JazzToday Satoko Fujii's Tokyo Trio

Black Box Münster, 29.5.2025






© Natsuki Tamura




Im ersten Teil der Konzerts war nicht das Trio der japanischen Pianistin Satoko Fujii zu hören, sondern das Duo gemeinsam mit dem Ehemann von Satoko Fujii, dem japanischen Trompeter Natsuki Tamura.

Über Tamura ist unter anderem Folgendes zu lesen gewesen: "Imagine Don Cherry woke up one morning, found he'd joined an avant goth-rock band and was booked to score an Italian horror movie. It might be an unlikely scenario, but it goes some way to describing this magnificent sprawl of a record from Japanese trumpeter Natsuki Tamura… Hada Hada is a deeply compelling listen." So ein Zitat von Peter Marsh, BBC, das zumindest die Erwartungen an das Konzert in eine bestimmte Richtung lenkt, hört man den Namen Don Cherry und auch den Bezug Avant-Goth-Rock Band. Wie sich nun Free Jazz mit dem spezifischen Rock-Subgenre mischte oder auch nicht, das sollte man im Konzert erleben oder auch nicht. Und noch etwas ist über den Trompeter zu lesen, zitiert nach dessen Homepage: “You’ll never fit trumpeter Natsuki Tamura into any pre-fab category,” wrote Dan McClenaghan in All About Jazz. “He creates his own, then pulls you into them with him.” It is this category-defying ability that makes him, as Marc Chenard said in Coda, “unquestionably one of the most adventurous trumpet players on the scene today.”




NatSatDuo on stage

Flügel traf auf Trompete. Eigentlich hätte man erwartet, dass die beiden Musiker sich auch stärker zu einander stellen und jenseits der Musik so durch Augenkontakte und Mimik miteinander im Gespräch sein könnten. Doch Natsuki Tamura war eher in sich gekehrt, auf sich selber hörend, eher in die Klangbilder eingetaucht als in nonverbale Kommunikation mit seiner Klavier spielenden  Ehefrau. Die wiederum setze starke Klangakzente, kurz und mit dunklem Timbre, gleichsam Landmarken des Klangs hier und da. Dass der geöffnete Flügel mit seinen Saitenverspannungen auch noch eine Rolle spielen sollte, konnte man anfänglich erst einmal nur erahnen.

Doch dann war es soweit: Die verspannten Saiten wurden angezupft, zu einem Zither oder Harfen ähnlichen Klang gebracht, ehe dann wieder auf den Tasten die Klangzäsur stattfand. Sacht und zurückhaltend war das Gebläse, das der Trompeter hören ließ. „Kontrapunktisch“ waren die Setzungen, teilweise mit Pausen, nur kurze Sequenzen, eher Collage-Schnipsel als eine durchgehende Klanglinie. Der Klangfluss zwischen beiden Musikern hatte Grenzen. Das Wechselspiel war eher als das schrittweise Legen von Klangmosaiksteinen zu begreifen, die zu einem ganzen Gebilde werden sollten. Das, was die Pianistin hören ließ, erschien hier und da wie der tiefe Klang einer Kirchenglocke. Darauf waren die „Entgegnungen“ des Trompeters  als feines „Glockenspiel“ anzusehen. Gezupfte Saiten des offenen Flügels vereinten sich zu einem Klang-Schwirren. Man meinte, man höre den Flügelschlag von Myriaden von Insekten.


© Toru Sasaki


Langwellige Linien schuf der Trompeter im Verlauf des Konzerts, dabei stets im Wechsel mit der Basslast, die die Pianistin hinzufügte. Diese ließ aber auch ziselierte Diskant-Läufe erklingen. Lauschte man dem Spiel der beiden Musiker, so drängte sich gelegentlich das Bild von einem nahenden Unwetter auf, von dunklen Wolkenbildern. Gab es nicht auch ein fernes Donnergrollen musikalisch zu erleben? Wie bereits gesagt, fragil erschien ab und an das Trompetengebläse, zugleich transparent, derweil die Pianistin Klangflächen mit Verdichtungen füllte, vor allem mit ihrer Basshand, oder?

Das Spiel des Trompeters war zurückhaltend, sensibel und nicht „geätzt“ und überbordend. Gelegentlich schien er auch in den Duktus von sakraler Musik zu verfallen, für sehr kurze Momente allerdings. Irgendwie hatte man als Zuhörer den Eindruck, dass die beiden Musiker in ihrem eigenen Orbit agierten, sich auf unterschiedlichen „Schalen konzentrischer Kreise“ befanden. Dialog und Kontradiktion waren im Spiel. Dialogisches war allerdings schwer zu dechiffrieren. Man hörte kristalline Klänge, erlebte zerbrechliche Klangstrukturen. Es gab aber durchaus auch Ansätze „lieblicher Melodielinien“ zu hören.


© Bryan Murray


„Tonfälle“ über drei und vier Stufen waren Satoko Fujii zu verdanken. Dem setzte Natsuki Tamura Klangintervalle entgegen, die sich von diesen „Kaskaden“ abhoben. Beim Spiel der beiden japanischen Musiker kamen abendliche Szenen auf. Auch an winterliche Nächte konnte man gelegentlich beim Zuhören denken. „Harfenklänge“ schuf die Pianistin mit dem Saitenspiel im Inneren des Flügels. Dabei strich sie über die Saiten-Verspannung, verzichtete aber wohl darauf Fremdkörper in die „Saiten-Welt“ einzubringen.

Übrigens, das NatSat Duo  ist nicht das einzige Duo, mit dem die Pianistin zu hören ist/war. Auch mit dem New Yorker Bassisten Joe Fonda arbeitete sie zusammen. Zu dem NatSat Duo noch ein Zitat: “The wife-husband team from Japan was simply brilliant….consistently reveals a wide-open and unpredictable nature that makes its performance a thrilling ride for the listener.”, so Steve Feeney, Portland Press Herald.


Mit dem Satoko Fujii's Tokyo Trio ging es weiter...

Im Vorwege zum zweiten Teil des Konzert las man: „Satoko Fujii's Tokyo Trio – ein bewegliches und schlagfertiges Ensemble mit der Fähigkeit zu atemberaubender Dynamik und fesselnder Intensität, aber ebenso zu zarten Klanggebilden und nuancierten Farbtönen. Die magische Verbindung zwischen Fujii und ihren japanischen Mitstreitern Takashi Sugawa am Bass und Ittetsu Takemura am Schlagzeug schenkt dem Trio eine einzigartige Klangidentität, durchdrungen von "Eleganz, Raffinesse, Überraschungen und Erfindungsreichtum" (S. Victor Aaron, Something Else! Reviews).


Kritiker und Jazzliebhaber sind und waren gleichermaßen voll des Lobes für die virtuose Klangimprovisatorin Fujii als eine der originellsten Stimmen im Jazz der Gegenwart. In Konzerten und auf mehr als 90 Alben als Bandleaderin oder Co-Leaderin vereint sie Jazz, zeitgenössische Klassik, Avant-Rock und Volksmusik zu einem innovativen Stil, der sofort als ihr eigener erkennbar ist. Auch das sind Zeilen aus der Konzertankündigung gewesen.


Dunkel getönt war der Bass-Strich, den wir vernahmen. Er kam gleichsam aus der Tiefe des Raums. Doch auch schräge, angerissen hohe Töne wusste der Bassist Takashi Sugawa zu setzen. Dabei evozierte er einen „Tinitus“. Tropfende Klavierklänge füllten den Raum. Daneben breitete sich ein stetes Tiketiketiketike des Drummers Ittetsu Takemura aus. Saitengewirr entstand, dank an die Pianistin, die in den Korpus ihres Instruments griff. Kurze Blechschläge drangen an unsere Ohren, ebenso ein Knarzen und Knarren, als die Bass-Saiten flirrten. Tieftöniges wie in Umbra-Färbung hörte man ebenso wie eine kurze Passage, die wie ein Zitat klassischer Musik anmutete. Schlägel trafen auf Blech, einschließlich Hi-Hat. Gewichtige Bass-Klänge standen im Fokus. Kurz mal wurde der Rand eines Bleches angetippt. Danach verstummte das Messing. Statt dessen hörte man ein Saiten-Gewitter, als die Pianistin die Seitenstränge im Flügelkorpus anzupfte. Kaskadierende Flügelklänge waren Teil musikalischer Szenen. Dabei schienen auch russische Komponisten im Geiste mit im Spiel zu sein. Oder war der Bezug eher Schönberg?


© Mike Marciano


Tanzende Sticks erlebten wir, die die Felle von Tom und Snare „reizten“. Eine schnelle Griffhand zeigte der Bassist, der auf das Spiel im Diskant der Pianistin antwortete. Angesichts des Spiels der Pianistin, musste der eine oder andere vielleicht an die kurvenreichen Figuren von Eistänzern denken. Bisweilen wurde das Spiel mit den gespannten Saiten im Korpus des Flügels auch gedämpft. Sticks wurden beiseite gelegt und durch Besen ersetzt, die über die Trommelflächen wischten. Ein „musikalischer Strauß“ von in Umbra und Ocker getauchten Bass-Klängen zog im Weiteren die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich.

Tragisches und Dramatisches war dem Duktus zu entnehmen, den das Trio bevorzugte. Schwermut lag teilweise im Spiel des Bassisten.  Getragenes wurde vorgetragen, mit und ohne intensives Schlagwerk am Rande. Und immer wieder blitzten musikalische Querverbindungen zu klassischer Musik auf. Ob dies nun im Geiste von Strawinsky, Rachmaninow oder anderer Komponisten geschah, sei mal dahingestellt. Und am Ende gab es dann noch als Premiere den Auftritt des Quartetts bestehend aus dem Trio plus Natsuki Tamura.

Übrigens, ohne Förderung keine Jazz-Konzerte: Das gilt auch für die Reihe JazzToday und das Konzert mit dem Satoko Fujii Tokyo Trio. Das war nur mit freundlicher Unterstützung durch die Kulturstiftung der Sparkasse Münster, Japan Foundation und  Kulturamt der Stadt Münster möglich.

© Ferdinand Dupuis-Panther 2025  -  Foto's © Bryan Murray




http://www.blackbox-muenster.de/


Besetzung:
Natsuki Tamura - Trompete
Satoko Fujii – Klavier
Takashi Sugawa – Bass und Cello
Ittetsu Takemura – Schlagzeug

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