denken lässt? Es sind kurze Beimischungen zu dem Tastenlauf des Flügels. Auch in diesem Stück fällt die starke Basshand von Rissanen auf. Wie zerspringende Eiszapfen am Ende des Winters klingen Passagen gegen Ende des Stücks, das auch eine gewisse meditative Ruhe in sich birgt. „Divided Horizon“ könnte angesichts der melodischen Schraffuren auch Titel wie Föhn oder Schirokko führen, oder? Zarte Gelbschlieren oder auch knospendes Frühlingsgrün mag man sich als Farbnuancen beim Hören in seiner Fantasie vorstellen. Verschlungene Nordlichter sind weitere Assoziationen, die ein Hörer haben kann, während er sich von der Musik einfangen lässt.

Wie schlägt ein „My Finnish Heart“? Aki Rissanen gibt uns die Antwort jenseits von finnischem Tango und Schwermut. Eine gewisse Losgelöstheit strahlen die Melodielinien aus. Dabei gibt es nichts Überbordendes. Behutsam changiert der Pianist zwischen fragilen Klangstrukturen und dunklen Bassakzenten. „Omniwerk Interlude“ vermittelt den Eindruck, dass ein Saiteninstrument gestimmt werden muss und zugleich ein Bogen mit langer Bewegung über die gespannten Saiten fährt. Ab und an werden, so der Eindruck, Saiten eines Cembalos angeschlagen. Teilweise klingt es so, als lausche man einer Wölbzither oder anderen fernöstlichen Saiteninstrumenten. Gänzlich anders kommt „Prelude Oblique“ daher. Gleichsam einem Parforceritt über die weißen und schwarzen Tasten wohnen wir bei. Auffallend sind die rhythmischen Beiklänge in „Kuusikko“. Dabei muss man durchaus an eine Kalimba denken. Doch nur das Omniwerk ist als Instrumentierung aufgeführt! Beim Zuhören vermeint man, das Pianospiel als das Spiel des Windes mit der Oberfläche eines riesigen finnischen Sees begreifen zu können. Kabbelige Wellen drängen sich vor dem geistigen Auge als Bild auf, ehe wir uns dem „Bonfire Ballet“ zuwenden und Cembalopassagen wahrnehmen, die wenig nachklingen. Sprunghaftigkeit ist kennzeichnend für das Spiel am Flügel, dem der Cembaloklang untergelegt ist. Und wer zeigt nun Pirouetten und Tanz auf den Zehenspitzen? Rollende Klangfolgen sind im weiteren Verlauf des Stücks zu erleben. Dabei folgt das Cembalo zeitweilig den Flügelpassagen, zeigt sich im Verlauf auch ein wenig im Rockmodus.

Einem Malstrom gleicht das, was wir bei „Great Expectations“ wahrnehmen können. Zugleich scheint auch das Bild einer schlanken Windhose durchaus bildhaft das zu erfassen, was wir hören. Wüsste man nichts vom Omniwerk, müsste man annehmen, Rissanen wäre bei diesem Stück an einer Wasserglasorgel zugange. Im Finale heißt es dann „One Goes In Straightforward Ways“.

Fazit: sehr abwechslungsreiche Solopräsentation mit ungeahnten Tiefen und Höhen, auch dank des Omniwerks.

© ferdinand dupuis-panther

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