Marc Doffey Quintett: Taking Direction

Marc Doffey Quintett: Taking Direction

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Mons Records MR 874594

„Taking Direction“ – so lautet der mit Bedacht gewählte Titel des Debütalbums der so jungen wie brillanten Formation um den Berliner Saxofonisten Marc Doffey. Im Waschzettel lesen wir: „Einerseits als Statement für die Geschlossenheit und die gemeinsame Wandlungsfähigkeit der fünf Musiker stehend, greift er andererseits den letzten Zeilenanfang des Textes fünf Perspektiven der Sängerin Sabeth Pérez auf, dessen musikalische Bearbeitung und Interpretation das Herzstück dieser Produktion bildet. Eingefasst wird dieser Zyklus von ausgewählten Stücken aus der Anfangszeit des Quintetts, bei denen auch bereits deutlich die besondere Ästhetik ihres lyrischen und fließenden Charakters besticht.“

Um es vorwegzunehmen: Wer lyrisch angelegten Jazz mag und zudem Vocals nicht abgeneigt ist – in Gestalt von eher Songhaften wie des Scat Vocal –, der bekommt von der Band rund um den Berliner Saxofonisten Marc Doffey einiges geboten, angefangen bei „Die beschwerliche Reise des Hanghuhns“ (comp. Betram Burkert) über „Reunion“ (comp. Marc Doffey) und „Shapes of Lights“, ebenfalls aus der Feder des Bandleaders, sowie „Shades of the night and cities of light“ (comp. Sabeth Peréz) bis hin zu „Sea Glow“ (comp. Marc Doffey) und schließlich „Friendly Waves“ (comp. Sabeth Peréz).

Was ein wenig befremdet, ist die Einbettung einer Suite mit Intro, Interludes und Outro in jeweils zwei Kompositionen am Anfang und am Ende, die nicht Teil dieser Suite sind. Warum sich die Band nicht auf die Suite beschränkt hat, ist nicht ganz nachzuvollziehen.

Neben dem Tenorsaxofonisten und Klarinettisten Doffey gehören der Band die Sängerin Sabeth Pérez, der Gitarrist Bertram Burkert, der Kontrabassist Thomas Kolarczyk und der Drummer Fabian Rösch an.

Ob ein Hanghuhn auch reisen kann, lassen wir mal bei der Beschreibung des ersten Songs, in dem es um eine beschwerliche Reise des besagten Huhns geht, mal unberücksichtigt. Mit einem sehr schönen Klanggemisch mit Scat Vocal, sprich der Stimme von Sabeth Pérez, Gitarrenschmeicheleien von Bertram Burkert und mit der Verspieltheit des Atemrohrs, die sich an Sabeth Pérez Stimmlage anlehnt und zugleich auch deren Scat Vocal kommentiert, beginnt der Song. Gitarre und Saxofon sind nachfolgend dann mit dem Schlagwerk verbandelt und folgen ihren eigenwilligen Klangeskapaden. Dabei sind beide Musiker mit ihren ganz unterschiedlich akustisch gefärbten Instrumenten nie überschäumend oder gar aufbrausend. Alles scheint vielmehr zu fließen, auch ein wenig dahinzurinnen. Hier und da vermeint man, beim Solo von Bertram Burkert auch eine klassische Note heraushören zu können.

Gleich zwei Einführungen sind dem Song „Day is over“ (comp Bertram Burkert) vorgesetzt, eine allgemeine und eine, die sich expressis verbis auf den genannten Song bezieht. Das ist ein wenig überraschend. Warum denn bitte zwei Einführungen? Eine hätte doch für die Suite gereicht, oder?

Nach einer kurzen Einführung mit Weichzeichner erhebt Sabeth Pérez ihre sehr klare Stimme, um lyrischen Zeilen anzustimmen. Leider hat man bei der Herausgabe des Albums genau auf die Veröffentlichung dieses Textes verzichtet. Sind nicht aber die Texte von wesentlicher Bedeutung und nicht nur Beiwerk? Warum aber, stellt man diese dann nicht mehr in den Fokus des Albums, zumal Sabeth Pérz innerhalb der Band eine durchaus tragende Rolle zukommt.

Wie ein nebliger Klangschleier zieht der Song am Ohr des Zuhörers vorbei. Dabei prägt vor allem der Gitarrist der Band durch sein wenig verschnörkeltes Spiel die Hörfarbe. Ihn ergänzt wispernd, gurrend, triumphierend und säuselnd der Saxofonist Marc Doffey. Dieser hat zugegebenermaßen eine viel stärkere klangliche Durchsetzungskraft als der Gitarrist und die Sängerin der Combo. Durch das Atemrohr wird der Song mit einer gewissen Dramatik angereichert und plätschert nicht einfach nur dahin.

Kommen wir nun zu „Shades of the Night and Cities of light“ aus der Feder der Vokalistin Sabeth Pérez: Zum tiefen Klarinettenklang heißt es unter anderem „Shades of the day fading away ...“ Stimme und Klarinette vereinen sich auch im Weiteren, sich auf zwei parallel verlaufenden Linien bewegend. Ein nervöses Schlagwerk mischt sich mit kurzem Taktaktaktak ein. Wuchtig kommt die Bassklarinette nachfolgend daher, und auch der gestrichene Bass ist präsent. Ein bisschen infernalisch klingt es, was wir im Anschluss wahrnehmen. Dann wird es auch noch rockig, wenn Bertram Burkert seine E-Gitarre summen, schwirren, knurren und fauchen lässt. Insgesamt könnte man von bunten Klangfacetten reden, die uns zwischen Licht und Schatten dargeboten werden.

Im nachfolgenden Zwischenspiel scheinen sich die lautmalende Stimme und Gitarrenvibrationen zu einer Form des Sphärischen zu vereinen. Dabei sind durchaus freischwebende Elemente wie im Free Jazz zu entdecken.

Vom Drummer Fabian Rösch stammt das nun folgende Stück „Fabian's View“: Es ist aber nicht am Drummer den musikalischen Reigen zu beginnen, sondern am Gitarristen, der die Sängerin begleitet, derweil das Schlagwerk im Hintergrund mehr oder minder nur zu erahnen ist, weil Rösch sehr zurückgenommen und sensibel an Blechen und Fellen agiert. Neben lyrischen Zeilen vernimmt man aber auch textlose Stimmgewalt und Klangkaskaden des Gitarristen. Nachhaltig drängt sich dann Marc Doffey mit seinem Atemrohr auf und präsentiert uns einen durchscheinenden Klangvorhang.

Im Anschluss ans „Outro“ heißt es „Sea Glow“, sprich „Meeresglühen“: Lauscht man dem Spiel von Marc Doffey und Bertram Burkert sowie dem Lautgesang von Sabeth Pérez denkt man eher an Wellenreiten, an das Auf und Ab von Wellenbergen und -tälern, an eine sich ganz und gar nicht beruhigende See. Wie soll denn aber ein Meer glühen?. Das wäre nur im übertragenen Sinne denkbar, wenn die rot glühende Abendsonne auf die Wellenkronen trifft, oder? Maritim bleibt die Combo dann auch mit dem abschließenden Stück „Friendly Waves“.

text © ferdinand dupuis-panther

Informationen

Label
Mons Records
http://www.monsrecords.de

Musiker
http://www.marcdoffey.com/




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