Off Records x 2

Various
Off Records
Sarcastic Fringehead / Háromlábú
Sarcastic Fringehead - Dive Into It
„Sarcastic Fringehead emerged from a shared interest in improvisation, sound, texture, and transformation by the four band members. The quartet moves between diverse musical worlds such as jazz, improvisation, rock, drone, and others. Difficult to summarize under one term; it’s eclectic, quirky, and boundary-pushing. Raw, growling textures give way to more immersive sounds, only to land through bowed guitar and bass in a still life, with cymbals tolling ominously, while the harmony distorts until only repetition remains.“ So lesen wir eine Beschreibung der Band bei Off Records.
Aufgemacht wird das Album mit einer dreiteiligen Suite: Klick und Klack sowie Knistern, aufkeimendes Schlagwerkspiel mit Blecheinsatz, wenige Tastentöne, Tick-Tack und Effekte im Hintergrund, nervöses Geklicke, Basstöne, Knistern, Frequenzverschiebungen, Säge-Geschabe, hohe Tinitus-Impressionen, die noch gesteigert werden, nervöses Schlagwerkspiel, Gebläse, aber von wem, das ist die Frage – so etwa kann man sich sprachlich der ersten Suite nähern. Sie trägt den Titel „Something in the water“. Beim Hören denkt man eher, an einen Ortsbesuch in einem Stahlwerk oder in einer Stahlschmiede. Das will sagen, dass man eher Assoziationen an Industrial Noise, also an Geräuschmusik, hat, bei dem auch Glockenschläge und Gitarrenröhren ihren Platz haben. Hört man da nicht auch einen gestrichenen Bass im konstanten Saiten-Schwingen? Irgendwie scheint auch eine Singende Säge mit bei der Inszenierung im Spiel zu sein. Wie gesagt Glockenschlag tritt auf, hier und da. Nachdrücklich ist der Drummer aktiv und sorgt für Schlagzeugkraftwellen und Blechrauschen. Helle Klangschalen scheinen angeschlagen zu werden. Das klingt so, als würden fallende Wassertropfen musikalisch eingefangen werden.
Nachfolgend geht es um „Movement on the Lake“. Klangnebel steigen auf, Knistern ist zu vernehmen. Schläge treffen große Becken des Schlagwerks. Und ein Wow oder Ähnliches wird auch evoziert, dank an die elektronische Effekt-Maschinerie, auf die die Musiker nicht verzichten. Zugleich aber vernimmt man lang gezogen Gitarrensaiten nebst einer Art Morseklängen. Schlägt da eine Kirchturmuhr dumpf? Aus dem Off erhebt sich dann der vibrierende Bass. Klangtropfen setzt der Pianist des Ensembles, Und auch der Bassist ist nachhaltig zu hören. Kristalline Klänge sind nachfolgend dem Pianisten zu verdanken. Es wird außerdem weiterhin „klanglich gemorst“ – im Hintergrund. Doch welche Bewegung am See wird eigentlich musikalisch umgesetzt? Das scheint eine angemessene Frage.
Schließlich geht es in einer Suite auch um „Sunbathing on a peeble beach“: Hektisches Geschabe trifft auf feine Pianoklänge, die in einem Wiederholungsmodus erscheinen. Tanzen da Besen über Blech? Tranceartig entwickelt sich das Stück weiter, fernab von New Age. Bei den Sequenzen des Pianisten ist man durchaus geneigt, an tropfendes oder welliges Wasser zu denken. Zugleich meint man auch Sitar-Klänge zu vernehmen. Sicherlich sind diese, wenn überhaupt vorhanden und nicht nur im Kopf des Rezensenten manifestiert, Teil der eingebrachten Effekte.
Nachhaltige Bassklänge dringen am Beginn von „Try something different“ an unser Ohr. Dazu kommt dann ein aufgebürstetes, überaus dynamisches Schlagwerkspiel. Und auch in diesem Stück spielen Effekte eine zentrale Rolle, mit und ohne Diirrrdiddrr und Ähnlichem. Pianoklänge im Diskant werden dazu gesetzt. Nach wie vor hört man eine Art Generatoren-Geräusch mit nervigem Klang. Aufhellung bringt der Pianist mit seinen Klangeskapaden, die fragil anmuten und bildlich gesprochen an zerspringendes Glas erinnern. Mit dem eher getragen daherkommenden „Eternal well“ wird ein Album zwischen Atonalem, Geräuschmusik und frei strukturierter Impro abgeschlossen.
© fdp2025
BANDCAMP
Musicians
Joseph Nowell - Piano, keyboard, FX
Nicolas Van Belle - Guitar, FX, Voice
Emanuel Van Mieghem - Double Bass
Gionata Gardina - Drums
Tracks
1. Suite - Something in the water 09:19
2. Suite - Movement by the lake 06:54
3. Suite - Sunbathing on a peeble beach 06:33
4. Try something different 06:39
5. The sea is as oil 07:53
6. Eternal well 04:55
Háromlábú – Helix
Was erfahren wir im Vorwege? Folgendes: „'Helix' is the debut album of Háromlábú and revolves around the constant spiral that shapes the album’s core. Háromlábú explores its extremes within a narrative that seeks balance between opposites: open/closed, wide/narrow, refined/raw, smooth/rough… Inspiration comes from various sources: Fly Trio, Mark Helias’ Open Loose, Thomas Strønen, Ben Sluijs, Olivier Messiaen, Erwin Schulhoff, Claude Debussy… but also from fascinations such as the rhythm of spoken language and the spatiality of sound.“
Das Ensemble Háromlábú besteht aus Adia Vanheerentals (saxophone), Adriaan Campo (double bass) und Juri Jansen (drums). Also lassen wir uns ein auf die Musik. Doch zuvor noch die Frage nach dem Bandnamen: Es scheint eine ungarische Bezeichnung zu sein, die übersetzt dreibeinig lautet. Und warum gerade dreibeinig? Soll das einen Bezug zum Trio bedeuten? Lassen wir das mal so stehen.
Nicht etwa mit einem Vorspiel I, sondern mit „Prelude II“ und einem Saxofonsolo macht das Album auf. Der Bassist lässt schwere dumpfe Klangschritte hören, derweil der Saxofonist sich seiner Verspieltheit hingibt, mal sonor, mal aber auch im Ansatz kehlig. Im weiteren Verlauf meint man, dass beide Instrumentalisten auf ihre Weise Klangschritte konzipieren, der Saxofonist auch in einem Solo. Dabei löst er sich mehr und mehr, auch von den Klangbildern des Bassisten. Schließlich hören wir dann das vereinte Trio und auch das aufgewühlte Schlagwerkspiel. Und dann ist plötzlich und unerwartet Ende. Mit leisen und lyrischen Klängen geht es weiter, wenn wir „Moyenne“ hören. Von der Stimmung her meint man, sich bei einem Stadtrundgang durch Brügge im Herbstnebel zu befinden. Fein und fernab der sonstigen Erdfärbungen agiert der Bassist im Solo. Anschließend erhebt der Saxofonist seine Stimme, beinahe tänzerisch-leicht. Die Klänge scheinen zu entschweben.
Nach einem Zwischenspiel folgt dann „Untitled #2“. Beinahe gehaucht sind die Sequenzen, die der Saxofonist verantwortet. Kontemplativ erscheint das, was wir zu Gehör bekommen. Das gilt auch für das Solo des Bassisten. Trommelwirbel zu Beginn und ein Ticketicke des Schlagwerkers stehen am Beginn von „Talk“. Steter Bogenstrich entlockt dem Bass einen brummigen Klang. Fein wie ein Gespinst ist das Gebläse des Saxofonisten zu nennen, derweil der Bass wiederkehrend sein dunkles Gebrumme beibehält. „Trochee“ überzeugt durch das Bass-Solo. Dabei scheint der Bassist mit seinem Bogenstrich sich an klassischer Musik anzulehnen. Ein wenig wehklagend hört sich das Bass-Solo an. Eigentlich fehlt nur noch die wimmernde Stimme eines Klageweibes. Doch sobald der Saxofonist seine Stimme hören lässt, hat man eher den Eindruck, man würde in 1001-Nacht reloaded entführt werden, als würde man Bauchtänzerinnen sehen und ein Ensemble hören, das auch mit freier Impro experimentiert. Klangfetzen dringen dabei an unser Ohr.
Schließlich kehrt das Trio wieder in ein lyrisches Spiel zurück. „Bop“ lässt als Titel Bop im wahrsten Sinne erwarten. Und was hören wir? Zunächst einmal weichgezeichnete Saxofonklänge zwischen Alt und Sopran als Lagen. Der Bassist und der Schlagzeuger vereinen sich in einem sehr kurzen „Zwischenspiel“. Nachfolgend scheint es so, als würde uns der Saxofonist in die höfische Kultur des späten Mittelalters entführen. Doch diese Vorstellung wird durch das Trio gebrochen. Wie auch in den anderen Stücken gibt es keine Stringenz, sondern eher Brüche, die wir erleben, und zwar bis hin zu orientalisch anmutenden Klangeindrücken. Schließlich hören wir noch am Schluss des als eklektisch zu charakterisierenden Albums den Titel „Sisu“, im Duktus ähnlich wie die übrigen Stücke des durchaus hörenswerten Albums.
© fdp 2025
BANDCAMP
Musicians
Adia Vanheerentals (saxophone)
Adriaan Campo (double bass)
Juri Jansen (drums)
Tracks
1. Prelude II 01:37
2. Moyenne 03:40
3. Interlude 02:17
4. Untitled #2 04:31
5. Shaant 04:55
6. Talk 02:07
7. Trochee 04:27
8. Bop 04:23
9. Lofzang 02:21
10. Sisu 05:04
11. Stella 05:15