Take 5 – Jazz am Hellweg: Maurizio di Fulvio zu Gast

Emil Schumacher Museum, Hagen, 09.12.2021






„Das Quartett um den weltweit agierenden Gitarristen Maurizio di Fulvio aus Pescara (Italien) präsentiert klangvollen italienischen Jazz. …  Auf seiner künstlerischen Reise kommen „schwarzer“ Jazz, Latin Jazz, Rock, Schattierungen des Klassikers und die Sensibilitäten eines Interpreten zusammen, der eine solide Technik mit einer ausgeprägten kompositorischen Ader vereint.“
So las man es in der Vorankündigung. Da der sizilianische Trompeter Gregorio Mangano erkrankt und nicht reisefähig war, suchte der Bassist Uli Bär, der der Spiritus Rector des wohl umfangreichsten Jazzfestivals in Westfalen ist, einen neuen Mitspieler. Im Auditorium des Emil Schumacher Museums hörten die Anwesenden – der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt – den aus Odessa stammenden, aber schon seit seiner Ausbildung an der Essener Folkwang-Hochschule in Deutschland lebenden Flügelhornisten und Trompeter Dimitri Telmanov. Das Quartett wurde komplementiert durch den bereits erwähnten Uli Bär am Bass und Benny Mokross am Schlagzeug.


Aufgemacht wurde das Konzert mit einer Komposition von Pat Metheney, der das Stück dem Singer/Songwriter James Taylor gewidmet hat. Wer dann allerdings erwartet hatte, dass in dem vorgetragenen Arrangement des Quartetts di Fulvio im Fokus stehe, der musste sich eines Besseren belehren lassen. Nicht nur in diesem Stück, sondern auch im weiteren Konzert hatte man den Eindruck, dass alle Augen und Ohren auf Dimitri Telmanov gerichtet waren. Kein Wunder, betrachtete man die Positionierung des Quartetts auf der Bühne des Saals: Dimitri Telmanov stand vor den im flachen Halbkreis sitzenden Mitmusikern. Schon das machte die Rolle des Trompeters und Flügelhornisten deutlich, oder?

 


Telemanov stimmte die Anwesenden thematisch auf „James“ ein. Erst dann griff di Fulvio in die Seiten seiner akustischen, leicht verstärkten Gitarre. Was wir als Melodielinie hörten, erinnerte stellenweise an einen Popsong mit hohem Wiedererkennungswert. Dezent gaben sich der Bassist und auch der Schlagzeuger des Ensembles. Derweil füllte Telemanov mit allerlei Klangfarben in Pastell den Museumssaal. Obgleich der eigentlich als Trompeter vorgesehene Gregorio Mangano nicht mitspielte, war er doch beim zweiten Stück im Konzert anwesend. Wir lauschten dabei der Komposition „Mistral“ aus der Feder Manganos. Unüberhörbar war der leichte Bossa, der die Komposition durchzog. Ein kühles Lüftchen – der Mistral ist eigentlich ein kühler und unberechenbarer Wind des Südens – wehte jedoch nicht in Hagen. Eher wurden die Zuhörer ins Licht des Südens getaucht, oder?


Im nasskalten Hagen erlebten wir ein wenig Latin Fever, zugleich auch anheimelnde Frühlingswärme. Sobald di Fulvio in seine Seiten griff, schien man auch eher in Bahia und in Rio als im Bergischen Land. Eingestreut waren „Bass-Schwünge“, die die sanftfarbene Mittelmeer-Gouache auflockerten. Folgte man den Linien, die Telemanov anstimmte, dann konnte man sich gut und gerne einen Segeltörn auf dem Mittelmeer mit plätschernden Wellen am Bootsbug vorstellen.

Nachfolgend stellte der aus Pescara stammende Gitarrist drei Stücke vor, wie Uli Bär in seiner Ansage ankündigte. Kurz war allerdings die Eröffnung, die in den Händen des Sechssaiters lag. Die vorgestellten Fragmente griff nachfolgend  der nun Trompete spielende Telemanov auf und paraphrasierte diese. Was erzählte er uns? Die Geschichte eines abendlichen Stadtbummels oder eines Besuchs des von zahlreichen Lichtern erhellten Weihnachtsmarktes, auf dem auch ein Riesenrad nicht fehlte? Oder flanierte das Quartett musikalisch über die spätnachmittägliche Piazza einer beschaulichen Kleinstadt? Beim Saitenspiel von di Fulvio musste man hier und da an eine italienische Serenade denken. Auch folkloristische Anmutungen drängten sich auf. Und selbst das virtuose Spiel von Django Reinhardt schien in Ansätzen durch, ohne jedoch in einen klassischen Swingmodus zu verfallen. Gestisch war das Spiel des Trompeters Dimitri Telemanov, der die Klangfärbungen dominierte. Nie fordernd war die rhythmische Unterfütterung durch den Schlagzeuger, derweil wir uns als Zuhörer auf Wellenklänge einließen und ab und zu an dramatische Seestücke niederländischer Provenienz denken konnten. Auch Filmmusik mag dem einen oder anderen beim Aufnehmen der Musik in den Sinn gekommen sein. Man denke dabei auch an Ennio Morricone.


Anschließend „verführte“ uns das Quartett zu einem einsamen Spaziergang, als eine Serenade erklang und sich ein wenig Melancholie im Saal ausbreitete. Bildlich gesprochen rauschten Alleebäume im Wind, bogen sich Kornähren sanft, derweil ein einsamer Spaziergänger seines Weges ging. Ländliche Idylle schien vorhanden zu sein, ähnlich wie in den Gemälden der Naturalisten des ausgehenden 19. Jahrhunderts, oder? Dichte Wolkenbänke am Himmel wurden musikalisch inszeniert und zugleich ein aufkommender Nieselregen, schlicht Bildsprache zum Gehörten. Und am Ende lauschten wir dann der Komposition „Shaker“ und damit war auch Funk und Soul im Hagener Museum präsent. Doch Shake your body blieb aus, verharrten die Zuhörer doch auf ihrem Platz. Tanzen war nicht angesagt, trotz all der musikalischen Animation.

Das Konzert wurde durch zwei Stücke des Flügelhornisten ebenso abgerundet wie durch „Don’t go“ von Uli Bär, der dieses Stück, so die Ansage, weit vor der pandemischen Lage für seine Ehefrau geschrieben hat. Der Bassist war auch für die Zugabe zuständig, die nach anhaltend herzlichem Applaus folgte und den Abend mit einem weiteren melodischen Wohlklang beendete.

Fotos und Text © ferdinand dupuis-panther


Info
Line-up

Maurizio di Fulvio – Gitarre
https://www.mauriziodifulvio.com/2013/07/17/maurizio-di-fulvio-quartet/
https://www.mauriziodifulvio.com/video/shaker/

Dimitri Telmanov - Trompete/Flügelhorn



Uli Bär – Kontrabass

Benny Mokross – Percussion

Take 5 - Jazz am Hellweg
https://www.jazz-am-hellweg.de/alle-konzerte/


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