Lôro Malandro feat. Jorge Pardo – Enrumbado

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Dodicilune
Lôro Malandro besteht aus dem sizilianischen Akkordeonisten Antonino De Luca, der heute in der Region Marken lebt, und dem Saxophonisten Leonardo Rosselli aus den Marken, mit der besonderen Mitwirkung des spanischen Flötisten Jorge Pardo, der aufgrund seiner Fähigkeit, Jazz und Flamenco zu verbinden sehr geschätzt wird.
Das Album ist ein einzigartiges Projekt – gewidmet dem brasilianischen Multi-Instrumentalisten und Komponisten Egberto Gismonti –, das die Begegnung zwischen Flamenco-Kultur, brasilianischer Kultur, der Welt der elektronischen Experimente und der konkreten Musik erforscht.
„Sicherzustellen, dass Populärmusik nicht immer gleich klingt und sich von Handwerk zu Kunst entwickelt, ist eine Herausforderung, die mich schon immer fasziniert hat. Vielleicht weil ich tief in den Flamenco eingetaucht bin, der dieses Gefühl zu seiner Religion macht, begegne ich immer wieder Künstlern, Musikern und anderen Enthusiasten, die dieses Gefühl zum Ausdruck bringen. Das ist es, was ich über das Musizieren mit Nino im Allgemeinen und diese Aufnahme im Besonderen denke.“, so im O-Ton Jorge Pardo.
Akkordeon trifft Saxofon trifft Flöte und eben nicht Flamenco-Gitarre – das ist das Credo des Duos De Luca-Rosselli. „Sevilla“ steht am Beginn der Verschmelzung von Jazz und Flamenco, der sich das Duo auf dem aktuellen Album widmet. Ein rhythmisierendes Akkordeon trifft auf den sanften Flötenklang, der Jorge Prado zu verdanken ist. Das Akkordeon, so hat es den Eindruck, fängt die Bewegung der Flamencotänzer und das harte Aufschlagen der Hacken auf den Dielen ein. Der Flötist ist eher derjenige, der die tänzerischen Schwünge in musikalische Formen umsetzt. Da scheinen Drehungen sich dicht an dicht zu zeigen; da gibt es Ausfallschritte, ein Innehalten und ein erneutes Drehen, das rüschige Kleid gerafft. Im Weiteren vernehmen wir den satten Klang eines Baritonsaxofons, gleichsam den Bassklang in den Händen haltend, und die bewegten Klänge des Zuginstruments, die uns die immer ekstatisch werdenden Bewegungen des Flamencos nahebringen.
Egberto Gismonti verdanken wir das nachfolgende Stück: „Palhaço“. Dabei vereinen sich Sopransaxofon und Akkordeon zu einer harmonischen Einheit, scheinen die Musiker eher einen Canto als Flamenco anzustimmen. Teilweise erinnert das Stück an den mehrstimmigen Gesang, der auf Sardinien a cappella gepflegt wird, oder? Die Klangfärbungen beeindrucken, auch die des Akkordeons, das in hohen Lagen zu vernehmen ist, fragil anmutend und kristallen im Klang.
Anschließend lauschen wir „Enrumbado“. Fern von klassischem Flamenco und eher eine Komposition, die für Paare gedacht ist, die sich in lateinamerikanischen Tänzen im Wettbewerb auf dem Parkett messen. Der Rhythmus liegt in den Händen des Zuginstrumentalisten, derweil der Saxofonist sein Tenorsaxofon erschallen lässt. Klangspirale fügt sich an Klangspirale. Temporeich geht es in diesem Stück zu. Doch Flamenco? Nun ja, es gibt ja viele Varianten davon und nicht alles ist Manitas de Plata oder Paco de Lucia. Bisweilen muss man auch an klassische Akkordeonmusik denken, wenn man De Luca solistisch erlebt. Teilweise nähert sich dann das Spiel dem des klassischen Bandoneon, das Teil des argentinischen Tangos ist, oder?
Aus der Feder des Akkordeonisten und des Saxofonisten stammt „Baião Quotidiano“: Ein klingelndes Telefon, ein Gewische, Geräuschkulisse, ein Saxofon in der Tiefe des Raums, Gerede, Wortfetzen – ein Stück so ganz aus der Art geschlagen bezogen auf die übrigen des Albums. Nach und nach mischt sich das Akkordeon in den „Geräuschsalat“, der nach klapperndem Besteck und nach Tütenknistern klingt. Und dann schellt auch schon wieder ein Telefon, eins-, zweimal... . Man dent wohl an Hör-Spiel, vertieft man sich in die Klanginszenierung. „Sintra“ folgt dann wieder einer eher klassischen Flamenco-Form. Bei diesem Stück ist auch der Flötist Jorge Pardo erneut mit im Spiel. Er bildet mit dem Saxofonisten eine sehr schöne Klangeinheit. Ach ja, was ist denn das, indischer Lautgesang (Konnakol) für einen Moment. Wunderbar ist zudem das eingebaute Solo des Saxofonisten, der sich voll ausleben kann.
„Mezzodì“ ist dem Saxofonisten zuzuschreiben: Weiche Saxofonlinien treffen auf energiegeladene „strichweise Akzente“ durch den Zuginstrumentalisten. Teilweise meint man, eine klagende Stimme zu vernehmen, wenn man dem Saxofonisten zuhört. Am Ende des Albums heißt es dann: „Suspirò Felicidad: Recerca und Resiliencia“. Zugabe, Zugabe, wenn man so will.
© fdp
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Musicians:
Antonino De Luca, accordion, efx, loop, synth
Leonardo Rosselli, soprano / tenor / baritone saxophones, efx
special guest Jorge Pardo, flute (1, 5)
Tracks
1) Sevilla
2) Palhaço
3) Enrumbado
4) Baião Quotidiano
5) Sintra
6) Mezzodì
7) Sparrow
8) Baião Quotidiano (Reprise)
Suspirò Felicidad:
9) Recerca
10) Resiliencia
All compositions by Antonino De Luca
except 2 by Egberto Gismonti; 4, 8 by Antonino De Luca, Leonardo Rosselli;
6 by Leonardo Rosselli