Düsseldorf Jazz Trio feat. Bart van Lier

Maxhaus Jazz, Düsseldorf,  19. Mai 2022






Im Vorwege des Konzerts war Folgendes zu lesen: „Bart van Lier gehört zu den besten und gefragtesten Instrumentalisten in der europäischen Jazz-Szene. Seit 1988 lehrt er am Rotterdamer Conservatorium. Seit 1992 ist er Soloposaunist des Metropole Orchestra, mit dem er auf vielen Tonträgern und Gastsolisten wie Al Jarreau, Zoot Sims oder Toots Thielemans zu hören ist. Im Jahr 2000 wurde er mit dem „Jazz in Duketown Award“ geehrt. Bart van Lier spielt nicht nur mit enormem Tonumfang und grandioser Technik Posaune, sondern baut und entwickelt dieses Instrument mit großer Anerkennung und Wertschätzung weiter. ...“



Doch Bart van Lier stand nicht alleine auf der Bühne, sondern gemeinsam mit dem Düsseldorf Jazz Trio bestehend Walfried Böcker (b), Martin Sasse (p) und Christian Schröder (dr). Die drei sind die tragende Säule des Maxhaus Jazz und konzertieren viermal im Jahr mit wechselnden Gästen. Also Vorhang auf für Bart van Lier und das Düsseldorf Jazz Trio.

Im überdachten Innenhof fand das Konzert des Trios plus Gast statt. Das ist auch die Konzeption der Reihe Jazz im Maxhaus. Das Düsseldorf Jazz Trio lädt immer einen Gast ein, sodass aus dem Trio ein Quartett entsteht. Auffallend an diesem Abend war, wie abwechslungsreich innerhalb der Viererformation agiert wurde. Da gab es Solistisches, nicht nur von Bart van Lier, der bei zwei Stücken statt Posaune Basstrompete spielte. Das Trio agierte gemeinsam. Manchmal vereinten sich der Pianist und der Posaunist zu einem Zwiegespräch. Ab und an gab es kurze Schlagwerkräusche. Das, was auf dem Programm stand, war dem Melodischen verpflichtet. Es mischten sich Lyrisches mit Balladenhaftem, aber auch Bluessprösslinge keimten auf. Selbst Anklänge an die Musik von Marching Bands aus New Orleans und auch Funk fanden sich im Programm der vier Musiker. Übrigens zweimal an diesem Abend ließ Bart van Lier bei seinen solistischen Einlagen „Mona Lisa, Mona Lisa“ erklingen. Auf Nachfrage antwortete der niederländische Posaunist, dass er das immer in einem Konzert so mache.


Aufgemacht wurde das Konzert im vollbesetzten Haus mit „Emily“, eine Komposition von Johnny Mandel, mit dem Text von Johnny Mercer. Bei diesem Song handelt es sich eigentlich um den Titelsong des 1964 entstandenen Film „The Americanization of Emily“. Aufnahmen dieses Stücks gibt es unter anderem von Bill Evans, Tony Bennett und Barbra Streisand. Wir erlebten das Stück rein instrumental. Sanfte Klangschlieren wurden gezeichnet. Feingliedrige Pianosetzungen überlagerten sich mit dezentem Besengewische. Das Thema der Melodie lag in den Händen von Bart van Lier, der eine weiche Posaunenstimme hören ließ. Da gab es kein Röcheln, kein Röhren, kein Raunen, sondern nur das Säuseln eines sommerlichen lauen Windes. Mit durchaus rhythmischen Kommentierungen wartete Martin Sasse am Piano auf. Doch auch das Bild von sprudelnden Quellen ließ sich auf das Spiel des Pianisten anwenden. Perlende Sequenzen im Diskant waren willkommene Ergänzungen. Kurz und bündig war das Basssolo von Walfried Böcker, ehe dann der Posaunist das Klangwort ergriff und das Sonore den Raum füllte.


Nachfolgend hörten wir „This is for Albert“. Keinem Geringeren als Wayne Shorter ist dieses Stück zu verdanken. Bart van Lier erinnerte sich, wie er kurz erläuterte, an das Stück in Bezug auf die Jazz Messengers, zu denen so namhafte Musiker wie Freddie Hubbard (trumpet), Curtis Fuller (trombone), Wayne Shorter (tenor sax), Cedar Walton (piano), Reggie Workman (bass) und Art Blakey (drums) gehörten. Doch das war eine andere Zeit. Nun also setzten die vier Musiker im Maxhaus das Stück auf ihre eigene Art um. Bart van Lier zeigte sich dabei nicht nur dem eher tieftönig Vollmundigem der Posaune verpflichtet, sondern schien seinem Instrument streckenweise einen aufgeklarten Trompetenklang zu entlocken. Höhenflüge stimmlicher Art zelebrierte er obendrein. Sehr dynamisch im Duktus war das Spiel von Bart van Lier ganz im Gegensatz zum sehr lyrisch verwebten „Emily“. Hörte man Martin Sasse zu, dann hatte man das Bild von Springtänzen vor Augen, gleichsam als Sprunghaftes zwischen weißen und schwarzen Tasten. Schwirrende Becken und stetes Ttstststststs der Hi-Hat drangen ans Ohr der Anwesenden. Kaskadierungen waren Teil des Stücks, in dem auch ein Schlagzeugsolo seinen Raum fand. Da tanzten die Stöcke zwischen Tom und Snare, Becken verschiedener Größe, die zum Flirren gebracht wurden, dank an Christian Schröder. Und als es zurück ins Thema ging, vor allem die Aufgabe von Bart van Lier, konnte man sich ein Mitsummen nur schwer verkneifen.


Noch ein „Vorbild“ gab es für Bart van Lier, nämlich den Trompeter Freddy Hubbard. Für „Up Jumped Spring“ griff van Lier zur Trompete, allerdings zur Basstrompete, gegenüber Hubbards Instrument also eine Oktave tiefer. Im Ansatz des Spiels schien eine Mischung aus Trompete und Flügelhorn hörbar zu sein. Samt und weich, nicht aufgeregt und geätzt klang das, was vorgetragen wurde. Der Melodiefluss schien einem Wildwasser zu gleichen, vor allem in den Teilen des Vortrags, der Martin Sasse vorbehalten war. Bass und Basstrompete waren in einem Zwiegespräch miteinander verbunden. Bisweilen meinte man, man vernehme ein Waldhorn, oder? Und zum Schluss hörte man dann Bart van Lier auch Gurren und Brummen, gar Röhren, gleichsam ein Grande Finale.


Auch der Jazz der 1920er bis 1940er Jahre fand im Konzert im Maxhaus seinen Niederschlag. Dabei war dann auch ein wenig Duke Ellington präsent, als Bart van Lier seine Posaune mit einem Dämpfer spielte. Sprach der Posaunist nicht hin und wieder in sein Mundstück oder sang er gar in sein Instrument wie das einst auch Albert Mangelsdorff getan hat? Und zum Ende des ersten Sets gab es auch ein wenig „Latin Feeling“ zu erleben, als „Where or When“ erklang.

In zweiten Teil des Konzerts erlebten wir eine musikalische Hommage an den leider unlängst verstorbenen Flügelhornisten Ack van Rooyen. Bart van Lier hatte ihm zum 80. Geburtstag das Stück „Ackvan“ komponiert und gespielt. Ack van Rooyen kann man mit Fug und Recht als Legende des europäischen Jazz bezeichnen, der seit den späten 1940er Jahren bis zu seinem Ableben den Jazz in Europa mitbestimmte. Beim Vortrag des Stücks hatte man den Eindruck, die Basstrompete, die van Lier spielte, verwandele sich nach und nach in ein samt erklingendes Flügelhorn. Mit „Lament“ hörten wir zudem eine weitere Hommage an einen Granden des Jazz, an den Posaunisten J. J. Johnson. Der eine oder andere der Zuhörer mochte sich vielleicht an die Aufnahme mit Milt Jackson, J.J. Johnson und Ray Brown erinnern, als das Trio und Bart van Lier in das Stück fanden. Getragen kam es daher. Gedämpft schien die Stimmung, die durch die Harmonien ausgedrückt wurde. Beim Zuhören musste man an das Leben im Stillstand, an Trauer, an Abschied denken. Auch ein wenig Wehmut schien in diesem Stück mitzuschwingen. Aus irgendeinem Grund musste der Berichterstatter beim Zuhören an „Strange Fruit“ denken, und an die fantastische Vokalistin Billie Holiday. Nun gut!


Aus Sicht des Berichterstatters war „Alcobaça“ ein besonderer Hinhörer des Abends. Da schien New Orleans ganz präsent, sah man aufspielende Marching Bands vor dem geistigen Auge. Und wer rätseln sollte, wo die Wurzeln für Jive und Rock `n Roll liegen, der wurde spätestens bei den solistischen Einlagen von Martin Sasse mit der Nase darauf gestoßen. Übrigens auch ein wenig funkige Noten waren dem Stück beigemischt. Das Publikum applaudierte am Ende des Konzerts frenetisch, hatte aber auch zwischendrin mit Zwischenapplaus nicht gegeizt. Ja, es gab ein Encore und zwar die Komposition „Yesterdays“ von Bart van Lier. Damit klang ein Abend aus, der im Gedächtnis haften bleiben wird.

© Fotos und Text Ferdinand Dupuis-Panther


Infos

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Bart van Lier
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