Wilfried Klei | Bunker Ulmenwall e.V. (Hrsg): „These Walls Are Soaked with Music“ - Bunker Ulmenwall Bielefeld - Geschichten von '56 bis morgen

Wilfried Klei | Bunker Ulmenwall e.V. (Hrsg): „These Walls Are Soaked with Music“ - Bunker Ulmenwall Bielefeld - Geschichten von '56 bis morgen

 

In diesem Jahr feiert der Bunker Ulmenwall als nicht-kommerzielles Kulturzentrum seinen 60. Geburtstag. Das ist Anlass genug zurück und nach vorne zu schauen, da derartige soziokulturelle Einrichtungen stets von der Einstellung öffentlicher Förderung in ihrer Existenz bedroht sind. Von solchen Einsparungen handelt auch die Geschichte des Bunkers Ulmenwall. Aufgemacht wird die historische Abhandlung mit Erinnerungen von Musikern. Alexander von Schlippenbach widmete den 56 Jahren des Bestands des Bunkers – der vorliegende Band erschien 2013 – gar ein Gedicht: „Im Bunker sind wir jedes Jahr / das ist doch klar! / Der Bunker, das hat Stil und Tradition / das wissen wir seit fünfzig Jahren schon ...“ Die Pianistin Julia Hülsmann denkt an einen Abend im Bunker zurück, bei dem sie noch auf der Bühne stand, obgleich der Geburtstermin ihres Kindes kurz bevorstand. Eine Hebamme, so Julia Hülsmann, war beim Konzert vorsichtshalber zugegen, wurde aber nicht gebraucht. Paul Lovens kommt ebenso zu Wort wie auch Evan Parker. Jan Klare charakterisierte den Bunker u. a. mit nachstehenden Worten: „den raum fand ich zunächst befremdlich, eine kleine, verspiegelte Bühne, um die die zuschauer auf allen seiten/ herum saßen, ein bisschen wie ein boxring.“ Zu denjenigen, die den Bunker mit Worten beschreiben, gehören außerdem die chinesische Wölb-Harfenistin Xu Fengxia, der US-amerikanische Bassist Joe Fonda, aber auch Harry Rowohlt, der mit seinen sehr unterhaltsamen Lesungen im Bunker zu Gast war. Überhaupt: Wer war nicht alles sonst noch im Bunker. Dazu gibt es eine Art Who's Who, das von Charly Mariano, Dexter Gordon, Chat Baker, Albert Mangelsdorff und Philip Catherine über Tony Sheridan, Hannes Wader und Champion Jack Dupree sowie Gunter Hampel und Jan Gabarek zu Han Bennink, Eddie Gomez und Jeremy Steig reicht. Und damit sind nur einige wenige Künstler namentlich erwähnt, die dem Bunker ein internationales Flair gaben.

Sehr lesenswert sind die Gespräche mit den Machern des Bunkers: „Der Bunker Ulmenwall ist für mich die Aufgabe Altes und Neues zu verbinden ...“ ist eines der Statements. Der folgende Kommentar wirft ein Licht auf das Verhältnis von Stadt und Bunker: „Was mich wirklich ärgert ist, dass in der Politik und Verwaltung immer noch viele glauben, in den Bunker gingen nur alte Bartträger. Die sollten mal reinschauen, dann würden sie sehen, dass es gelungen ist, ein junges Publikum anzulocken.“ Der letzte Kommentar auf die Frage nach der Zukunft des Bunkers lautet: „Einen höheren Stellenwert in der Stadt“. Muss man dazu mehr anmerken?

Die Geschichte des Bunkers Ulmenwall ist auch die Geschichte der acht künstlerischen Leiter, die dem Bunker jeweils ihren Stempel aufgedrückt haben, ob Marie-Luise und Horst Löhr oder aber Markus Schwartze. Das ging auch einher mit dem Verzicht auf zugkräftige Namen der amerikanischen Jazzszene. Doch dafür gab es immer wieder sehr lobenswerte Ansätze der Nachwuchsförderung vor Ort, auch durch den Kompositionswettbewerb „Das Trio in der Zukunft“, eine Idee von Markus Schwartze. Klaus Scherer, der die künstlerischen Geschicke zwischen 1999 und 2000 lenkte, ist der Bunker „nach wie vor eine Oase in der regionalen, nationalen und zugleich internationalen Musik- und Kulturlandschaft. Er verbindet Weltoffenheit mit ostwestfälischer Bodenständigkeit“. Er erinnert sich an Kenny Wheeler, an Jim Black, Hans Lüdemann, Yuri Honing, Christof Lauer, Nils Wogram und eine Vielzahl anderer Künstler, die den Bunker auf die Landkarte des internationalen Jazz platzierten, auch wenn die Stadtväter das so gar nicht richtig zu schätzen wussten und wissen.

Kornelia Vossebein war ebenso für die Musik und das sozialpädagogische Programm des Bunkers zuständig wie nun Carsten Nolte (seit 2009). Carsten Nolte ist es, der für die aktuelle Veröffentlichung über den Bunker Ulmenwall einen Beitrag zur Jugendarbeit verfasst hat: „Offenheit gegenüber dem musikalisch Abseitigen unter Berücksichtigung seiner Wirkung und Reaktion im pop- und gesamtkulturellen Kontext. Diese Formel trifft den Kern des heutigen künstlerischen Profils vom Bunker Ulmenwall am ehesten.“ So vernimmt man Carsten Nolte in einem O-Ton.

Die wandelvolle Geschichte des Bunkers von seinen Anfängen im Juni 1940 bis heute blättert für die Leser Bernd J. Wagner auf. Dabei wird der Luftangriff auf Bielefeld im September 1944 nicht verschwiegen. 10000 Obdachlose, 649 Tote – das war die Bilanz eines Tages. Hätten die Bielefelder Puppenspiele unter Helmut Selje in den 50er Jahren nicht im Bunker ihr Domizil gehabt, man hätte den Bunker wohl zugeschüttet. Doch auch der Bielefelder Jazz-Club brauchte Räume und nutzte den Bunker. Jazz wurde akzeptiert. Rock'n'Roll-Konzerte jedoch wurden in städtischen Einrichtungen – und das war der Bunker – nicht geduldet. Der Bunker war zeitweilig Puppenbühne, Studentenkeller, Jazzclub und Jugendheim, wenn auch mit zeitlichen Unterbrechungen. Der Etat, so der Autor des Geschichtsbeitrags, war damals wie heute bescheiden. Konzerte mussten und müssen aus Einnahmen und Drittmitteln finanziert werden. Das Kompetenzgerangel zwischen Kultur- und Jugendamt blieb nicht aus, und auch das beschreibt Bernd J. Wagner. Am Ende wurde die Trägerschaft des Bunkers Ulmenwall auf einen Verein übertragen. Anderenfalls hätte die Stadt die Einrichtung wohl geschlossen. Sparzwänge dienten als Vorwand – wie immer. Wolfgang Groß, der viele Jahre im Verein sehr aktiv war, widmet sein Beitrag genau dieser Vereinsgeschichte.

Überaus beeindruckend sind die Fotos von den Künstlern, die im Bunker zu erleben waren, ob Dexter Gordon im Jahr 1974, Volker Kriegel 1976, Barbara Thompson 1978 oder Dollar Brand aka Abdullah Ibrahim ein Jahr später.

Beim Lesen der Publikation fragt man sich, wann denn endlich mal die Geschichte des Jazz in NRW seit 1945 erzählt und in einer Ausstellung gezeigt wird. Allein das Material, das in der aktuellen Publikation zu finden ist, ist so umfangreich, dass es doch ein leichtes sein sollte, eine Schau „Dschäs in NRW“ zu konzipieren, ähnlich wie „Rock und Pop im Pott“ im Ruhrmuseum Essen!

© ferdinand dupuis-panther

Informationen

http://www.tpk-verlag.de

Wilfried Klei | Bunker Ulmenwall e.V. (Hrsg): »These Walls Are Soaked with Music« - Bunker Ulmenwall Bielefeld - Geschichten von '56 bis morgen, 232 Seiten, 206 Fotos, fest gebunden, Format 25,5 x 21,4 cm, ISBN 978-3-936359-54-1, Fotos von:Götz Adam, Uli Gröne, Hans-Jürgen Kersten, Wolf Schimmang, Rainer Schmidt, Eckart Schönlau, Thomas Weiss u.a.; Texte von: Stefan Brams, Wolfgang Groß, Carsten Nolte, Rainer Schmidt, Bernd J. Wagner u.a.




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