Martin Auer 4tet: Our Kind Of …

Martin Auer 4tet: Our Kind Of …

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martin auer Laika Records, Laika 3510316.2

Ein Wagnis ist es gewiss, sich Miles Davis' Album „Kind of Blue“ vorzunehmen, schließlich ist dies eines der berühmtesten Alben der Jazzgeschichte. Mehr als ein halbes Jahrhundert sind seit der beeindruckenden Einspielung vergangen. Neben Miles Davis waren Cannonball Adderley, Bill Evans, Paul Chambers, John Coltrane und Jimmy Cobb an dem Meisterwerk des Jazz in Blau beteiligt. Nun also versucht sich Martin Auer an der Bearbeitung von „So What“, „All Blues“, „Flamenco Sketches“ und „Freddie Freeloader“.

 

Gegen die Bearbeitung derartig brillanter Kompositionen mit dem Ziel, sie in die Gegenwart zu holen, ist gar nichts einzuwenden. Die Frage nach der Form muss allerdings gestellt werden. Eigentlich bleiben nur die Fragmentierungen der Originalkompositionen und die Hinwendung zu freien Formen, die hier und da die Themen von Miles durchscheinen lassen. Welche Intention jedoch Martin Auer bei seinem Projekt hatte, sagt er selbst: „Das Album gehört zum Basiswortschatz eines Jazzmusikers. Dennoch wären wir nie selbst auf die Idee gekommen, unsere eigene Version zu machen“. Warum jedoch spielt der in Berlin lebende Trompeter, der bereits fünf Alben mit Eigenkompositionen herausgebracht hat, gerade dieses Miles-Album ein und das in einer Besetzung, die in der Instrumentierung dem Original weitgehend entspricht? Wahrscheinlich wäre dieses Projekt nie zustande gekommen, wenn nicht der Veranstalter des Jazzfestes 2011 Martin Auer gebeten hätte, eine eigene Version von „Kind of Blue“ zu produzieren. Die Kulturförderung des Bayer-Konzerns wurde auf Auer und seine Band aufmerksam und lud sie nach Leverkusen ein, um das Projekt vorzustellen. Am Ende stand die Zusage eines potenten Sponsors: BAYER Kultur finanzierte die Produktion. Selbstbewusst erklärt Martin Auer: „Wir betrachten unsere Bearbeitung nicht als Konkurrenz zum Original, sondern beleuchten es auf unsere Art, lassen es in einem anderen Licht erstrahlen.“

Jeder der fünf Musiker durfte ein Stück von „Kind of Blue“ neu arrangieren. Dabei stammt aus Auers Feder „Flamenco Sketches“. Martin Auer scharte in seinem Quintett junge Top-Musiker um sich: Florian Trübsbach (alto- / soprano-sax) – für die Einspielung des Originalalbums spielten Cannonball Adderley Altsaxofon und John Coltrane Tenorsaxofon –, Jan Eschke (piano), Andreas Kurz (bass) und Bastian Jütte (drums).

Dem Rezensenten schien das Projekt so gewagt, dass er vor dem Abhören von „Our Kind of Blue“ erst einmal in die Miles-Aufnahmen hineinhörte. Zwar hat das Auer 5tet auf das Tenorsaxofon verzichtet, das in den Miles-Aufnahmen Trane spielt. Dafür aber wurden mit Alt- und Sopransaxofon „Our Kind Of ...“ andere Tonfarbe beigemischt. Wer sich beide Aufnahmen anhört, der muss feststellen, dass sich Auer und seine Musikerkollegen in den Arrangements sehr stark am Original orientieren. Vergleicht man dies mit zeitgenössischen Bearbeitungen von dem Jazz-Titan Thelonious Monk – so von David Helbock Random/Control – dann fällt schon auf, dass Auer bereits bei der Wahl seiner Formation die Weichen gestellt hat, während David Helbock mit seinen begleitenden Multiinstrumentalisten Johannes Bär und Andreas Broger andere Wege einschlug, um eine Hommage an Monk einzuspielen.

Die Nuancen zwischen Original und Bearbeitung sind beim Auer 5tet nur minimal. Meist sind die Bläserchöre genauso satt. Die Einführung z. B. bei „So What“ ist viel länger als bei Miles, bei dem die „Zweiakkordigkeit“ als Betonung der beiden Worte von „So What“ sehr auffällig ist. Doch reicht das?

An den Trompetenpassagen von Auer hätte Miles gewiss nichts auszusetzen. Aber auch bei diesen fragt man sich, was darin das Neue ist. Irgendwie beschlich den Rezensenten beim Hören der fünf Miles-Titel von Auer & Co der Eindruck, dass die Ikone Miles Davis doch unberührt bleiben sollte. So hat man es denn bei einigen Variationen belassen, das Klangbild aber weitgehend beibehalten. Gewiss, Auer und Co. präsentieren ihr vorhandenes Können. Doch ihr Zugang zu Miles ist m. E. sehr konventionell. „Kind of Blue“ wurde nicht durch Free Jazz verfremdet oder durch Fusion rockiger gemacht, sondern eigentlich ist. „Our Kind of ...“ mehr oder weniger „Kind of Blue“.

© ferdinand dupuis-panther

Informationen

Laika Records
www.laika-records.com

Musiker

Martin Auer
www.martin-auer.com
http://martinauer.de/

Bastian Jütte
www.bastianjuette.com

Miles Davis

Kind of Blue
https://www.youtube.com/watch?v=FEPFH-gz3wE

Blue in Green
https://www.youtube.com/watch?v=PoPL7BExSQU

Flamenco Sketches
https://www.youtube.com/watch?v=F3W_alUuFkA

CD Miles Davis: Kind of Blue, remastered, MJR, veröff. 2012


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