Gordon Grdina Septet - Resist

Gordon Grdina Septet - Resist

G

Irabagast Records

Nach seinem jüngst bei Skirl Records erschienenen Album mit seinem Trio – eine Besprechung wurde in Jazz'halo veröffentlicht – , zeigt der in Vancouver (Kanada) beheimatete Oud-Spieler und Gitarrist Gordon Grdina noch eine andere Seite seines musikalischen Könnens. Dazu vereint er sein Trio, bestehend aus ihm selbst, dem Bassist Tommy Babin und dem Drummer Kenton Loewen, mit dem East Van Strings Quartet. Zu diesem gehören die Cellistin Peggy Lee, die Geiger Jesse Zubot und Eyvind Kang sowie der Tenor- und Sopransaxofonist Jon Irabagon.

Zur Einstimmung in das Album ein Zitat von David R. Adler (JazzTimes): “The prevailing ambience is one of dark mystery, but the ruggedness of Grdina’s tone makes for a palette of rich contrast.” Dabei ist also eine gewisse dunkle und geheimnisvolle Färbung der Kompositionen angesprochen. Doch auch der Bandleader selbst hat sich zu den Beweggründen für dieses Album geäußert. Dabei entstand ein wesentlicher Teil des aktuellen Albums, nämlich eine 23-minütige Suite, anlässlich des Vancouver Jazz Festival 2016. Grdina findet zu „Resist“ nachstehende Worte: “It seemed like there was a huge change happening socially and politically. Xenophobia, homophobia and racism were raising their heads again, and it’s only gotten worse since then. I wondered, ‘What can I do?’ I wanted to dedicate this music to everybody that’s fighting against these ideas all the time, whether they’re doing it as a defendant or just at the dinner table. Making art is a political act; it’s important for humanity, to make our lives better and to express our resistance to these hindrances.”

Keine Frage, Musik und  Kunst sind politisch, wenn man denn nicht l'art pour l'art verbreiten will. Und das ist Grdinas Absicht gewiss nicht! Hört man die ersten Takte von „Resist“ die den Streichern gehören, meint man einem Lamento bzw. Requiem zu folgen. Verzweiflung und Trauer sind in den Klangfärbungen zu entdecken. Gefahr signalisiert ein Teil der Streicher außerdem. Je länger manzuhört, desto eher muss man an Paul Celans „Todesfuge“ denken. Überbordend emotional ist das, was Grdina komponiert hat. In der Dramaturgie sind dabei die Streicher essenziell. Sie scheinen die Boten des Todes zu spielen, so ein weiterer Eindruck. Und wo bleibt der Widerstand und gegen wen? Ja, im Wechselspiel der verschiedenen Streicher ist durchaus Konfrontation zu spüren, aber… .

Dann erlebt man unerwartet und mitten in den Passagen der Streicher einen Bruch. Grdina greift in die Saiten und anschließend  vereinen sich beide Ensembles zu einer Einheit. Es klingt dann wie ein Aufmarsch. Wie ein Fanal mutet an, was Jon Irabagon auf seinem Saxofon zu Gehör bringt. Vorwärts, vorwärts suggerieren die sich anschließenden Passagen. Doch dieser Aufbruch schwindet dahin, wenn Grdina auf der Oud solistisch erzählend aufspielt und im Hintergrund ein dunkler Klangteppich der Streicher zu hören ist.

Nach wie vor erscheint die Musik brüchig und gebrochen. Ein durchgehender Erzählstrang ist nicht zu entdecken. Im Gegenteil das Bruchstückhafte der musikalischen Linien lässt an Krise denken, an das, was nicht vorhersehbar und vorhersagbar ist. So gerät „Resist“ auch zu einer eher dadaistischen Collage als denn zu einem Hörlehrstück über den Widerstand, oder?

 Free Jazz und freie Improvisation werden im zweiten Abschnitt von „Resist“ zum genuinen Bestandteil. Gezupfte Streicher melden sich dann auch zu Wort. Nervös scheint das Cellospiel angelegt. Mehr und mehr drängt sich Geräuschmusik auf, wenn der Saxofonist sich einmischt und zudem klangliche Konvulsionen stärker werden. Bedrohlich dunkle Passagen folgen. Diese lassen an den Beginn der Komposition denken. Assoziationen wie Todesahnung und Armageddon kommen dem einen oder anderen Hörer möglicherweise in den Sinn..

Neben Kompositionen wie „Seeds“ und „Varscona“ befasst sich noch ein weiteres Stück mit Widerstand: „Resist the Middle“. „Seeds“ fokussiert sich auf das Saitenspiel des Gitarristen Gordon Grdina. Dabei scheinen durchaus Ansätze klassischer Musik durch. Dieses wie auch das nachfolgende Stück „Varscona“, mit dem sich  „in seinen Ansätzen verschluckenden“ Saxofon im Mittelpunkt, stehen aber im Schatten der Suite „Resist“, das sich mit seiner Düsternis und Brüchen nachhaltig aufdrängt.

„Resist the Middle“ ist wohl als Collage von Geräuschmusik zu begreifen. Orkan und Taifun, Windhose und Tsunami, Inferno und Abgrund, die gequälte Seele ohne Ausweg, Kriegsszenarium, Ausnahmezustand – all das scheint sich hier zu bündeln. Doch es fehlt die durchgehende Düsternis, das symbolistisch Aufgeladene im Vergleich mit „Resist“. Mit „Ever Onward“ und Grdina an der Oud wird das Album beschlossen, das wohl bewusst auf Irritationen setzt, oder?

© fdp

Informationen
http://www.gordongrdinamusic.com
https://jonirabagon.com


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