Das Jazzgebläse im Hot Jazz Club Münster, 19.6.2018

Ein gewaltiger Klangkörper war im Hot Jazz Club zu erleben: Vier Posaunen, eine klassische Rhythmusgruppe mit Bass, Drums und Piano, vier Trompeten und fünf Saxofone von Alt über Tenor bis Bariton zu erleben. Als Gastsolist war Benny Brown (u. a NDR Big Band, Roger Cicero Band) im Hot Jazz Club mit dabei.

Der Leiter der Band und deren Gründer Christian Mews war wie Benny Brown einst auch Mitglied des Bundes-Jazz-Orchesters. Auch mit Peter Herbolzheimer haben beide zusammengespielt. So nahm es denn an diesem schwül-warmen Abend im Hot Jazz Club Münster nicht Wunder, dass der Song „Some time ago“ Herbolzheimer gewidmet wurde.

Stilistisch vereint das Jazzgebläse die Musik von Thad Jones, Peter Herbolzheimer und Count Basie. Dabei sind solistische Intermezzos das Salz in dem Jazzgeköchel von Mews und Co. So durfte der Baritonsaxofonist Paul Muhle beispielsweise in die Rolle der brummenden Hummel schlüpfen, als der „Tanz der Hummel“ auf dem Programm stand, eine Antwort von Mews auf den bekannten „Hummelflug“. Zu finden waren in den vorgetragenen Stücken aber auch Pop-Einflüsse – so kann man einen Eindruck des zuletzt aufgenommenen Albums “Live To Tape” gewinnen. Und nicht nur das: Beim „Serienmedley“ tapste musikalisch auch der „Rosarote Panther“ über die Bühne. Waren bei diesem „Zusammenschnitt“ von Filmmelodien nicht auch „Tom & Jerry“ zugegen?

Zu hören waren u. a. Titel wie „Funkhaus Paris“, „Tenderly“, „Rainbow Hymn“, aber auch „Round Midnight“ (comp. Th. Monk) und „Horch, wer kommt von draußen 'rein“, aber auch „Good spell“, ein gospelhaftes Stück sowie als Verneigung vor John Coltrane „Blues in John“, eigentlich der Abschluss des Konzerts. Doch die Band gönnte den trotz der Fußball-WM sehr zahlreich erschienen Klubgästen noch eine Zugabe, die uns mit dem Stück „Kleinstadtzauber“ ein wenig Beschaulichkeit näherbrachte.

Aufgemacht wurde das Konzert – es herrschten beinahe Saunatemperaturen im Klub – mit „Funkhaus Paris“: Da mischten sich die tiefgründigen Klänge des Baritonsaxofons mit den überlagernden gedämpften Trompeten. Über die restlichen Bläser glitt in einem nachfolgenden Solo die Posaune in flottem Modus dahin. Dieter Kuhlmann stellte dabei unter Beweis, dass eine Posaune nicht stets missgelaunt und brummig klingen muss. Auf und ab ging es über Treppenfluchten, so hatte man den Eindruck, als Henning Neidhardt die schwarzen und weißen Tasten anschlug. Auch der Saxofonist Tobias Brügge trug zum Besuch des „Funkhauses“ bei und präsentierte uns ein eher sanft aufgelegtes Saxofon. Dabei blitzte hier und da auch ein wenig funky, funky, funky auf. Das waren jedoch wirklich nur kurze Momentaufnahmen. Die genannten Solos waren im Übrigen harmonisch in das Bläserrahmenwerk eingebunden; keine Frage, es gab Jazzgebläse mit Allmacht bereits beim ersten Stück zu hören.

Sehr konzertant kam dann das Arrangement von „Tenderly“ daher. Allerdings hatte man beim Zuhören den Eindruck, dass dabei zahlreiche Brüche auftraten und ein „klanglicher Fluss“ nicht so recht zustande kam. Es schien, als ob es den Broadway an den alten Hafen von Münster verschlagen habe, als sei man Zaungast bei einer der amerikanischen Tanzrevuen aus den 1930er Jahren. Teilweise konnte man zudem meinen, man lausche einer Ballade, insbesondere als Tobias Brügge sein Tenorsaxofon anstimmte. Zwischendrin erwartete man auch, dass die Ladies des Jazz wie Billie Holiday das Mikrofon ergreifen. Doch das geschah natürlich nicht.

Benny Brown an der Trompete konnte in „Rainbow Hymn“ all sein musikalisches Können zeigen. Dabei handelt es sich bei diesem Stück um eine Komposition von Christian Mews. Doch ein schillernder Regenbogen stellte sich bildlich beim Berichterstatter nicht wirklich ein.

Der gut aufgelegte Christian Mews ließ es sich nicht nehmen, ab und an eine kleine Geschichte einzuflechten, bevor die Stimmgewalt des Ensembles zu hören war, so auch bei dem Titel „Sperrgebiet“. Mews betonte, dass er stets irgendeine Geschichte, zumindest aber Assoziationen, brauche, um eine Kompositionsidee umzusetzen. So kam es ihm gelegen, dass sich bei Nordhorn tatsächlich eine Wanderin während einer militärischen Übung durch ein Loch im Zaun Zutritt zu einem Speergebiet verschaffte. Diese Geschichte war dann Anlass fürs „Sperrgebiet“ eine angemessene Klangform zu finden. Erstmals drängte sich dabei der Bass auf und gab sich als melodiöser Klangkörper, über den sich die Bläser schoben. Sie signalisierten, so könnte man es interpretieren, ein Stop oder ein „Was machen Sie denn da?“, gemünzt auf die eingedrungene Wanderin. Diese hörte man unbeeindruckend durchs Dickicht stapfen, folgte man den weiteren Saitenschlägen des Bassisten.

Zu den Jazzklassikern gehört gewiss „Round Midnight“, bei dessen Vortrag dem Baritonsaxofonisten eine tragende Rolle zukam. 14 Schläge auf dem Klavier kündeten die blaue Stunde an, nicht wie erwartet 12. Warum eigentlich?

Auch deutsches Liedgut wurde an diesem Abend zum Besten gegeben, wenn auch im Titel verfremdet. Statt „Horch, was kommt von draußen rein“ hieß es „Horch, wer kommt von draußen rein“.

Nach der Pause stand u. a. mit „Närkontakt av tredje graden“ die Begegnung mit einem Elch auf dem Programm. Dabei konnte man nicht verdrängen, dass man wohl an einer kapitalen Elchjagd teilnahm, musikalisch jedenfalls. An deren Ende stand dann ein Lamento, wenn nicht gar ein Requiem, auf den König der nordischen Wälder. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, gab es außerdem den „Tanz der Hummel“, aber auch „Blues in John“ zu hören.

Übrigens, am 5.9. gibt es nochmals Gelegenheit, das Jazzgebläse im Hot Jazz Club zu erleben; also Termin vormerken.


Text und Fotos: © ferdinand dupuis-panther – Text und Fotos sind nicht public commons! Unlizensierte Nutzung von Fotos wird durch copy track verfolgt.



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