Majid Bekkas - Nguyên Lê - Hamid Drake Jazz at Berlin Philharmonic XVII Gnawa World Blues

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ACT
„Drei Kontinente - drei musikalische Weltbürger: Beim Gipfeltreffen im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie bündeln ein Marokkaner, ein Franko-Vietnamese und ein US-Amerikaner ihre Roots und ihre globalen Erfahrungen zu einem soghaften Bühnengeschehen. Das Ergebnis oszilliert zwischen Desert Blues, Gnawa-Trance, Orient-Jazz, Sixties-Rock und südostasiatischer Gelassenheit.“ So liest man es im Pressetext des Labels zur aktuellen Veröffentlichung.
Spätestens bei „Boom Boom“ war der Funken auf die Zuhörer übergesprungen, auch wenn man keine Zwischenrufe oder Zwischenapplaus des Publikums vernahm. Großartig der Gesang von Majiid Bekkas und die Gitarrenriffs von Nguyên Lê. Da wurde Rhythm `n Blues mit jaulender und wimmernder Gitarre zelebriert, überzeugte Bekkas mit seinem Timbre. Er und Lê ließen John Lee Hooker und manch anderen „Rockstar“ der 60er und 70er Jahre wieder auferstehen, revisited sozusagen. Doch auch zuvor beeindruckte das Dreiergespann mit Lê, Bekkas und Hamid Drake, unter anderem mit „Gore Blues“!
Nachfolgend und nach kurzem frenetischen Zwischenbeifall erleben wir „ Ascending Dragon“ ein Stück, das uns musikalisch ein Stück Fernost nahebringt, zeitweilig gepaart mit der Rhythmik Nordafrikas. Nguyên Lê lässt uns mit seinem Saitenspiel denken, er würde eine asiatische Wölbzither spielen. Weit gefehlt. Und welches Instrument erklingt da, das wie ein Balafon anmutet? Und singt da Nguyên Lê gar mit zarter, weicher Stimme? Ja, das muss man alles annehmen, ohne allzusehr zu spekulieren. Melodische Linien werden ausgebreitet und fürwahr die lassen von der Akustik her an ein Lamellophon denken. So unternehmen wir eine Reise, die von der Berliner Philharmonie, dem Ort der Live-Aufnahmen, in die Heimat des franko-vietnamesischen Gitarristen führt. Dieser erweist sich mit diesem Stück als wahrer Vertreter von Weltmusik, erst ein veritabler Blues wie „Boom Boom“ und dann eine fernöstliche Weise. Der Beifall nach dem Stück war anhaltend.
Und anschliessen gelang ein erneuter Stilwechsel, wenn nicht gar Stilbruch: Jimi Hendrix mit „Purple Haze“ stand auf dem Programm. Und Bekkas interpretierte in seiner Art gesanglich diesen Hit des Gitarrengenies Jimi Hendrix, Kind der Generation 27. Und was geschah im Publikum? Wir wissen es nicht, ob getanzt wurde oder nicht. Begeisterungstürme wurden während des Gitarrenspiels auch nicht aufgezeichnet. Oh, gab es da auch noch Synth-Klänge zu hören? Nein, auch das war wohl dem franko-vietnanesischem Gitarristen zu verdanken.
Bekkas wechselte außerdem im Verlauf in Gnawa-Gesang, oder? Nachfolgend hört man Bekkas auf der arabischen Laute, die ihre Stärke durchaus in den tiefen Lagen hat. Gesanglich trat der marokkanische Musiker bei „Tair“, aus der Feder des Guembri- und Oud-Spielers, in Erscheinung. Das Zusammenspiel von Oud und Gitarre beeindruckt. Zudem brilliert Bekkas auf der Oud, die ja ähnlich wie das Banjo wenig Nachklang besitzt. Es wäre abwegig davon zu sprechen, die Musik würde die Zuhörer ähnlich wie die Musik der Sufis in Trance versetzten. Doch etwas von 1001-Nacht geht von ihr schon aus: Myrrhe und Weihrauch, Schlangenbeschwörung und Reiterspiele – all das bündelt sich in der Musik, oder? Den Schlussakkord bildet ein traditionelles Stück namens „ Sidi Bouganga“, das vom nachdrücklichen Spiel auf Guembri und Gitarre lebt. Übrigens: Frenetisch war der eingefangene Schlussapplaus, der sich eigentlich nach einem Encore anhörte. Gab es eines? Fazit: Das Album ist ein Klanggenuss und erlaubt zumindest musikalisch eine Reise in ferne Welten.
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Info
act music
Musicians
Majid Bekkas guembri, oud & vocals
Nguyên Lê guitar & backing vocals
Hamid Drake drums
Tracks
01 Gore Blues (Majid Bekkas) 08:02
02 Mrahba (Traditional) 05:04
03 Boom Boom (John Lee Hooker) 07:29
04 Ascending Dragon (Nguyên Lê & Majid Bekkas) 09:07
05 Purple Haze (Jimi Hendrix) 06:10
06 Tair (Majid Bekkas) 08:03
07 Sidi Bouganga (Traditional, arr. Majid Bekkas) 05:45