Spinifex Maximus feat Evi Filippou, Elisabeth Coudoux and Jessica Pavone
S
Trytone Records
Zu einem der bekannten europäischen, multinationalen Ensembles mit den Schwerpunkten Improvisation, Punk und Jazz gehört seit zwei Jahrzehnten Spinifex Maximus: “During its 20 years as one of Europe’s foremost improvising groups,” wrote Ammar Kalia in DownBeat Magazine earlier this year, the Amsterdam-based sextet Spinifex “has honed a fiery blend of free jazz, hard-hitting rhythms and time-bending orchestrations that produce live shows full of explosive moments.”
Zur jüngsten Erweiterung des Ensembles für die Einspielung des vorliegenden Albums schreibt der in Amsterdam lebende, deutsche Klarinettist Tobias Klein Folgendes: “We wilden meer ruimte creëren voor akoestisch geluid en nieuwe kleuren toevoegen die we individueel al verkend hadden, maar nog niet samen binnen Spinifex. De drie gastmusici maken dit palet compleet.”
Getragen und beinahe an ein Requiem erinnernd so erleben wir den Beginn von „Smitten“. Nachfolgend lösen sich die geschlossenen Strukturen auf, schälen sich einzelne Instrumente in ihren Klangfärbungen heraus, hier die Trompete, dort die Streicher und schließlich auch die Bassklarinette. Und dann ja dann ist auch das kristallin-hellklingende Vibrafon zu vernehmen. Da fliegen die Klänge dahin, raschelt das Schlagwerk, brummt der Kontrabass, hat man den Eindruck von Free Jazz, wenn man den Bläsern sein Gehör und die ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt. Alles scheint aufgelöst oder in Auflösung begriffen. Im Nachgang bündelt das Ensemble erneut die Klangfragmente, verschmelzen die Bläserklänge. Schließlich: Welchen Bezug vermittelt der akustische Eindruck zum Titel; unterstellt, wir reden vom englischen „smitten“ für verliebt, verknallt, gequält, befallen, gepeinigt oder stark beeinflusst?
Weiter geht es mit „Sack & Ash“. Auch hier nehmen wir eine starke Durchwirkung der Klangflächen durch die Bläser wahr, die nicht unisono zu hören sind, sondern eher in einer gewissen „Un-Ordnung“. Gejaule ist zu erleben, dank an Viola, Cello und Kontrabass, dessen Saiten unter dem Bogenstrich erklingen. Oder ist es gar das Cello, das wir da hören? Dazu gesellt sich ein Bläser, Bart Maris. Der belgische Trompeter versucht einen roten Faden zu spinnen, während sich die übrigen Musiker einem Klangrausch verpflichtet fühlen. Zwischenzeitlich meint man gar, man höre eine traditionelle Blaskapelle oder eine Big Band. Werden wir musikalisch nicht auch für Momente auf den Balkan oder nach Nordafrika entführt? Doch wie auch im ersten Stück des Albums gibt es eine Melange der Klänge. Aufgeregt, erregt und nervös klingt, was wir da zu hören bekommen. Klangeffekte paaren sich mit den angeschlagenen Klangstäben des Vibrafons. Klänge kaskadieren im Weiteren. Ratschen und Knarzen sind Teil der perkussiven Beigaben des Stücks. Für Augenblicke können wir Tobias Klein an der Klarinette folgen und zudem Evi Filippou am Vibrafon sowie Philipp Moser am Schlagwerk und Jasper Stadhouders an der Gitarre. Anschließend dominieren im Ensemble-Auftritt die vereinten Bläser. Und auch Momente von Rock sind präsent, vor allem gegen Ende.
„Phoenix“ aus der Asche, so könnte man anfügen, widmet sich Spinifex Maximus. Brummender Bass und gezupftes Cello sind für Klangfragmente verantwortlich, zudem die gedämpft gespielte Trompete. Verströmte Atemluft und ein deutlich zu hörendes Brrrrbrrzrrr sowie Zischen dringen an unser Ohr. Einem Glockenspiel gleichen die Klänge, die die Vibrafonistin beisteuert. Hier und da meint man, Industrial Noise zu hören. Mit beinahe klassischer Attitüde agiert die Streicherin, die die Viola zum Klingen bringt. Wie umstürzende metallene Dominosteine klingt im Weiteren das, was uns die Vibrafonistin präsentiert. Hören wir da nicht auch „gequälte Gitarrensaiten“, die schwirren, und das Gebläse einer Bassklarinette? Stöhnen wird inszeniert, zudem Aufbruch und Abbruch. Explodierend erscheint das Schlagwerkspiel.
Zu den weiteren Stücken des aktuellen Albums gehören „Springend“ mit spitzen Trompetenklängen und Geläut, das der Vibrafonistin geschuldet ist, und „Annie Golden“ mit Schlagwerk-Kling-Klong und mehr, ehe mit „The Privilege of Playing the Wrong Notes“ der Schlussakkord des Albums zu hören ist. Der Beginn hört sich so an, als würde ein Orchester seine Instrumente stimmen, simultan, so dass der Klangraum sich mehr und mehr füllt. Spitz klingt die Passage, die uns Bart Maris zu Gehör bringt. Dabei scheint es, als würde der Trompeter in einer riesigen Konzerthalle abtauchen. Im Hintergrund agiert der Kontrabass mit tiefen Klängen, sodass ein dicht gewobener Teppich des Klangs in Erdfarben entsteht. Bleche werden kurz angetippt und flirren. Im Weiteren werden nach und nach Klangstrukturen gegen den Strich gebürstet. Daran sind auch die Streicher beteiligt. Auch ein aufgewühltes Klangpotpourri präsentiert uns Spinifex Maximus im letzten Stück des Albums. Voila, welch „Klangfetzen“, die da an das Ohr des Hörers dringen!
© fdp 2025
Musicians
Tobias Klein - bass clarinet/alto sax
Bart Maris - trumpet
John Dikeman - tenor sax
Jasper Stadhouders - guitar
Gonçalo Almeida - double bass
Philipp Moser – drums
Guests:
Jessica Pavone - viola
Elisabeth Coudoux - cello
Evi Filippou, vibraphone/percussion
Tracks
1. Smitten
2. Sack & Ash
3. Phoenix
4. Springend
5. Annie Golden
6. The Privilege of Playing the Wrong Notes















