29. Internationale St. Wendeler Jazztage, Finale am 22.September 2019

David  Helbock Trio und SOMI



Der Sonntagvormittag gehörte den Kindern und Familien, stand doch das Mitmachprogramm „Frau Gerburg verkauft den Jazz“ auf dem Programm. Das eigentliche Finale läutete am späten Nachmittag  der österreichische Pianist David Helbock mit  seinem  Trio ein, Motto “Into the Mystic”. In der Konzertankündigung lesen wir: „Der gewiefte Sound-Tüftler und konsequente Spurensucher am Puls der Zeit besticht in all seinen Projekten, ob solistisch oder im Trio, durch seine Konsequenz der Grenzsprengung, gepaart mit großer Virtuosität.“

Neben dem Pianisten aus Voralberg, der zurzeit sehr erfolgreich sein jüngstes Soloalbum mit Filmmusik von John Williams auf einer ausgedehnten Konzertreise ebenso vorstellt wie weiterhin mit Random Control und Into the Mystik unterwegs ist, standen der Bass-Ukulele-Spieler Raphael Preuschl und der Drummer Reinhold Schmölzer auf der Bühne.

Um es vorwegzunehmen: Das Publikum war vom Auftritt begeistert. Es gab Standing Ovations und so ließen sich die drei Musiker aus Österreich auch nicht lange bitten und gaben noch zwei Zugaben: Zunächst einmal tauchte der Saalbau zum Abschluss in den „Krieg der Sterne“, dank an David Helbock, der die Filmmusik von John Williams gekonnt adaptierte und interpretierte, und dann als wirkliches Konzertende „A Child Is Born“ von Thad Jones.




Nicht allein Beethovens 7. Symphonie

Doch erst einmal alles auf Anfang und auf die unerwartete Konzerteröffnung mit David Helbocks ganz einzigartigem Zugang zu „Beethovens 7.Symphonie, 2.Satz“. Teilweise hatte der österreichische Pianist sein Grand Piano präpariert – und der Flügel war wirklich ein wahrer Klangkoloss auf der Bühne. Zu Beginn dachte der eine oder andere im Saal wohl weniger an Beethoven, sondern eher an Filmmusik zu einem Fantasyfilm. Basslastiges traf auf perlenden Diskant. Man musste zeitweilig an den Tanz einer Furie denken. Bilder eines Malstroms wurden durch das Spiel von David Helbock außerdem evoziert. Ab und an griff der Pianist auch in den Korpus des Grand Pianos und brachte die Saiten zum Schwirren. Sacht war das Spiel von Reinhold Schmölzer auf Snare und Hi-Hat dazu.


Für eine gewisse Erdung des Stücks sorgte Raphael Preuschl an der Bass-Ukulele, die im Trio den klassischen Kontrabass ersetzte. Dabei war es dann am Ukulele-Spieler durch Paraphrasierungen den Faden aufzunehmen, den David Helbock versponnen hatte. Das Furiose wandelte sich ins eher Lyrische. Doch dieser Stimmungswandel war nur kurzzeitig wahrnehmbar, dann driftete der Vortrag in einer Art „Wagnerschen Wahn“ der „Götterdämmerung“ zu.

Es folgten dann drei Kompositionen von David Helbock. Zunächst war „Masks“ zu hören, dann „Eros“ und schließlich „The Soul“. Elektronische Effekte, die mit Gurgeln annähernd zu beschreiben sind, trafen bei „Masks“ auf kristallin anmutende Piano-Passagen. Dazu schlug der Stick, in der Hand von Reinhold Schmölzer, an den Rand des großen Beckens. Eine Art Sirren und Schwirren war zu hören. Vernahm man da nicht auch Loops? Im Fortgang hatte man das Bild vor Augen, man fahre durch ein Höhlensystem ins Jenseits, begleitet von Tropfen, die auf die Wasseroberfläche schlagen und den Widerhall des Aufprall in dem Höhlensystem. Gestrichen wurde die Snare, gewischt die Becken. Vorboten eines Wolkenzuckens, eines niedergehenden Gewitters? Doch nach diesem „Zwischenfall“ war dann das Lyrische mit klassischer Konnotation vorherrschend.


Die frei schwebende Seele und ...

Den Liebesgott ließ das Trio in St. Wendel musikalisch sein Werk tun und seine Pfeile verschießen, ehe es um die Seele ging, die frei sein will, so eine persische Legende, auf die sich Helbocks Komposition „The Soul“ bezieht. Das Freie und Freigeistige waren in jedem Moment des Vortrags zu spüren. Losgelöstheit unterstrich David Helbock in seinem Tastenspiel. Drama und Tragödie schienen gegenwärtig, im Widerstreit von Seele und Körper, die dank der Musik dann doch mit dem Körper verschmolz. Raum gab es für ein stark gemustertes Drumming und auch für solistische Passagen der Ukulele.


Einen Gospel-Einschlag konnte man bei „Theme from E.T. (John Williams)“ durchaus verzeichnen. Tänzerische Leichtigkeit war zu konstatieren, aber auch musikalische Sequenzen, die an Gefahren und ans Geheimnisvolle denken ließen. Nicht allein Kompositionen von David Helbock standen auf dem Programm des Konzertnachmittags, sondern mit „Blues pour Frédérique“ ein Stück aus der Feder von Raphael Preuschl. Sehr elegisch schien der Charakter des Stücks. Eher Grautöne tauchten beim Zuhören im Kopf auf. Und schließlich meinte man, beim Solo von Raphael Preuschl ein Kinderlied bzw. Wiegenlied ausmachen zu können.


Plink, Plank, Plonk - Monk


Einer Ikone des Jazz, Thelonious Monk, hat David Helbock seine Komposition „ Spiritual Monk“ gewidmet. Und gewiss hier und da vernahm man „Plink, Plank, Plonk – Monk“, sprich diese recht typischen Setzungen, die für Monk so charakteristisch sind.  Hatte Helbock nicht auch einige Passagen aus bekannten Jazzstandards eingebaut?  Mit „Mother Earth“ (David Helbock) endete das eigentliche Konzert sehr fulminant. Dabei zeigte David Helbock nicht zum ersten Mal während des Konzerts Körperarbeit, sprich das Aufspringen vom Piano-Bank, das in die Luft werfen der Arme und andere beinahe „theatralische“ Gesten. Die eigene Musik riss ihn quasi mit, und nicht nur ihn.

Doch zunächst gehörte Reinhold Schmölzer die ungeteilte Aufmerksamkeit bei seinem Drumming-Solo. Doppelschläge auf die Tom und kurzatmiges Schlagen der Snare nebst „Becken-Gezische“ gehörten zu diesem Solo. Die Bühne gehörte für geraume Zeit allein dem Drummer. Erst im weiteren Fortgang kamen David Helbock und Raphael Preuschl wieder auf die Bühne, die sie zuvor verlassen hatten. Eine Melange aus Funk und Blues schien sich bisweilen über das Publikum zu ergießen. Auch rockige Passagen waren auszumachen, so als wären für kurze Zeit Deep Purple anwesend.  Klangeruption folgte auf Klangeruption. Danach waren alle Anwesenden schier begeistert. Dass es zwei Zugaben gab, wurde schon weiter oben erwähnt.


Den Schlussakkord setzte dann SOMI aus den USA. Die Presse feiert Somi als neue Nina Simone, Miriam Makeba oder Dianne Reeves. Ihre Wurzeln liegen in Ruanda und Uganda. In ihrem Songwriting beobachtet sie aufmerksam und kommentiert scharfzüngig. So war es im Vorwege des Konzerts zu lesen. Ihre vorgetragenen Songs verschmolzen anmutig afrikanisch gefärbte Grooves und Jazzgesang. Grand Finale ...

Und was wird wohl das Jubiläum 30 Jahre WND Jazztage in 2020 bringen? Lassen wir uns überraschen.

Text und Fotos: © ferdinand dupuis-panther


Informationen

WND Jazz
https://www.wndjazz.de/?p=2694

David Helbock Trio
https://www.davidhelbock.com/startde

https://www.jazzhalo.be/interviews/david-helbock-interview-mit-dem-aus-vorarlberg-stammenden-pianisten-anlaesslich-des-bei-act-erschienenen-albums-into-the-mystic/


https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/d/david-helbock-trio-aural-colors/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/d/david-helbock-purple/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/d/david-helbocks-randomcontrol-think-of-two/
https://www.jazzhalo.be/interviews/david-helbock-im-gespraech-mit-dem-oesterreichischen-pianisten/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/h/helbock-raab-what-s-next-i-don-t-know/


Raphael Preuschl
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Reinhold Schmölzer
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