José Menezes - Hundred Umbrellas

José Menezes - Hundred Umbrellas

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self released

Der portugiesische Saxofonist und Komponist José Menezes arbeitet momentan an seiner Doktorarbeit und legt mit dem Album "Hundred Umbrellas" die erste CD unter eigenem Namen vor. Dabei steht auf der aktuellen Veröffentlichung die Musik von Erik Satie im Mittelpunkt, entweder im adaptierten Original oder als Quelle der Inspiration für Menezes’ Kompositionen “Erik Shakty” und “The Last Umbrella”.

Kurz und knapp einige Zeilen zu Erik Satie: Erik Satie gilt als Wegbereiter der neuen Musik, aber wird auch gerne von Jazzmusikern adaptiert. Dabei helfen die Klarheit und die Einfachheit seiner Werke, so auch „Gymnopédie 1“. Seine Liebesbeziehung zur Malerin Suzanne Valadon, die bereits Mutter eines Sohnes (Maurice Utrillo) war, scheiterte. Aus diesem Liebesdrama entstand eines seiner bekanntesten Chansons: „Je te veux“. 1898 übersiedelte er in den kleinen Ort Arcueil bei Paris. Im Alter von 40 Jahren  (1905) nahm er sein Musikstudium (Kompositionslehre und Kontrapunkt) wieder auf. Ungebrochen war trotz des Liebesaus mit Valadon Saties Interesse für die Bildende Kunst. Lebenslang waren Freundschaften und die  Zusammenarbeit mit Vertretern der damaligen Avantgarde, darunter Pablo Picasso, Georges Braque, Léonide Massine, Man Ray und vor allem Jean Cocteau. Dank Claude Debussy und Maurice Rave, die seine Kompositionen spielten, erlangte er ab 1911 eine gewisse Bekanntheit. Dennoch war Saties Leben von Geldsorgen geprägt und infolge seines jahrelangen Alkoholmissbrauchs starb er 1925. Er hinterließ Klavierwerke ebenso wie Chorstücke und Orchesterwerke. Teilweise tragen diese Kompositionen skurrile Titel, vielleicht auch bedingt durch Saties „Nähe“ zum Dadaismus.

Eröffnet wird das Stück „Gnossienne #4“ durch den Bassisten Carlos Barretto eröffnet. Doch Saxofonist und Trompeter lassen sich nicht zweimal bitten und stimmen mit ein. Dabei ist das Stück sehr lyrisch ausgeformt. Hier und da gibt es „melancholische Einschläge“, oder? Neo-Romantisches kann man teilweise in den Linien entdecken, die der Gitarrist vorträgt. „Verschnürt“ zu einem musikalischen Gebinde wird das Stück allerdings durch die beiden Bläser. Der Gitarrist sorgt im Verlauf immer wieder für feine Weichzeichnungen und Schraffuren. Hier und da könnte man sich bei der Musik an die von Nat und Cannonball Adderley erinnert fühlen, oder? Schwingen da nicht auch Mulligans tiefgründige Skizzierungen ab und an mit?

Wir  finden aber auch einen Ausschnitt von „Trois Morceaux en forme de poire“ (1903) auf der aktuellen Veröffentlichung. Dieses Stück erscheint im Duktus zwischen Couplet, Bänkellied und Chanson zu changieren. Zudem hört man eine gewisse Nähe zu Bertolt Brechts Dreigroschenoper heraus, vor allem bezüglich der stimmlichen Einlassungen von Trompeter und Saxofonisten. Im Laufe des Stücks könnte man zudem den Eindruck gewinnen, man wohne einer Burleske bei, oder? Und dann gibt es aber auch durchaus Verknüpfungen zur Rockmusik der 1970er  Jahren, wenn der Gitarrist solistisch agiert.

Wer annimmt, dass der Saxofonist José Menezes und der Trompeter Gonçalo Marques  gänzlich im musikalischen Fokus stehen, der wird beim Hören eines Besseren belehrt. Die schillernden Klangfärbungen werden nämlich nachhaltig vom Gitarristen Mario Delgado geprägt. Hier und da scheinen Fusion und Jazz Rock sowie Hardbop präsent. Auf alle Fälle hat Menezes ein Ensemble geformt, dass nicht statisch ist, sondern sich temporär in „Untergruppen“ gliedert. So sind rotierende Solos keine Besonderheit. Jeder der Musiker darf seiner Stimme einen Raum geben. Dabei ist das vereinte Gebläse nicht zu überhören, auch und gerade bei „Gymnopédie #1“. Das Zusammenspiel von Trompeter und Saxofonist gleicht streckenweise einem brodelnden Vulkan oder einem rauschenden Wasservorhang, der über Felsklippen talwärts schießt. Das gilt bildlich gesprochen zum Teil auch für „The Last Umbrella“. Doch viel auffallender ist die Fragmentierung und das Mosaikhafte des Stücks. Es atmet den unbändigen Geist von Free Jazz. Da sieht man klanglichen Funkenflug, glaubt ein grelles Feuerwerk zu erleben. Eine erdige Klangnote und eine Farbskala von Umbra nach Siena erleben wir, sobald der Bassist in die Saiten greift. Da ist dann von Fragmentierungen nichts mehr zu spüren, sondern von stetem Fluss bis zum Ende. Fürwahr ungewöhnlich, dass mit einem Basssolo ein Stück ausklingt, oder?

© ferdinand dupuis-panther




Info

http://www.josemenezes.pt

BANDCAMP

Line-up

José Menezes - soprano, alto and tenor saxophones
Gonçalo Marques - trumpet
Mário Delgado - eletric guitars
Carlos Barretto - bass
José Salgueiro - drums and percussion



Tracks
1.Gnossienne #4 07:08
2.Fils des Étoiles 06:53
3.Gymnopédie #2 / Erik Shakty 07:42
4.Redite (from "Trois Morceaux en Forme de Poire") 06:09
5.Gymnopédie #1 07:10
6.The last Umbrella 03:32


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