Leszek Możdżer / Lars Danielsson / Zohar Fresco – Beamo

L
ACT
Als Leszek Możdżer, Lars Danielsson und Zohar Fresco im Juli 2004 zum ersten Mal gemeinsam in Warschau auftraten, konnten nur wenige vorhersehen, dass sich dieses Trio zu einem der beständigsten und meistbeachteten Ensembles des europäischen Jazz entwickeln würde. Jetzt, zu ihrem 20-jährigen Jubiläum schlägt die Band mit „Beamo“ ein neues Kapitel auf. Laut Leszek Możdżer ist „Beamo“, der Titel des Albums, "ein Spiel, ein Code, und es liegt am Hörer, dessen versteckte Botschaft zu entschlüsseln... Es könnte eine Anspielung auf das lateinische Wort "amo" sein, das für die Eigenschaften der Liebe steht. Oder eine Referenz an das englische Wort „Ray“ - als Symbol für einen Lichtstrahl. Es ist ein Rätsel, ein multidimensionales Manifest - und das kürzestmögliche Gedicht.“ Dies sind Auszüge aus dem Pressetext zum vorliegenden Album.
Mit Ausnahme von „Enjoy the Silence“ stammen alle sonstigen Kompositionen aus der Feder der Mitglieder des Trios. Während mit der „Geniesse die Stille“ das Album beschlossen wird, beginnt es mit „Ambio Bluette“: Kristallines verschmilzt mit dem dunklen Timbre des Basses. Dabei scheint es, als würden sich der Pianist und der Bassist ein melodisches Liniengebilde teilen. Doch nicht nur der Bassist Lars Danielsson weiß um die erdigen Töne, sondern auch der polnische Pianist Leszek Możdżer. Fragiles vernimmt man bei der Komposition von Danielsson namens „Cattusella“. Hört man zu, dann nimmt man wahr, dass diese Komposition in ihrer konzertanten Ausprägung durchaus eine Nähe zu den Veröffentlichungen des Bassisten mit dem Titel Liberetto hat. Dabei ist es gleichgültig, ob er den Bass sanft zupft oder zudem noch weitere Streicher erklingen und der Pianist in den Perlenfluss des Klangs eintaucht.
Die nachfolgenden fünf Kompositionen sind das Werk des Pianisten, angefangen bei „Beamo“ und endend bei „Appropinquate“. Deutlich hörbar ist die Rahmentrommel in „Beamo“, gespielt von Zohar Fresco. Und dazu vernimmt man das glasklare Klangspiel des Pianisten. Man möchte meinen, man höre Eiszapfen brechen bzw. feinste Tropfen Wasser auf die Oberfläche eines ruhig daliegenden Sees fallen. Bei „Beamo“ gibt es auch Klangerlebnisse, die an einen schmalen Wasserfall denken lassen, der in die Tiefe stürzt oder an Tropfen, die durch den Karst dringen und zu Stalagmiten werden. Von dem Klangspektrum her gleicht „Kurtu“ den anderen zuvor genannten Stücken. Alle eint ein lyrisches Konzept und eine musikalische Poesie, zu der auch der Rahmentrommelspieler mit distinktem Schlägel beiträgt. Vor allem aber sind an der farbigen Ausformung der Pianist und Bassist maßgeblich beteiligt. Panta Rhei – das scheint die Spielidee der beiden. Zugleich hat dieses Stück durchaus etwas von Pop- und Rockmusik, insbesondere angesichts der sehr rhythmisch ausgeprägten Konnotation.
„Gilado“ ist Teil des „Zyklus“, den der Pianist vorstellt. Wie ein transparenter Vorhang von Klangelementen erscheint das, was wir hören. Dazu gehört auch das von Lars Danielsson gespielte Cello. Wie zuvor ergeht sich der Pianist im Diskant, der über dem Klang des Cellos schwebt. Oder ist es ein gestrichener Bass, den wir da erleben? Sprudelnde Tastenklänge ergießen sich im Klangraum und dazu hören wir den Bassisten mit zartem Bassgezupfe. „Appropinquate“ ist ein schnell gesetztes Stück, beinahe als ein Tanz zu dechiffrieren oder aber als mittelalterliche Minne-Musik, oder?
Nachfolgend noch einige Worte zu „Jacob’s Ladder“ (Fresco) und zu „Eilat“ (Danielsson). Besteigen wir mit dem Stück ein Fitnessgerät geichen Namens das das Treppensteigen simuliert? Oder welchen anderen Bezug gibt es? Auch ein biblischer Bezug erscheint denkbar. Doch ist die Frage, welche Relevanz der Titel hat und welchen Bezug es zur Musik gibt. Der Höreindruck ist jedenfalls der, dass die Musik zur Kontemplation einlädt und nicht zur physischen Verausgabung antreibt. Der Dank dafür gilt dem Perkussionisten Zohar Fresco. Einem Popsong mit Gesang fernab von Lyrik gleicht „Eilat“. Fresco hat sich in diesem Stück gesanglich verewigt. Ob man auch ein wenig in die Sphäre von New Age driftet, das mag der Hörer individuell entscheiden.
© fdp 2025
ACT MUSIC
Musicians
Leszek Możdżer
Fazioli piano (A = 440 Hz equal temperament)
Steinway piano (A = 432 Hz equal temperament)
Östlind & Almquist piano (A = 440 Hz decaphonic tuning)
Lars Danielsson
double bass, cello & viola da gamba
Zohar Fresco
frame drums, percussion & vocals
Tracks
01 Ambio Bluette 4:14 (Możdżer)
02 Cattusella 5:35 (Danielsson)
03 Beamo 3:05 (Możdżer)
04 Kurtu 5:15 (Możdżer)
05 Linkability 5:12 (Możdżer / Danielsson)
06 Brim On 4:20 (Możdżer)
07 Gilado 3:51 (Możdżer)
08 Appropinquate 3:44 (Możdżer)
09 Decaphonesca 2:37 (Danielsson / Możdżer)
10 Feu d’Or 4:28 (Możdżer)
11 Jacob’s Ladder 4:57 (Fresco)
12 Eilat 3:37 (Danielsson)
13 Enjoy the Silence 5:53 (Martin Gore)