Kunsthalle Recklinghausen: Kaleidoskop

Sparda JazzLounge, 22. Februar 2019




Im Rahmen der Reihe „Jazz in der Kunsthalle – Die Sparda Lounge“ gastierte das Quartett  „Kaleidoskop“. „Der Name ist Programm: Die Musik lässt sich als ein brillantes Changieren aller Spektralfarben beschreiben, gebündelt in einem hinreißenden Klangereignis.“ So stand es in der Vorankündigung für ein Konzert mit dem Gitarristen Christian Hammer, dem Saxofonisten Dimitrij Markitantov, dem Kontrabassisten und Tubisten Alexander Morsey und dem Perkussionisten Fethi Ak.

Vorab: Der Saxofonist Dimitrij Markitantov spielte unplugged und füllte den Saal mit feinstem klanglichen Sprühnebel. Er nahm uns mit auf eine Reise zwischen Orient und Okzident, verstand es auch den musikalischen Balkan nach Recklinghausen zu „beamen“. Wohlklang war das Saitenspiel von Christian Hammer, der die Schönheit der Melodie im wahrsten Sinne des Wortes zelebrierte. Alex Morsey unterstrich auf dem gestrichenen, gezupften und „geschlagenen“ Kontrabass sein ganzes Können. Erdigkeit und Erdgebundenheit verriet sein Spiel auf dem Sousafon, dessen Trichterkorpus bisweilen auch als Perkussionsinstrument herhielt und Fethi Aks quirliges Spiel auf Cajon und Darbuka rhythmisch erweiterte. Nicht nur das Fell der Darbuka wurde mit Fingern und Handflächen ins Schwirren gebracht, sondern auch der Darbuka-Korpus wurde als Klangkörper genutzt, indem mit den Fingerspitzen gegen den metallenen Korpus geschnippt wurde. Übrigens zeigte sich beim Konzert auch, dass Alex Morsey mit seiner Stimme „instrumental“ spielen kann, so bei Scat Vocals.


Ein weiteres Vorab: Auffallend waren die vielen Zwischenbeifallsbekundungen. Für meinen Geschmack gab es die zu häufig, was das Klangkontinuum des Vortrags massiv störte. Zudem war das Publikum streckenweise auch sehr unruhig, unterhielt sich teilweise lautstark, insbesondere im zweiten Abschnitt des Konzerts. Das ist umso unverständlicher, als es hier keine Begleitmusik oder Barunterhaltung mit Mainstream Jazz zu hören gab, sondern eine Mischung aus Jazz und Weltmusik sowie orientalischer Kunstmusik. Al Andalus wurde wie bei dem Stück „Morekina“ ebenso klanglich nahe gebracht wie das Rila-Gebirge und der Bosporus. Mehr Aufmerksamkeit wäre schon angezeigt gewesen!

Nun zum Konzert: Eigene Kompositionen aus der Albumveröffentlichung „Search for Beauty“ wie „Speed“, „Search for Beauty“, „Nini“, „Waiting“ und „Honeydew Melon Woman“ - die Schwester von „Watermelon Man“, wie Christian Hammer während des Konzerts launisch anmerkte - standen auf dem Programm. Doch auch Fremdes wurde interpretiert.

Die Interpretation von Erik Truffaz „La Vie Continue“ ließ schnell das Original vergessen. An Ska angelehnte rhythmische Strukturen vereinten sich mit feinsinnigem Jazz. Einer Trompete bedurfte es nicht, entlockte Dimitrij Markitantov doch seinem Holzbläser eine Variation von pastellenen Klangfarben, beschwor unverstellte Weiten herauf. An die Musik der Sepharden, der Juden der Iberischen  Halbinsel, erinnerte „Morekina“. Dabei vereinten sich durchaus freie Klangelemente mit sanften Saxofonlinien, die sich in Schwermut und getragener Tristesse verloren.


Eröffnet wurde das Konzert mit „Speed“, einer Komposition von Dimitrij Markitantov. Und so nahmen wir denn mit den Musikern Fahrt auf. Doch zunächst „umgarnte“ uns Alex Morsey mit steten Basslinien. Dazu gesellte sich Beckenflirren und ein weicher Saxofonklang. Im Weiteren bewegte sich die Musik zwischen Balkanova und Oriental Jazz, bei wechselnden Tempi und dem satten Vibrieren der Darbuka, eine einfellige Blechtrommel aus dem Nahen Osten. Soprangeflüster traf auf Fingerspiele auf dem Basskorpus. Als sich Bass und Saxofon zu einem „Duett“ vereinten, meinte man in einem Basar unterwegs zu sein und exotische Spezereien zu riechen.

1001 Nacht brachte uns im Nachgang der „tanzende Bass“ nahe. Dazu vernahmen wir klangliche Höhenflüge, die uns der Saxofonist des Quartetts bescherte. Christian Hammer und Alex Morsey schienen rhythmische Texturen im Sinn zu haben, derweil das Cajon unter den Händen von Fetik Ak eine Ergänzung dazu darstellte. Das Schnippen der Fingerspitzen auf der Darbuka vereinte sich mit den Handschlägen auf dem Basskorpus, ehe das Stück in einen fulminanten perkussiven Teil überging. Weich gezeichnete Melodielinien hörten wir bei „Search for Beauty“ (comp Christian Hammer). Liedhaftes drang an die Ohren der Anwesenden. Mit „klassischer Attitüde“ spielte Dimitrij Markitantov sein Instrument. In gewisser Weise ließ das Quartett das Thema rotieren, „antwortete“ der Bassist auf das „Vorwort“ des Saxofonisten, zeitweilig mit dem gestrichenen, ein wenig wimmernd klingenden Bass.

Zwischen orientalischem Nachtclub mit Bauchtänzerinnen und munterem Basargefeilsche bewegten wir uns bei dem Stück „Nini“. Statt des Kontrabasses konnten wir dem brummigen Sousafon lauschen, das Alex Morsey spielte. Tiefes Timbre wurde mit den verspielten Gitarrenkonturen konfrontiert, die Christian Hammer zu verdanken waren. Bezirzender Saxofonklang umgarnte uns ebenso wie der nachhaltige auf dem Cajon erzeugte Rhythmus, für den Fethi Ak verantwortlich zeichnete. Was war das denn? Ja, Alex Morsey hat auch eine ausgezeichnete Stimme und beherrscht Scat Vocal. Dies stellte er auch an diesem Abend unter Beweis, nicht allein mit Dodäbädadadädam, und dazu brachte er die Saiten des Basses zum Schnarren.


Bei „Honeydew Melon Woman“ erinnerte das Gitarrenspiel von Christian Hammer an das der Jazzlegenden Joe Pass und Jim Hall, oder? Teilweise wurden der Saitenfluss und das klangliche Gesamtbild durch Zwischenapplaus irritiert.  Kommt er/sie oder kommt er/sie nicht – das war die Frage bei „Waiting“, von Christian Hammer geschrieben. Wie verschieden das Warten sein kann, unterstrich diese Komposition nachhaltig. Lyrisches und Balladenhaftes vereinte sich harmonisch. Insbesondere das Solo von Alex Morsey schien Ausdruck des vergeblichen Wartens, vielleicht auch des „Wartens auf Godot“.

Unternahmen wir im Geiste eine Transsahara-Reise, sobald „On The Road“ erklang? Das Stück hatte nun so  gar nichts mit dem eher blueslastigen „On The Road Again“ von Canned Heat zu tun. Man meinte das achtsame Traben von vollbepackten Kamelen bildlich vor sich zu sehen. Voranpreschende Pferde wurden klanglich abgebildet, dank sei Fethi Ak. Hufgetrappel war auch zu vernehmen. Doch wohin die Reise wirklich ging, verrieten die Musiker uns nicht. Gewiss war, dass die musikalische Reise ein Ende hatte. Fazit: Wohlklang und die Schönheit der Melodie waren überzeugend. Der Schlussapplaus fiel dann auch überaus herzlich aus.

Text und Fotos © ferdinand dupuis-panther – Text und Fotos sind nicht public commons




Information

https://kaleidoskop.band/
https://jazzhammer.wordpress.com





https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/k/kaleidoskop-band-search-for-beauty/



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