Jazz made in the USA #1

Jazz made in the USA #1

Various

Relative Pitch Records / Chant Records / Meta Records / Tonos Records / Firehouse 12 Records

Susan Alcorn 5tet / Xander Naylor / Adam Rudolph / Greg Burk / Mary Halverson

 



Susan Alcorn Quintet - Pedernal
Relative Pitch Records


Neben der Pedal-Steel-Gitarristin Susan Alcorn erleben wir auf diesem Album die Gitarristin Mary Halvorson, den Bassisten Michael Formanek, den Violinisten Mark Feldman und den Drummer Ryan Sawyer. Pedal Steel Guitar ist ja eigentlich ein Instrument, das wir aus der Country und Western Music ebenso kennen wie aus der traditionellen  Musik aus Hawaii. Einst war auch Alcorn im Umfeld von Country Music auf den Bühnen der USA unterwegs, ehe sie für sich die improvisierte Musik entdeckte. Dabei hat sie auch schon mit dem London Improvisers Orchestra und Glasgow Improvisers Orchestra zusammengearbeitet.

Zudem ist sie Teil des Mary Halvorson Octet und ist in Deutschland auch solistisch unterwegs gewesen. “Susan is a brilliant and utterly unique musician,” Halvorson says. “The first time I heard her play I was floored, and after years of working with her I continue to be floored. Playing in her band was like getting a crack at being inside her head for a minute. There is so much intensity and somber beauty and unpredictability in that music.”

Das vorliegende Album mit Kompositionen der in Baltimore beheimateten Musikerin sollte, so Alcorns Idee, eines sein, an dem Freunde beteiligt sind: “I've played with Ryan Sawyer off and on for 12 years,” she says. “Michael the same thing. I've known Mary for about the same amount of time, but we first played together in 2014 as a duo at the Vision Festival in Brooklyn. Then I played in her Octet and with Nate Wooley's Columbia Icefield. So basically the arrangements and musical choices were made with these players in mind.”

Die zu hörenden Kompositionen sind der Ausfluss eines längeren Aufenthalts im ländlichen New Mexico. Ohne ein Stipendium, das Alcorn überraschend erhielt, wäre das Projekt jedoch zum Scheitern verurteilt gewesen. Esther Kirshenbaum hat übrigens das farbenfrohe, informel angelegte Cover gestaltet. Bei dem Blick aufs Cover könnte man an Polarlichter denken, oder? Eröffnet wird das Album mit „Pedernal“, gefolgt von „Circular Ruins“ und „R.U.R“. Danach folgen „Night in Gdansk“ sowie zum Schluss „Northeast Rising Sun“.

Schwebender Saitenklang, der Pedal-Steel-Gitarristin geschuldet, kurze wehmütige Geigenpassagen und Bassbeimischungen formen den inszenierten Klangraum zu Beginn von „Pedernal“. Kurzes Saitengemenge und ein schnarrender Bass folgen im Weiteren. Dann ertönt erneut eine melancholisch aufgelegte Geige. Pedal Steel Guitar und Gitarre bahnen sich Klangwege im scheinbaren Chaos, differenzieren sich aus, um dann wieder einen gemeinsamen Bezugspunkt auszumachen. Schwere und Tristesse signalisiert im Fortgang des Stücks der Geiger mit seinem Spiel, durchaus mit romantischer Attitüde.

Unüberhörbar ist das schwirrende Schlagwerk zu Beginn von „Circular Ruins“. Fein ziseliert ist das, was uns der Geiger Mark Feldman präsentiert. Dabei ist auch ein Wimmern auszumachen. Gitarrenpassagen scheinen wir Cirruswolken am Himmel, aufgefächert und dahinziehend. Gemorste Klangbilder werden gezeichnet. Klangzerfall und -aufsplitterungen sind für das weitere Stück charakteristisch. Der Bassist Michael Formanek stolpert gleichsam durch Klangebenen, derweil sich der Geiger als Gegenläufer erweist, der in seinem Spiel in der Klassik der 20. Jahrhunderts verwurzelt scheint. Volltönige Setzungen folgen, aufgebrochen durch kristalline Klangbläschen. Werden da nicht auch Vogelstimmen imitiert? Die Weite beschwört schlussendlich Susan Alcorn mit ihrer Pedal Steel Guitar.

Sprunghaft im Duktus ist „R.U.R“, dabei durchaus auch beschwingt und mit einem feinen Hauch von Swing daherkommend. Doch diese Assoziationen werden nach und nach demontiert. Klangfragmente werden im Zusammenspiel von Geiger und Gitarristin aneinandergefügt. Stürzende Gitarrensequenzen sind obendrein wahrzunehmen. Elektronische Klangwelten werden aufgesucht. Dabei denkt man eher an Synthesizer als an Pedal Steel Guitar. Durch Klangwellen navigierend findet das Stück seine Fortsetzung, ehe der beschwingte Anfang gegen Ende erneut auszumachen ist. Eine klangliche Rahmenhandlung, oder?

Danach erleben wir eine „Nacht in Danzig“. Musikalisch scheint man dabei auch in die Welt von Grieg und Sibelius einzutauchen, insbesondere wenn man dem Geiger in seinem Spiel intensiv zuhört. Als Gegenposition erweist sich dabei das Spiel von Alcorn und Halvorson. Sie lassen gleichsam Sternschnuppen des Klangs in einem eignen Kosmos entstehen. Klangsplitter werden aneinandergefügt. Dazu ist auch der gestrichene Bass von Nöten. Nervöses Spiel auf Geigensaiten ist zu vernehmen oder sind es nicht vielleicht doch die Basssaiten? Kurze Momente der Stille sind dem Vortrag beigefügt. Beschaulichkeit wird musikalisch außerdem ausgeformt.

Hier und da meint man, dass das Ensemble die Klänge des Tages nach und nach zum Abklingen kommen lässt. Schließlich kehrt aber doch nicht die Ruhe der Nacht ein, sondern eher die Unruhe, die Hektik, so als würde die Stadt 24 Stunden lang pulsieren. Schlaf scheint nebensächlich. Serenadenanmutungen meint man, erkennen zu können. Im Verlauf des Stücks wächst die Unruhe, das Chaos und erst gegen Ende entwickelt sich vor allem durch das Zusammengehen von Geige und Gitarren ein Ruhepol. „Northeast Rising Sun“ rundet schließlich das vorliegende Album ab. Dabei drängt sich die Vorstellung von Country Music und Square Dance auf. Zugleich scheinen irischer Reel und Folkmusic nicht fern zu sein.

© fdp

www.susanalcorn.net
http://www.relativepitchrecords.com
https://www.jazzhalo.be/reviews/concert-reviews/soundtrips-nrw-susan-alcorn/
https://estherkirshenbaum.com/




Xander Naylor – Continuum
Chant Records


Der in New York lebende Gitarrist und Komponist Xander Naylor bündelt in seinen Kompositionen die Energiegewalt von Avantgarde Jazz, Post-Rock und klassischer indischer Musik, sodass eine eigene Klangsprache entsteht. Im Begleittext des Labels zur Veröffentlichung des aktuellen Albums lesen wir u.a.: „Naylor’s music gives vital breath to the most fundamental questions we face today as a culture, and as human beings. Naylor is a ground-breaking guitarist, and a fearless searcher, forging new techniques, extended sounds, and employing rhythmic acrobatics, all in service of a visceral experience which fosters and promotes greater understanding.“

Naylor ist mit seiner Band Sound Machine zu hören, zu der Elijah Shiffer (alto saxophone), Nicholas Jozwiak (electric bass) und Raphael Pannier (drums) gehören. Für „Continuum“ hat Naylor den Klangkörper noch um weitere Musiker ergänzt, so u. a. Alec Spiegelman (baritone sax), Alex Asher (trombone), Angelica Bess (vocals), Cole Kamen-Green (trumpet) und Sarah Pedinotti (vocals). Das Eröffnungsstück klingt vom Titel her kosmisch und nach Science Fiction: „Lunar Acropolis“. Danach hören wir „Export For Screens“ und „Surrender“. Weitere Stücke des Albums sind „Phone Zone“, „Riddlin’“ sowie „Who Laughs Last?“

Bleche werden stumpf geschlagen, Vibrationen im Raum, indisch angehauchte Gitarrenklänge, die uns denken lassen, eine Sitar werde gespielt, Vokales in Permanenz und zudem duales Hahahaha, starke Beats, Schleifenläufe einer Gitarre vermengt mit vokalen Weichzeichnungen, Klanggewitter und Donnerschläge, wimmernde und jaulende Gitarrensequenzen – das sind die Zutaten für „Lunar Acropolis“, für ein kosmisches Gebilde jenseits von Psychedelic Rock. Aus dem vollen Klangspektrum schält sich zudem ein Solo des Altsaxofonisten heraus. Doch dessen Präsenz ist kurz und wird von dem Gesang der beiden Vokalistinnen Angelica Bess und Sarah Pedinotti abgelöst. War da nicht auch ein Synthesizer Teil der Klangdramaturgie?

Im nachfolgenden Stück „Export for Senses“ scheinen gemorste Klangzeichnungen mit Basslinien verquickt zu werden. Langwellige Passagen werden durch den Gitarristen Xander Naylor bestimmt, ehe dann die vereinten Bläser die musikalische Regie führen, auch das dunkel, tief geschwärzte Baritonsaxofon ist dabei mit von der Partie. Das klingt bisweilen aufrührerisch. Linear ist nachfolgen das Spiel des Gitarristen angelegt, der von elektronischen Signalen des Synthesizers begleitet wird. So jedenfals ist der Eindruck. Eine Art Glockenschlag und eine sonore Bassklarinette vernehmen wir bei dem Stück „Surrender“. Und dann ist da plötzlich eine Klangexplosion, an der auch die Sängerinnen des Ensembles Anteil haben. Ansonsten summen sie Nanana, Nanana …. Folgt man dem Spiel des Gitarristen, so fühlt man sich bisweilen an J.J. Cale erinnert, oder? Schnurrend, schnarrend, schreiend, frech, vorlaut, marktschreierisch verhält sich der Saxofonist, ehe der geballte Klangregen auf den Hörer niederprasselt. Brüche und Klippenstürze des Klangs sind zu erleben. Selten ist das Spiel in einfachen Klangschraffuren gehalten. Und zum Schluss hat das Synth das Wort. Zappaesque geht es in „Pursuit“ zu. Ohne Synthesizer kommt das Ensemble auch bei dieser Nummer nicht aus. Und die Gitarre gently weeps, oder?

Nein ,Frei- und Besetzzeichen hören wir bei „Phone Zone“ nicht. Doch ein wiederkehrender Signalschlüssel scheint dennoch von Bedeutung sowie ein gesungenes Dadada und ein brummender Bass. „Riddlin’“ lebt von einem mächtig loslegenden Schlagwerker, der die Basstrommel voll zur Geltung bringt. Zudem sind die Bläser überaus präsent. Gestörte Frequenzen werden hörbar gemacht. Sirenenhaftes ist aus dem Off zu hören; Dumdumdum gibt es obendrein, die konstant aktivierte Basstrommel. Miniaturumspielungen liegen in der Hand des Gitarristen. Endlosschleifen sind nicht von der Hand zu weisen, ebenso wenig die Temposteigerung, so als ginge es darum, dem Furioso einen angemessenen Ausdruck zu geben. „Who Laughs Last?“, also „Wer lacht zum Schluss“, ist als Kompositionstitel auf dem Album außerdem zu finden. Da sind wieder die Anlehnung an die Harmonien indischer Musik und ein Altsaxofon herauszufiltern, das sich mit Flötentönungen auskennt. Im Hintergrund belegen Stimmteppiche den Klangraum. Der Gitarrist imitiert die Sitar auf seine Weise, um uns in die Welt von Ragas einzuführen, ohne Shruti Box, zweisaitiger Langhalslaute und gezupfter Sarod, aber einer Gitarre, die eigentlich im Rock verwurzelt ist und obendrein nach Sitar klingen kann. Immer ist aber der Rock westlicher Prägung ein wesentlicher Bestandteil der Musik, mal eher an Blood, Sweat & Tears angelehnt, mal mehr an Zappa oder auch an John Zorn, so könnte man meinen.

© fdp


Line-up

Alex Asher – trombone (1, 2, 6, 8)
Angelica Bess – vocals (1, 3, 4, 5, 6, 7)
Nicholas Jozwiak – bass
Cole Kamen-Green – trumpet (1, 2 6, 8)
Xander Naylor – guitar, synths
Raphael Pannier – drums
Sarah Pedinotti – vocals (1, 3, 4, 5, 6, 7)
Elijah Shiffer – alto sax
Alec Spiegelman – bari sax (1, 2, 6, 8), bass clarinet (3)

www.xandernaylor.com/about
https://chantrecords.com/
https://xandernaylor.bandcamp.com/album/continuum





Adam Rudolph - Focus and Field
Meta Records


Quelle der Inspiration für sein Album fand der Komponist und Perkussionist Adam Rudolph im Konzept des japanischen Nō-Theaters. Über sein musikalisches Konzept äußert sich Rudolph unter anderem so: “I try to follow my intuitive sense of where the music wants to breathe, You’re trying to flow and connect everything into one fluid gesture to keep your mind in this state of meditation, where the ego isn’t pushing it one way or another. It’s effortless action.“

Nicht nur im musikalischen Konzept wird Fernöstliches mit Westlichem verwoben, sondern auch in der achtköpfigen Band, die Rudolph zusammengestellt hat. Der Perkussionist Kaoru Watanabe gehört ebenso zur Band wie die Geigerin Stephanie Griffin, der Klarinettist Ivan Barenboim, der Bassklarinettist Ned Rothenberg, die Fagottistin Sara Schoenbeck, der C- und Bassflötenspieler Michel Gentile. Adam Rudolph ist am Hand Drums zu hören. Zur Instrumentierung gehören aber auch so exotisch klingende Instrumente wie Shakuhachi, Shinobue und Shamisen, sprich eine japanische Bambuslängsflöte, eine japanische hochtönig ausgerichtete Querflöte und eine dreisaitige gezupfte Langhalslaute.

Schrille Pfeiftöne dienen der Eröffnung von „Tsuzumi“. Nach einer kurzen Pause entwickelt sich eine Art Klangwelle, die in zirkulierenden Flötenklang übergeht, begleitet von einzelnen gezupften, kurz schwirrenden Saiten. Feinste Klangfäden werden im Weiteren gesponnen. Gutturales und „Obertöniges“ dringen ans Ohr. Wehklage scheint sich Raum zu bahnen. Vokales brandet auf und vergeht rasch. Der Bassklarinettist lässt seinen Holzbläser ertönen, erst leise, dann lauter werdend. Ohwawa hört man, zudem Ohhamm. Kurzes Gezupfe verstetigt sich. Hört man da eine dreisaite Langhalslaute? Geblasener Klang im Wechselspiel ist vorhanden. Neue Musik ist ein Stichwort, das sich beim weiteren Zuhören aufdrängt. Geschlossene Linien finden sich nicht, sondern eher Mosaiksteinchen und Fragmente, die einen losen Verbund bilden. Tropflaute können identifiziert werden, aber auch Trötenklang und kurze Trommelschläge. Flirrende Flötensequenzen füllen den Klangraum. Und meldet sich da nicht mal der Altsaxofonist, ehe ohne Nachhall Lautensaiten zum Schwirren gebracht werden? An eine Untermalung von Schattentheater müssen wir denken. Doch nein, das kann nicht sein, den die Bezugsgröße ist das Nō-Theater, das traditionell von Männern gespielt bzw. getanzt wird. Das Theatralische wird dabei musikalisch begleitet. Einst war es das Privileg der Samurai diese Theaterform zu praktizieren.

Verhalten ist das weitere Spiel. Kurz und eruptiv erhebt sich eine Männerstimme (?) mit lautmalerischen Äußerungen. Ohhh und Ähhh kann man heraushören, für Ohren, die Japanisch nicht gewohnt sind. Zum Stimmfluss gesellt sich in einem Moment die Bassklarinette. Dann gibt es Stille, ehe sich ein zitternder Klangschwall bildet. Bleche rauschen, die Basstrommel vibriert. Schnurrendes und Schnatterndes sind Teil der Klanginszenierungen. Dabei sind dann eine Klarinette und eine Bassklarinette involviert. Dunkel trifft auf Helligkeit. Partiell diseusenhaft erscheint der Gesang, den wir wahrnehmen. Ein Bogen schlägt auf Langhalslautensaiten. Dann erhebt sich erneut eine Gesangsstimme, deren Botschaft wir nicht verstehen.

„Focus and Field“ ist ein weiteres längeres Stück auf der aktuellen Einspielung- Es wartet mit ein wenig Schlagwerk auf, jedenfalls in den Anfängen. Kurze Fellvibrationen vereinen sich mit hohen Flötensequenzen. Ob diese einer Bambus- oder einer japanischen Querflöte entspringen, können wir nur vermuten. Im Folgenden vereinen sich die Bläser des Ensembles zu einem Zwiegespräch und zeitweiligem Klanginferno. Wie bereits beim ersten Stück sind keine langen harmonischen und melodischen Linien zu erkennen. Alles scheint der Form des Vorläufigen untergeordnet zu sein. Collagen des Klangs werden zusammengefügt. Nur das sich überschlagende Getrommel durch Adam Rudolph scheint wie eine Konstante. Ansonsten kann man bezüglich der übrigen Mitglieder der Band und deren Klangformungen nur von einzelnen Funkenflügen reden. „Mu Wi“ ist der Titel des Schlussstücks, das im Kern dem Duktus der zuvor gehörten Stücke gleicht.

© fdp


https://metarecords.com
https://metarecords.com/adam.html
https://adamrudolph.bandcamp.com/album/focus-and-field





Greg Burk Expanding Trio - Message in the clouds
Tonos Records


Dass der us-amerikanische Pianist Greg Burk mit zwei italienischen Musikern das aktuelle Album aufgenommen hat, kommt nicht von ungefähr, lebt er doch in Italien. Ihm zur Seite stehen für die „Botschaft in den Wolken“ der Bassist Stefano Senni und der Drummer Enzo Carpentieri. Yusef Lateef, Multiinstrumentalist und Komponist sowie einstiger Lehrer des Pianisten, beschreibt Burk wie folgt: „Without hesitation, I say that Greg Burk’s record of scholarship is of a sound and artistic substance. His unique ability is complemented by his moral strength and enhanced by his creative substance”.

Die erste Komposition ist gleichlautend mit dem Albumtitel, dessen Cover eine verschwommene Wolkendecke zeigt, dabei ins Grünblau changierend. Zu hören sind zudem unter anderem „Afterimage“, „Peace for Vanessa“, „Jade Smile“ sowie „Breaking the limits“ und am Schluss „The Union“. Alle veröffentlichten Stücke entstammen der Feder von Greg Burk. Nach „At the river“ ist dies erneut ein als thematisch geschlossen zu bezeichnendes Album, das uns vorliegt.

Angesichts der Tatsache, dass die dominante Klangfarbe dem Klavier geschuldet ist, fragt man sich, warum Greg Burk kein Soloalbum eingespielt hat. Bassist und Drummer spielen weitgehend eine Nebenrolle. Das gilt für die Mehrzahl der aufgenommenen Stück. Ja, es gibt Blechgeschwirre zu vernehmen und auch der Bass ist hintergründig aktiv. Die Kaskaden im Diskant in „Message in the Clouds“ sind allein Greg Burk geschuldet. Da rinnen Klanglinien dahin. Lyrisch ausgeformt ist das, was wir hören. Bisweilen meinen wir, Burk habe Wolkenbeobachtungen in stringente Klangbilder umgesetzt, auffrischende Wolken ebenso, wie Schäfchenwolken. Schnell scheinen sie am Himmel vorbeizuziehen, angetrieben von lauen Winden, von Föhn und Scirocco. Himmelsturbulenzen fängt Burk außerdem ein. Zu den Wolkenbildern des ersten Stücks gehört es auch, Wolkengeschiebe akustisch zu präsentieren. Wir erleben zudem sich auflösende Wolkenbänke, Wolkenaufbrüche, die Platz für die Sonne macht. Hören wir da nicht auch, dass sich dunkle Wolken bedrohlich und langsam aufbauen, jedenfalls im zweiten Teil des genannten Stücks? Schließlich entdecken wir in Burks Spiel auch Cumulus- und rollende Wolken.

In ähnlichem Duktus wie das erste Stück ist auch das zweite namens „Don't Disappear“ gehalten. Das Lyrische überwiegt, wenn auch in getragenem Tempo eingebettet. In diesem zweiten Stück des Albums erhält der Bassist auch Raum für sein Solo, derweil sich Burk mit weichen Linien im Hintergrund bewegt. Doch das Basssolo ist nur ein sehr kurzes Klangvergnügen. Die Sequenzen, die Burk uns vorträgt, sind bildhaft als langsam dahinfließender Wiesenfluss zu beschreiben. Energiegeladen kommt „Afterimage“ daher. Auffällig ist dabei das Wechselspiel zwischen Pianist und Dummer. Letzterer sorgt ganz wesentlich für Verve. Perlende Passagen werden durch stark akzentuierte Akkorde gebrochen. Mit dem Aroma von West Coast Jazz wartet „Love Wins“ auf. Dabei scheinen Bezüge zu dem Werk Chopins auch vorhanden zu sein.

In „Peace for Vanessa“ ist das Klavierspiel mit konstantem Besengewische unterlegt. Ja, der Bass erhebt auch in diesem Stück kurz seine Stimme und „antwortet“ auf die einführenden Worte des Pianisten. Dieser verzichtet auch bei diesem Solo nicht darauf, zu schweigen und seinem Mitspieler einfach mal den Klangraum zu überlassen. Warum eigentlich nicht? Stattdessen ergießen sich feinste Klangstrudel und -wirbel über das Haupt der Zuhörer. Das Bild eines Wasserspiels wie im Kasseler Bergpark mag dem einen oder anderen in den Sinn kommen, folgt er den teilweise sehr behutsam gesetzten Klavierpassagen.

Nein, auch in „Jade Smile“ ist es nicht der Bassist, der das Stück eröffnet. Burk ergeht sich in Formen des Sprunghaften zu einem Tststs des Drummers. Umspielungen werden aneinandergereiht. Alles fließt und ist im Fluss. Dann endlich schweigt der Pianist und die Bühne gehört dann dem Bassisten, der sich darauf versteht, auch die hohen Lagen aus seinem dickbäuchigen Viersaiter zu Gehör zu bringen, ehe dann perlend-aquarelliert Burks Klaviersequenzen einsetzen. Richtig ausformen konnte der Bassist seine Klangdedanken nicht. Schade! Den Schlussakkord bildet schließlich das Stück „The Union“.

Im Nachgang bleibt wie gesagt ein schaler Nachgeschmack, denn warum nennt man eine Band Expanding Trio, wenn man den beiden Mitmusikern so wenig Raum überlässt, eigene Klangideen in extenso vorzutragen. Es wäre doch wohl besser gewesen, ein Soloalbum einzuspielen, nicht wahr? Die Musik ist gefällig, ohne allerdings klangliche Ekstasen zu setzen. So erscheint denn die „Botschaft“ vielfach eher einsilbig.

© fdp

https://www.gregburk.com
https://www.gregburk.com/videos/
https://www.tonos-records.com





Mary Halverson's Code Girl - Artlessly Falling
Firehouse 12 Records


Die Brücke zwischen Poesie und Musik zu schaffen, dieser Herausforderung stellte sich die nunmehr 40jährige Gitarristin für ihr neues Album: “This approach was different because it challenged me to shape the music within the framework of various pre-existing poetic forms,” says Halvorson.

Entstanden ist das Albumprojekt mit der Hilfe von Amirtha Kidambi (vocals), Michael Formanek (bass) und Tomas Fujiwara (drums). Zudem sind nachstehend genannte Musiker auf dem Album zu hören: Trompeter Adam O’Farrill, Tenorsaxofonistin und Vokalistin María Grand und als besonderer Gast der legendäre britische Musiker Robert Wyatt. “Robert is one of my heroes,” she says. “It’s such a big deal to me that he was open to singing on this record, because his music has been an enormous influence on Code Girl, and just about everything else I’ve done. I wrote the three tracks he sings on specifically for him, and I was floored by the grace and brilliance with which he approached this music. It was a dream come true.”

In einem Booklet kann man übrigens die Lyrik nachlesen, die vertont worden ist. Dabei stehen die Gedichte schon im Zentrum, begleitet von komponierter Musik. Doch es gibt auch Raum für Improvisationen. Mit „The Lemon Trees“ wird das Album aufgemacht. Nachfolgend hören wir „Last Minute Smears“, „Walls and Roses“, aber auch „Bigger Flames und als Finale „Artlessly Falling“. Lyrik und Kompositionen stammen alle von Mary Halverson.

„Smell of grease and mint. / Glissando female laughter. / Thirsty one spinning / tops. Gold outline of her neck,/ crimped at its deepest plastic.“ Das sind einige Verszeilen aus dem Eröffnungsstück des Albums: Zu den zarten Saitentönen und Trompetenklang als Einführung folgt der Gesang von Robert Wyatt, der von einer sehr bewegten anschwellenden Trompetenpassage abgelöst wird. So scheint eine gute Balance zwischen den Wort- und Klangbildern gegeben. Teilweise hat man den Eindruck Adam O’Farrill verführe uns, derweil Tomas Fujiwara wie ein Berserker am Schlagwerk agiert, teilweise auch als Alleinunterhalter auf weiter Flur. Da tanzen die Sticks über die Bleche und die Felle der Toms. Kurze Wirbelpassagen erleben wir. Und dann gibt es einen Blechtusch, Auftakt für die Fortsetzung des lyrischen Gesangsvortrags. Zum Abschluss mischen sich die lautmalerischen Squenzen der Vokalisten mit dem Bass und kurz auch mit dem Trompetenklang. „Last Minute Smears“ lenkt die Aufmerksamkeit zu Beginn dann mit Bassläufen und einem kehlig-gackernden Stimmvortrag auf sich. Klangstäbe werden zum Klingen gebracht, oder? Satten langsam verklingenden Gitarrensound steuert Mary Halvorson bei. Mit gezogener Stimme rezitiert María Grand die entsprechende Lyrik wie „Crazy stuff. Gangs. / Never a hint / unleashed. / Reported /breathlessly ...“ Trompeter Adam O'Farril und Maria Grand treten nach dem Gesangsvortrag in ein Zwiegespräch ein, das von dem mit der Gitarristin Halvorson abgelöst wird. Frei schwebend erscheint im Fortgang des Stücks das Trompetensolo. Dabei zeigt sich der Trompeter losgelöst und in den höchsten Tönen schwelgend. Und dann gibt es vor der nächsten Gesangspassage noch ein wenig Unisono der beiden Bläser des Ensembles.

Sehr rhythmisch agiert Mary Halvorson zu Beginn von „Bigger Flames. Der Gesang von Robert Wyatt nimmt dann jedoch alsbald den wesentlichen Raum ein, in den sich auch der Trompeter drängt. Kurze Gesangspassagen und Trompetensequenzen folgen nacheinander. Vom Duktus muss der eine oder andere vielleicht auch an einen Beatles-Song aus dem Album „Stg. Pepper's Lonely Hearts Club Band denken, oder? Die harmonische und melodische Ausformung des Stücks ist einem Popsong sehr verwandt.  Schließlich noch ein Wort zu „Artlessly Falling“: Noch einmal lassen wir uns auf gesungene Lyrik ein: Artlessly falling through overstretched arms / delivers the night underground, a hole. / I spool splintered smiles around your gray / eyes, sparklers devouring The Southern Cross. / Old patterns crystallize, form double salt / I feign to dissolve. Eighty-eight stars wild ...“. Wer von dem Album mehr intensive Höreindrücke der Gitarristin Mary Halvorson erwartet hatte, wird nicht auf seine Kosten kommen. Sehr gelungen ist jedoch die Umsetzung von Lyrik und Musik. Das Textliche dominiert nicht, sondern lässt den Instrumentalisten Raum der Entfaltung. Das ist ja bei sonstigen vokalen Jazzeinspielungen seltener der Fall!

© fdp

http://www.maryhalvorson.com
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