Origin Records - May 2025

Various
Origin Records
James Moody / Michael Waldrop / Premazzi Nasser 4tet
James Moody - 80 Years Young
Live At The Blue Note, March 26, 2005
Kurze Einführung zum aktuellen Album aus Sicht von Origin Records: „It was an unforgettable week of music at the Blue Note in New York City, March 2005, celebrating the legendary saxophonist & flutist James Moody's 80th birthday. 80 Years Young documents the grand finale of that week, now released for the first time and in celebration of the 100th anniversary of his birth. The club was buzzing that night with jazz legends, sports figures, TV personalities, and alive with love, joy, and the heartbeat of a community united in reverence for a great American cultural icon. Supporting Moody were Jon Faddis, Randy Brecker, Paquito D'Rivera, and Slide Hampton, with David Hazeltine and Cedar Walton on, piano, bassist Todd Coolman, and drummer Adam Nussbaum, with a brief introduction by jazz impresario George Wein. Featured in the set was "Moody's Mood for Love," over a half-century since it was a major hit for King Pleasure and Moody's signature tune over the decades. 80 Years Young is a powerful reminder of the lasting impact of his music and exudes the deep joyful connection he created with colleagues and audiences throughout his six-decade career.“
Dass Jazz auch mit Humor und Ironie verbunden sein kann, das unterstreicht James Moody unter anderen in dem Stück „Benny’s from Heaven“, in dem der Saxofonist und Vokalist auch einen veritablen Jodler hören lässt. Zudem spielt er beim Vortrag mit unterschiedlichen Stimmlagen sowie mit Scat Vocals und Gospelgesang. Ohne Frage ist auch das Element der Parodie deutlich hörbar. Gewiss Moody brilliert nicht nur als stimmgewaltiger Sänger, sondern auch als Saxofonist, der das Sonore wie auch das Röhrende des Instruments zum Vorschein bringt.
Mit zarten Flötenklängen erleben wir Moody in „Cherokee“, teilweise durchaus temporeich gesetzt und begleitet durch wenige Piano-Akkorde und rauschendes Schlagwerk. Moody, der zum Ensemble von Dizzy Gillespie gehörte, hat diesen Titel gemeinsam mit der Dizzy Gillespie Reunion Band 1968 in Kopenhagen präsentiert und nun auf dem vorliegenden Live-Album. Hinzuweisen ist neben dem Flötenspiel von Moody auf das rasante Tastenspiel von David Hazeltine, der uns glauben macht, es ergieße sich ein reißender „Wasserfall des Klangs“. Kurz vor dem Vortrag von „Moody Speak“ begrüßte Moody im Publikum den ehemaligen Schwergewichtsweltmeister Joe Frazier. Zudem kündigte er als Solisten Jon Faddis an, der ganz wesentlich die Klangfärbungen des Stücks bestimmt. Wenn man so will, wurde so an einem Abend im Jahr 2005 Bop in all seinen Facetten lebendig. Das Solo von Faddis ist dabei eines der Highlights der Live-Aufnahme, oder? Auf der Aufnahme von „Moody Speak“ ist an der Klarinette der überaus bekannte Reed-Spieler Paquito D'Rivera zu hören. Er verleiht dem Stück eine gewisse Swing-Note. Und auch an Klezmer gibt es hier und da Anlehnungen, oder etwa nicht? Gewiss, Moody ist in diesem Stück gleichfalls zu erleben. In weiche Linien lässt er sein Saxofon erklingen.
Ja, und dann hören wir „Bebop“ mit einem sehr hörenswerten Tutti der Bläser. Aus diesem Tutti löst sich dann Faddis mit seinem aufreizenden Trompetensolo. Temporeich geht es in dem Stück zu. Man glaubt, es werde musikalisch die Fahrt eines Schnellzuges umgesetzt. Starke Akzente setzt der Pianist zu dem Trompetengebläse. Und hören wir dann nicht wieder den Klarinettisten des Ensembles mit seinen Paraphrasierungen, die dahinfliegen zu scheinen?
Angesichts des 80. Geburtstags von Moody wurde kurz „Happy Birthday“ angestimmt, ehe mit „Ow“ der triumphale Schlussakkord eines überaus hörenswerten Albums folgt. Wie gesagt, „Ow“ ist der eigentliche Abschluss des Albums, das uns ein Stück Jazzgeschichte nahebringt. Danach folgen digitale Bonus-Tracks, an denen auch die Sängerin Roberta Gamberini beteiligt ist. Sie ist unter anderem in dem Klassiker des Jazz „Polka Dots and Moonbeams“ zu hören.
© fdp 2025
Musicians
James Moody - tenor saxophone, flute, voice
David Hazeltine - piano
Todd Coolman - bass
Adam Nussbaum - drums
Jon Faddis - trumpet (6-9)
Paquito D'Rivera - clarinet, alto saxophone (6-9)
Slide Hampton - trombone (6-9)
Randy Brecker - flugelhorn (7-9)
Cedar Walton - piano (9)
George Wein - MC
Roberta Gambarini - voice (10,12*)
Satoshi Inoue - guitar (13*)
TRACK LISTING
1 Introduction - George Wein 0:18
2 Benny's from Heaven 10:56
3 Cherokee 7:53
4 Moody's Mood for Love / The Television Rap 4:32
5 Moody Speaks 0:53
6 Birks' Works 13:44
7 Bebop 13:55
8 Happy Birthday 0:31
9 Ow 9:04
10 Centerpiece / Every Day I Have the Blues* 8:53
11 Darben, the Redd Foxx* 8:03
12 Polka Dots and Moonbeams* 6:02
13 St. Thomas* 7:02
*Bonus digital-only tracks
Michael Waldrop – Native Son
Zum Album aus Sicht des Labels: „Well known throughout Europe for decades, the virtuoso Serbian pianist Vasil Hadžimanov only became known to drummer Michael Waldrop while performing in a Belgrade club that Waldrop dropped into during one of his yearly visits with in-laws. Later, stuck in his Pacific Northwest home during the pandemic, Waldrop thought to include Vasil in a remote recording session of his tune “Belgrade,” which he had composed in 2001, reflecting the feelings of his first exposure to the city. Thrilled with the outcome, they eventually met in a Belgrade studio in 2024, joining with the equally inspired Macedonian bassist Martin Gjakonovski, to record this set of Waldrop originals as a trio. Waldrop then enlisted Brad Dutz and Jose Rossy to enhance the proceedings with an array of Afro-Cuban and Middle Eastern percussion instruments. Running the gamut from the churning percussion-fueled title track to tender ballads, and spirited tributes to masters Nana Vasconcelos and Elvin Jones, Native Son is another vibrant offering from Waldrop’s growing catalog of ambitious releases.“
Afrikanische oder südamerikanische Rhythmik – das stellt sich die Frage bereits bei den ersten Takten von „Native Son“. Von den harmonischen Strukturen und dem Duktus meint man, dass durchaus eine Nähe zu „Canteloupe Island“ vorhanden ist. Auf alle Fälle gibt es keinen Bezug zur Polyrhythmik des Balkans, woher zwei der Musiker des Ensembles um den Drummer Michael Waldrop stammen. Statt dessen nehmen die Musiker uns mit in die Karibik, dank auch an die afrokubanische Perkussion, die wir erleben. „Vasconcelos“ nimmt im Titel Bezug auf den brasilienischen Perkussionisten und Berimbau-Spieler Nana Vasconcelos. Schlagwerkrausch trifft auf Tastenverspieltheit. Nein, Samba, Rumba oder Bossa in purer, klassischer Prägung ist nicht auszumachen, auch kein Choro, was man mit Bezug auf einen brasilianischen Musiker durchaus erwarten dürfte. Ein zarter Hauch von „Latin Fever“ durchzieht jedoch das Stück, das im Kern von den Färbungen bestimmt wird, die der aus Serbien stammende Pianist setzt. Bisweilen fragt man sich: Paso Doble oder was? Beeindruckend agiert der in Köln lebende Martin Gjakonovski an den Saiten seines Tieftöners, gleichsam als Antipode zum Spiel des Pianisten, das zwar auch die Bassklänge bedient, aber eben auch die diskanten Töne anklingen lässt. Gelegentlich hat man zudem den Eindruck, der Bassist würde den Klang der Berimbau imitieren, oder?
Auf dem Album wird ausserdem „El Vino“ besungen. Dabei scheint diese Komposition durchaus auf die klassischen Klangformen eines Jazztrios fokussiert. Der Höreindruck lässt den Schluss zu, dass Oskar Peterson und Erroll Garner im Geiste präsent sind. „Belgrade (Београд)“ ist eine Hommage an die serbische Hauptstadt und bündelt die ersten Impressionen von dieser Stadt, die Waldrop musikalisch umgesetzt hat. Kurze Schlagwerkwirbel vereinen sich mit dem Tastenfluss, den Vasil Hadžimanov initiiert. Großstadthektik und Umtriebigkeit atmet das Stück eher nicht. Alles scheint in gemächlichen Bahnen zu verlaufen. Nach „Still Life“ folgt dann das Schlussstück „The Wrong Blues“ in gemäßigtem Tempo und im Kern durch den Pianisten in Farbtupfer eingehüllt.
© fdp 2025
Musicians
Vasil Hadžimanov - piano
Martin Gjakonovski - bass
Michael Waldrop – drums
Brad Dutz - percussion (1-3,5-7)
Jose Rossy - percussion (1-3)
Chris Symer - bass (5)
TRACK LISTING
1 Native Son 6:34
2 Vasconcelos 7:57
3 Pythia: The Speaking Water 6:17
4 El Vino 6:27
5 Belgrade (Београд) 6:02
6 Bitter End 4:43
7 Still Life 7:38
8 The Wrong Blues 6:35
Music composed by Michael Waldrop (BMI), except:
(4) co-written by Jack Cooper (ASCAP), (8) by Alec Wilder (BMI)
Premazzi / Nasser 4tet – From What I Recall
In Downbeat lesen wir über das Quartett folgende Zeilen: „Italian pianist Simona Premazzi and saxophonist Kyle Nasser from Boston, met in New York and found themselves on gigs together over the last decade. Formalizing their musical partnership as a collaborative entity in 2021, they teamed with bassist Noah Garabedian and drummer Jay Sawyer to explore their own take on highly melodic modernist jazz blended with harmonies & techniques from classical music. … the Premazzi/NasserQuartet further defined their sound, built on lustrous melodies, vivid compositions and a dynamic group aesthetic.“
Nicht aufdringlich und fordernd, sondern eher bedächtig und sensibel lässt Kyle Nasser seinen Holzbläser in „Iacchus“ die Klangfärbungen bestimmen. Mit Verve ist die Pianistin im Weiteren zu vernehmen. Expressive Linien ist das, was sie zum Stück beiträgt. Da werden aus Klangrinnsalen Klangbäche, die wiederum sich zu Strömen vereinen. Im Gedächtnis bleibt aber aus dem ersten Stück des Albums der sonore-schnurrende Gesang des Saxofons haften. Weiter geht es mit „Back Seat“ aus der Feder der Pianistin: Mit starken Bass-Notierungen überzeugt dieses Stück zu Beginn. Gleichsam im Stakkato erleben wir die Pianistin. Auf diese nimmt nachfolgend der Saxofonist Bezug und greift den vorhandenen Duktus auf. Nach und nach verflüssigen sich die Melodielinien. Beim Zuhören fragt man sich, ob man ein Alt- oder ein Sopransaxofon höre, das sich sehr quicklebendig-verspielt zeigt. Klangliche Arabesken werden präsentiert, ehe dann die Pianistin das musikalische Zepter übertragen erhält. Sprudelnde Klänge dringen an unser Ohr. Manchmal meint man, es würden gar klangliche Stromschnellen erzeugt, die es zu umschiffen gilt. „Raoul Blues“ verspricht, was der Titel vorgibt: Blues, aber nicht nur das, sondern auch ein wenig Ragtime-Bezug. Mit leisen Tönen wartet in diesem Stück der Bassist in einem Solo auf, das von der Pianistin „kommentiert“ wird. Dem Drummer wird schließlich auch Raum für ein solistisches Intermezzo eingeräumt, auch wenn die „Allmacht des Saxofons“ nicht zu übersehen und überhören ist.
„Stalking“ ist ein weiterer Titel auf dem vorliegenden Album. Aufgeregt und in stetem Schwall agiert das Saxofon. Da gibt es ein ständiges Auf und Ab, ein Hier und Dort. Sowohl die musikalischen Linien des Saxofons als auch nachfolgend des Pianos lassen an kaskadierende Wasserspiele denken, an Wasserlichtorgelspiele, oder? Wie wohl ein „Requiem for K.O.“ musikalisch skizziert wird, fragt man sich angesichts des aufgeführten Titels. Beim Hören erfahren wir mehr: Getragenes ist wahrzunehmen. Sonor ist der Zungenschlag des Saxofonisten. Für das Tieftönige und Nachdenkliche sorgt der Bassist in seinem Solo. Er scheint einen Abgesang anzustimmen. Welch ein Kontrast ist dies doch zur hellen Stimme des Saxofonisten, der, so scheint es, einen Nachruf anstimmt. Und nach dem Requiem folgt dann der ultimative Niederschlag im Ring, jedenfalls musikalisch: „Knock Out“ heißt es im Nachgang. Dabei gehört dem Saxofonisten die ungeteilte Aufmerksamkeit. Hintergründig ist der Bassist zu vernehmen. Und auch die Pianistin hält sich eher bedeckt und „ordnet“ sich dem „Gesang des Holzbläsers“ unter. Krönender Abschluss des Albums ist das Stück „Scamander“.
© fdp 2025
Musicians
www.kylenasser.com
www.simonapremazzi.com
Tracks
1 Iacchus 7:05
2 Back Seat 5:59
3 Persistence of Change 8:48
4 Raoul Blues 6:11
5 Intro to Stalking 1:47
6 Stalking 5:14
7 Requiem for K.O. 4:01
8 Knock Out 6:05
9 Rocks That Aren’t So Smooth 7:12
10 From What I Recall 4:58
11 Scamander 7:07
Compositions by:
(1,5,6,7,8,9,11) Kyle Nasser, Nasser Music ASCAP
(2,3,4,10) Simona Premazzi, Ednamusic ASCAP