Jonathan Zwartz – Animarum

Jonathan Zwartz – Animarum

J

independend release

Der Bassist, Komponist und Songschreiber Jonathan Zwartz, in Neuseeland geboren und in Australien lebend, gilt als eine der wichtigen Persönlichkeiten der australischen Jazzszene. Er hat unter anderem mit nachstehend Genannten zusammengearbeitet: Pharoah Sanders, Branford Marsalis, Kurt Elling, Andy Bey, Johnny Griffin, Mark Murphy, Terri-Lynn Carrington, Lionel Loueke, Nigel Kennedy, Cleo Lane, Larry Goldings, Katie Noonan, the Church, Renee Geyer, Jon Stevens, James Morrison, The Vampires und Vince Jones.

Bereits sein Debütalbum sorgte für Aufsehen und wurde mit dem angesehenen Bell-Preis (Jazz Ensemble of the Year and Jazz Song of the Year, 2010) ausgezeichnet. Nunmehr liegt mit „Animarum“ sein drittes Album vor. Neben der Arbeit an eigenen Alben komponierte Zwartz Filmmusiken für Dokumentarstreifen wie „The Scribe“ (2017) sowie „Backtrack Boys“ (2018) und für eine Reihe von Kurzfilmen. Zwartz besitzt einen Masterabschluss in Musik, den er an der Australian National University erworben hat. Zudem schloss er am NSW Konservatorium seine Jazzstudien mit einem Diplom ab.

Für das vorliegende Album hat sich der Bassist mit folgenden Musikern umgeben: Barney McAll (piano), Julien Wilson (sax), Phil Slater (trumpet), James Greening (trombone), Richard Magraith (reeds), Steve Magnusson (guitar), Hamish Stewart (drums) und Fabian Hevia (percussion). Mit „Someday“ macht das Album auf, gefolgt von „Milton“ und „Julien Wilson's Sounds of Love“. Zu hören sind außerdem „Emily“, „Animarum“, „Seahorse“ und schließlich „Voyage of the Falcon“.

Wer sehr konzertanten Jazz mag wie ihn nicht nur E.S.T., sondern auch Lars Danielsson Liberetto  pflegt, der kommt bereits beim ersten Stück namens „Someday“ voll und ganz auf seine Kosten. Da vereinen sich zeitweilig Kammermusikalisches und Lyrisches mit epischer Erzählkunst in Tönen. Getragenes Tastenspiel, das auch eine melancholische Einfärbung hat, entwickelt sich im Weiteren hin zu sprudelnden Klangfontänen. Dazu vernimmt man sachtes Besenspiel des Drummers und anmutigen Bläserklang, der dem Rauschen von Kornähren und Laubkronen gleicht. Dabei gewinnt man zudem den Eindruck des Orchestralen, angesichts der Anzahl der Bläser des Ensembles kein Wunder. Sonor äußert sich der Saxofonist, der durchaus auch leicht angesäuert erklingt, wenn es denn gefordert ist. Ansonsten scheint er in seinem Spiel das Bild eines nur wenig schäumenden Meeres aufzugreifen. Ein versiertes Saitenspiel, das bisweilen an die Filmmusik aus „Local Hero“ denken lässt, ist dem Stück gekonnt beigemischt worden. So stehen dann die Bläser nicht allzusehr im Fokus.

Bossa oder Rumba, das ist bei „Milton“ die Frage. Jedenfalls kann man ein Latin Flair nicht von der Hand weisen. Das liegt im Kern an der Rhythmusgruppe und am Gitarristen Steve Magnusson. Dazu vernehmen wir ein sachtes Gebläse, das sich schwebend im Klangraum verteilt. Und aus dem fächrigen Gebläse tritt dann der Trompeter Phil Slater für ein Solo hervor und nimmt den rhythmischen Fluss des Stücks auf, versetzt ihn aber mit winzigen Klangverschlingungen und -linien, die wie in einer Gouache verwischt werden. Meeresrauschen, Copacabana und Bacardi Coconut müssen wir uns dazudenken, wenn der Posaunist an der Reihe ist, uns ein leicht kehlig ausgerichtetes Solo zu präsentieren. Sobald der Pianist die Regie führt, überkommt den  Zuhörer der Eindruck von Leichtigkeit, Beschwingtheit und Happy Hour. Soll der Track eigentlich eine Referenz an Milton Nasciemento sein? Man könnte angesichts des Tracktitels auf diesen Gedanken verfallen. Nasciemento gilt als eine wichtige Persönlichkeit der Musica Popular Brasileira, die bei ihm auf dem Bossa gründet

Nachfolgend verneigt sich die Band vor ihrem Saxofonisten, oder? Der Track heißt „Julien Wilson's Sounds of Love“. Er strahlt ein wenig den Geist der großen Tanzorchester und Big Bands vergangener Jahrzehnte aus. Teilweise meint man, man lausche Passagen eines Broadway-Musicals oder einer Broadway-Revue. Melodramatisch ist das Stück gewiss ausgerichtet. Dabei scheint gelegentlich Wehmut in den Harmonien auf. Seinem Holzbläser hauchend durchscheinende Klangfarben zu entlocken, das ist bei diesem Stück die Aufgabe von Julian Wilson. Gerade wenn er zu hören ist, kann man sich in Gedanken in die sogenannte Blaue Stunde versetzen, taucht in die Jazzkatakomben der Vergangenheit ein, wo die unentwegten Nachtschwärmer und Jazzenthusiasten ausharren und zum zigsten Mal die letzte Zigarette glimmen lassen.

Pianist und Gitarrist führen den Zuhörer in das Stück „Animarum“ ein, mit und ohne wiederkehrendem Zweiklang. Anschließend umfängt uns der Samtklang der Bläser. Transparenz wird vermittelt, aber auch thermische Dynamik. Was wir hören, passt zur musikalischen Untermalung eines Drachenfliegers, der zwischen Bergwänden hin- und hergleitet. Man könnte sich beim Zuhören auch das Bild eines schnittigen Katamarans ausmalen, der über die Wellen schwebt. Ein überwiegend sonores Tenorsaxofonsolo ist Teil des Vortrags. Hin und wieder gleitet der Saxofonist auch in die Altlage ab. Sein Spiel kommt mit großer Geste daher, so wie auch die Maler des Informel mit ausladender Bewegung amorphe Farbflächen auf die Leinwand aufbringen. Wer schon einmal flüssig ausgeführte Flic-Flacs oder Saltos gebückt und gestreckt bei Turnern erlebt hat, der kann in der Musik jenes in den musikalischen Linien ausmachen. Sobald die Bläser in einen sachten Gleichstrom verfallen, ist dann auch Jonathan Zwartz an seinem Tieftöner prägnanter herauszuhören.

Ja, auch um Seepferdchen geht es auf dem Album: „Seahorse“ Im Arrangement knüpft dieses Stück an die Orchesterarrangements in der Jazzgeschichte an, auch wenn wir keine Big Band mit der Vervielfachung von Trompeten, Saxofonen und Posaunen hören. Sehr gelungen ist das Posaunensolo von James Greening. Dieser präsentiert uns den gesamten Klangumfang des Horns, auch die tiefen Abgründe und das vollmundige Flirren des Instruments. Eher kristalline Klänge verdanken wir dann dem Pianisten Barney McAll. Dieser lässt auch kaskadierende Klanggewässer an uns vorbeiziehen, wenn dieses Bild gestattet ist. Mit der Reise des Falken wird das vorliegende Album beschlossen: „Voyage of the Falcon“.

© ferdinand dupuis-panther




Infos

https://jonathanzwartz.com
www.abc.net.au/jazz/featured-music/feature-albums/animarum-jonathan-zwartz/9450322
https://www.birdland.com.au/jonathan-zwartz-animarum


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