Jazz for the People – Jazz im Katakomben-Theater (Essen) am 11.5.2016

Der Essener Pianist Marc Brenken ist „die gute Seele“ der Veranstaltung. Bei freiem Eintritt werden jeweils mittwochs einstündige Konzerte veranstaltet. Im Gespräch erläuterte Marc Brenken mit folgenden Worten die Idee und das Konzept der Reihe: „Die Idee zu "Jazz for the People" entstand, nachdem ich bereits einige Zeit die JOE-Jazzsession in der Lichtburg organisiert hatte. Warum nicht wochentags einmal pro Woche mit wechselnden Gästen eine Stunde für ein nettes Publikum improvisieren? So lernen wir, Jean-Yves Braun, Hermann Heidenreich und ich, immer wieder neue gute Musiker kennen und erweitern unser Repertoire und unseren musikalischen Horizont. Die Konzerte sind fast immer gut besucht und machen Spaß; das ist die Hauptsache. Ein positiver Nebeneffekt ist die wachsende Bekanntheit unserer Musik, was wiederum gelegentlich Folgeauftritte nach sich zieht. Die Zusammenarbeit mit dem Team des Katakomben-Theaters ist angenehm und unkompliziert, das Publikum weiß die lockere und gemütliche Atmosphäre zu schätzen. Wir bekommen viele gute Rückmeldungen von unseren Konzertbesuchern aus nah und fern. Ich denke, die Leute merken, dass wir unsere Sache einfach mit sehr viel Freude machen.“

Am 11. Mai spielte Jerry Lu (piano) mit Caris Hermes (bass), Jean-Yves Braun (guitar) und Hermann Heidenreich (drums). Auf dem Programm stand "My Favorite Swing Songs Vol. 2". Unschwer zu erraten, dass die „Klassiker“ des Great American Songbooks die etwa 50 Besucher im Foyer des Katakomben-Theaters in ihren Bann zogen. Keine Frage, das waren kein verkopfter Jazz, keine wilden freien Improvisationen oder Musik aus dem Moment heraus, sondern thematisch stets zu erfassende, durchaus eingängige Melodien, die das 4tet zu Gehör brachte. Bisweilen hatte man jedoch den Eindruck, dass die Verständigung über das Tempo oder Tempowechsel nicht selbstverständlich war. Geswingt wurde auf jeden Fall, mal gab es aber auch Anmutungen von Bossa. Das gespielte Repertoire reichte von „I Thought About You“ über „The Nearness of You“ sowie „Isfahan“ bis hin zum Cole Porter Stück „Night And Day“ sowie Monks „Pannonica“. Mit „No moon at all“ fand das Konzert einen gelungenen Abschluss.

Mit einem sehr populären Song von 1939 aus der Feder von Jimmy van Heusen und dem Text von Johnny Mercer wurde das Konzert eröffnet. Nein, ein Sänger stand nicht auf der Bühne, doch der eine oder andere im Publikum mag sich an Frank Sinatra erinnert haben, der genau diesen Song in den 1950er Jahren aufgenommen hatte. Auf „I took a trip on a train. And I thought about you. I passed a shadowy lane. And I thought about you. ...“ mussten die Anwesenden somit verzichten und konnten sich ganz und gar auf die Instrumentalisten fokussieren. Swing, swing, swing lag in der Luft, als Jerry Lu seine Hände über die Tasten gleiten ließ und perlende Tonfolgen zu vernehmen waren, derweil sich Caris Hermes den dunklen Saiten ihres Dickbäuchers hingab und ein kurzes Solo präsentierte. Sanft strichen die Besen in den Händen von Hermann Heidenreich über das Fell der Trommeln. Schließlich durfte die Gitarre, die Jean-Yves Braun mit flinken Fingern zum Klingen brachte, noch in allerlei Klangfarbigkeit schwelgen. Insbesondere bei Brauns Solo fühlte man sich dem sommerlichen Abendwind bei einer Fahrt im Cabrio ausgesetzt.

„You's be so nice to come home to“ wurde von Cole Porter 1942 komponiert. Cole Porter, so bekannte der Pianist Jerry Lu, sei einer seiner Lieblingskomponisten. Kein Wunder, dass es mit dieser Melodie, die in einem Musicalfilm „Something to Shout About“ durch Don Ameche und Janet Blair im Duett vorgetragen wurde, im Programm weiterging, das sich eher der „leichten Muse des Jazz“ widmete. Ein Hinweis sei an der Stelle noch gestattet, nämlich der auf Aufnahmen von Nina Simone und Jim Hall, die beide in jeweils unnachahmlicher Art diesen Song interpretierten. Hörte man aufmerksam zu, so meinte man, die schnellen Schritte zu vernehmen, die schnurstracks zur Liebsten nach Hause führen. Insbesondere das Wechselspiel von Pianist und Gitarristen konnte man so interpretieren. Derweil verblieb das Schlagwerkspiel von Hermann Heidenreich bewusst dezent im Hintergrund.

 

Jazz und Liebe scheinen in den 1930er und 1940er Jahren einen zentralen Stellenwert gehabt zu haben, denn in dem von Hoagy Carmichael komponierten Song „The Nearness of You“ - eine sehr schöne Einspielung existiert von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong – heißt es: „It's not the pale moon that excites me / That thrills and delights me, oh no / It's just the nearness of you ...“. Wenn so kein Liebesbeweis klingt, wie dann? Doch von den Harmonien und der Melodie her konnte der Song auch etwas mit dem sich langsam hebenden Morgennebel zu tun haben, so lyrisch-gedämpft kam er daher. Dabei eröffnete Jerry Lu den Song mit kaskadierenden Klangfolgen, die auch an „Panta rei“, also alles „Alles fließt“ denken ließen. Im weiteren Verlauf drängten sich zudem Bilder von Nähe und Ferne, von der Suche nach Nähe auf.

Wer den Jazzstandard „Isfahan“ erwähnt wird, denkt jeder sogleich an Duke Ellington und das Album Far East Suite. Darüber wird allerdings vergessen, dass Billy Strayhorn ganz wesentlichen Einfluss auf diese Komposition hatte und vermutlich auch der Urheber ist. Doch Strayhorn wird erst seit Jüngstem in Fachkreisen und der Öffentlichkeit als Komponist gewürdigt. Kein Wunder, Strayhorn war Afroamerikaner und zudem schwul, was in den USA auch noch in den 1960er Jahren ein No Go war. Nein mit Oriental Jazz oder Fusion hatte diese Komposition auch im Vortrag des 4ttets nichts zu tun. Man dachte eher an Palmen bestandene Allee, an Flaneure im Basar, ans geschäftige Treiben in der Karawanserei, aber jenseits von Fusion Jazz im Sinne von Orient-Okzident.

Nochmals hieß es an diesem Abend: In Erinnerung an Cole Porter. Gespielt wurde, wenn auch aus meiner Sicht mit einem bisweilen übersteigerten Drive „Night and Day“, ein wohl eher balladenhaft angelegter Song, dem auch ein Schuss Bossa beigegeben wurde. Der Song changierte in der Interpretation zwischen dem geschäftigen Treiben des Tages und der weitgehenden Ruhe der Nacht. Übergangslos schienen Tag und Nacht zu wechseln. Stets wurde man in die Bewegung des Songs hineingezogen. Ein quirliger Morgen – dank sei Jean-Yves Braun an der Gitarre – ging in den stetig fließenden Verkehr des Vormittags über. Zurückgenommene Passagen folgten, die man durchaus als die Stadt bei Nacht ansehen konnte.

Ohne Monk scheint kein Programm möglich zu sein, das sich mit der swingenden Seite des Jazz befasst. Nur folgerichtig hatte sich das 4tet für den Abend „Pannonica“ vorgenommen, ehe mit „No Moon at All“ auch ohne Nat King Coles Timbre der Abend zu Ende ging: „No moon at all, what a night / Even lightnin' bugs have dimmed their lights / Stars have disappeared from sight / And there's no moon at all. ...“. Mondlos war die Nacht in Essen nicht, nein am Himmel schien die helle Mondsichel. Aber gibt es dazu einen Jazz-Song? Wohl nicht. Die Anwesenden dankten den Musiker mit herzlichem Beifall. Ein weiterer Konzertabend in der Reihe Jazz for the People ist gewiss bei dem einen oder anderen schon im Terminkalender vermerkt.

Text und Fotos: © ferdinand dupuis-panther

Informationen

Katakomben-Theater
http://www.katakomben-theater.de

Musiker

Marc Brenken
https://www.facebook.com/marc.brenken

Jerry Lu
https://www.facebook.com/1.jerrylu

Caris Hermes
https://www.facebook.com/caris.hermes

Jean-Yves Braun
https://www.facebook.com/jeanyves.braun.3

Hermann Heidenreich
https://www.facebook.com/hermann.heidenreich.5

 

Termine

Mi, 18.05. - Special Guest:

Tim Bücher (Gitarre) - "Und er sprach: Hütet euch vor dem Dschäss!"

Beeinflusst von Singer/Songwriter-, Electronic, Rock-, Blues- und Jazzkünstlern wie Ben van Gelder und Reinier Bass versucht Tim Bücher Stimmungen zu erzeugen, die den Kompositionen dienen und doch eine große Freiheit für den Moment lassen. Er schlägt damit eine Brücke zwischen Jazz und zeitgenössischer Popmusik, ohne oberflächlich zu werden. Heute am Kontrabass mit dabei: Moritz Götzen. Die beiden sind bestens eingespielt, u. a. durch ihre Zusammenarbeit bei den Bands Elements of Tomorrow und Marie MOKATI (Marie Daniels).

 

Mi, 25.05. - Special Guest:

Ansgar Elsner (Tenorsaxofon) - "Straight Edgy"

"Mein Spiel bewegt sich zwischen den beiden Polen straight und edgy", so der in Münsteraner Saxofonist, der in den Achtzigerjahren durch sein Mitwirken in zahlreichen Jazzensembles bekannt wurde; ebenso als Bandleader, u. a. im Trio Koi mit Schlagzeuger Christian Schönefeldt und Bassist Lars Gühlcke. Daneben gilt sein Interesse grenzüberschreitenden Projekten, die Musik, Literatur, Tanz und Film zusammenführen. Ansgar Elsner ist zudem künstlerischer Lehrbeauftragter an der Westfälischen Wilhelms-Universität, an der er u.  a. die Uni-Bigband leitet.

 

Mi, 01.06. - Special Guest:

Sinje Schnittker - "Vom Wetter und swingenden Jahreszeiten"

 

Die gebürtige Braunschweigerin verschlug es nach ihrem Trompetenstudium an der Folkwang-Hochschule gen Norden, wo sie vor zwei Jahren den Zucchini Sistaz in die Arme wehte, einem Close-Harmony-Gesangstrio, das sich selbst auf Kontrabass, Gitarre und Blechblasinstrumenten begleitet. Nun lockt der Sommer sie zurück ins schöne Essen-Rüttenscheid, wo sie Stücke über das Wetter und swingende Jahreszeiten mit und ohne Text zum Besten gibt.

 

Mi, 08.06. - LETZTES KONZERT VOR DER SOMMERPAUSE- Special  Guests: Matthias Strucken (Vibrafon) & Jochen Schaal (Kontrabass): "Summertime, and the Living Is Easy "


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